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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Ingwer. Hing an der Wand.«
    »Was hat denn ein Stück Ingwer an der Wand zu suchen?«
    »Es ist ein Bild, scheiße nochmal. Die berühmte Zeichnung irgendeines alten Knackers. Lisa hat sie versteckt und will sie nicht wieder hergeben. Bushy hat Henry bei der Suche nach dem Teil geholfen. Aber die Frau hat es faustdick hinter den Ohren.«
    »Was«, seufzte ich, »will sie denn mit diesem Ingwer?«
    »Davon abgesehen, ihre Familie in den Wahnsinn zu treiben, meinst du? Wer weiß? Ist wie eine Geisel.«
    Die Geschichte des gestohlenen Ingwers stellte mich vor ein Rätsel, aber ich hatte keine Lust, noch mehr über Lisa zu hören.
    »Bushy will, dass ich ihn in die Suhle begleite«, sagte ich.
    »Ja, mir ist schon aufgefallen, dass ihr zwei euch ziemlich nahegekommen seid, denn ihr unterhaltet euch lieber auf der Straße als in der Küche. So aufgeregt habe ich ihn allerdings noch nie erlebt. Stimmt es, dass du ihn dazu inspiriert hast, wieder live zu spielen?«
    »Vielleicht bin ich der Treibstoff, aber die Rakete muss er sein. Ich habe ihm gesagt, ich müsse dich erst fragen. Würde es euch nicht den Abend verderben, wenn dein Bruder als eine Art - na: Ersatzschwanz in der Suhle herumhängt?«
    Ich stand auf und zog mein T-Shirt an.
    Miriam lachte. »O nein, mach dir nur keine Sorgen um Henry und mich. Wir passen schon auf uns auf. Sieht aus, als müsstest du mitkommen, Bruderherz.« Sie kniff mich in die Wange und knuffte meinen Bauch. »Ich kann es kaum erwarten zu sehen, was du anziehen wirst. Soll ich dir helfen, etwas Unpassendes zu finden?«
    »Nur keine Bange.«
    »Hast du so etwas schon einmal gemacht?«
    »Nicht einmal in der Privatsphäre meines Schlafzimmers. Du hast das bestimmt nicht bemerkt, aber Analytiker und Therapeuten ziehen sich immer komisch an. Die Männer wirken, als würden sie sich in ihren Provinzakademiker-Sakkos unwohl fühlen, und die Frauen tragen fließende Schals und jede Menge Samt und sehen aus wie reiche Hippies.«
    »Ich brenne schon darauf, dich in der Suhle zu sehen«, sagte sie. »Ich werde mir meine großen Titten ablachen, darauf kannst du wetten. Du bist immer ein schüchterner, scheuer kleiner Wicht gewesen.«
    »Herzlichen Dank.«
    »Aber du hast dich zum Besseren gewandelt«, sagte sie. »Früher warst du schüchtern und still und hattest eine Heidenangst vor anderen Menschen, hast tagelang in deinem Zimmer geschmollt, geschwiegen und vor dich hin gelitten. In Karatschi hat dein Spitzname Trauerkloß gelautet. Aber du hast dich verändert - nachdem du in dieses Haus in London eingezogen bist.«
    »Damals, nach unserer Rückkehr aus Pakistan, habe ich meinen ersten Analytiker gefunden. Du wirst dich nur ungern daran erinnern, aber ich war ziemlich am Ende.«
    »Danke schön, das galt auch für mich. Du und Dad, ihr seid abgezischt wie endlich wiedervereinte Liebende, und von mir habt ihr erwartet, den ganzen Tag mit diesen braven, total öden Frauen zu verbringen. Wenn es nach euch gegangen wäre, hätte ich mich wohl auch verhüllen müssen.«
    »Dem hast du dich zu Recht verweigert.«
    »Heute Nachmittag habe ich mit Dad gechannelt, und dabei ist mir eingefallen, dass seine letzten Worte an mich gelautet haben: >Eine Hure wie dich wird niemand heiraten.< Und das stimmt, oder?«
    »Er hat nicht behauptet, dass dich niemand je lieben wird«, erwiderte ich. »Mein Analytiker war ein Pakistani mit einem so reizenden Akzent wie Dad. Zum Glück ist er haargenau zur rechten Zeit in mein Leben
    getreten. Denn sonst hätte ich es ruiniert, noch bevor es richtig begonnen hatte.«
    »Ich hätte auch einen Lebensretter gebrauchen können«, sagte sie. »Warum hast du mich nicht zu ihm geschickt?«
    »Das war meine Sache.«
    »Hat er dich bekehrt?«
    »So ähnlich. Vielleicht zum lebenslangen Hinterfragen.«
    »Josephine hat sich immer gefragt, ob du schwul bist«, sagte sie.
    »Vielen Dank, dass du mich daran erinnerst.«
    »Einmal, bei einer Weihnachtsfeier der Familie, ist sie zu mir gekommen, hat mich in eine Ecke bugsiert und gefragt, ob du auf Männer stehst. Mein erster Impuls bestand darin, die blöde Kuh abzuwatschen - weil sie so blind war. Dann hätte ich fast zu ihr gesagt: >Er ist mein Bruder, und eine Frau mit deinen Problemen würde sogar einen Casanova zur Schwuchtel machen.< Aber das habe ich mir verkniffen - um deinetwillen.«
    »Danke, Liebes«, sagte ich. »Sie hat diese bizarre Theorie vertreten, dass ich schwul sein müsse, weil ich auf ihren Arsch

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