Das sag ich dir
Abwechslung damit an der Reihe, mir ein mieses Gefühl zu geben?«
»Dass du deine Familie verlassen hast, erinnert mich an deine Mutter, damals, als wir zusammen waren. Sie war nie zu Hause, und genau in der Zeit hat dein Vater begonnen, dich zu missbrauchen.« Sie schwieg, brodelte aber vor Zorn. Ich sagte: »Aber du hast ja gute Gründe, um hier zu sein - wegen deines Liebhabers. Du hast mir in Venedig von ihm erzählt.«
»Ganz genau.«
»Wirst du ihn heiraten?«
Sie schnaubte. »Das ist keine Beziehung. Sondern höchstens eine Art von - Affäre. Er gibt mir ... das kann ich dir doch erzählen, oder? Aus irgendeinem Grund habe ich dir immer vertraut. Und warum solltest du schockiert sein? Er ... er ...« Ich betrachtete ihre Lippen; fast hätte sie seinen Namen ausgesprochen. »Er betet mich an, fesselt mich, vergöttert mich, schlägt mich - aber sehr sanft. Und wir reden die ganze Zeit über alles, über ihn, über mich, die Vergangenheit und die Zukunft, über unsere Träume und Phantasien. Er weiß intuitiv, wie er mich packen kann. Diese Sache bewegt sich auf einer Ebene, die fast religiös oder spirituell ist, Jamal. So etwas habe ich noch nie erlebt.«
»Das sollten wir feiern.«
»Im Ernst? Ja, warum nicht? Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen, Partylöwe.«
Sie klingelte unten, und bald darauf erschien die Haushälterin mit Champagner und Gläsern. Dann brachte sie Kleider. Ich half Ajita, sich für den Abend anzuziehen, und rauchte dabei den Joint zu Ende, den sie im Aschenbecher neben dem Bett vergessen hatte.
»Hoffentlich macht du dich für mich schick«, sagte ich. »Nimm mich in den Arm.«
Sie trug ein kurzes, schwarzes Kleid, hochhackige Schuhe und ein schwarzes Band um den Hals. Sie steckte ihr Haar hoch. Dann drückte sie mich und küsste mich auf die Wange. »Du hast deine Chance verpasst, Baby, das ist dir klar, oder? So habe ich mich nicht mehr gefühlt, seit ich dir damals im College begegnet bin.« Dann sagte sie: »Darling, mein Schatz, fast hätte ich es vergessen. Schaust du dir noch etwas an, bevor wir heute Abend auseinandergehen?«
»Was ist es denn?«
Sie ging mit der DVD zum Fernseher und legte sie ein. »Jetzt kann es losgehen«, sagte sie. »Schau es dir ganz an.« »Willst du dich nicht zu mir setzen?« »Bin gleich wieder da.«
Sobald sie das Zimmer verlassen hatte, überlegte ich, einfach zu verschwinden. Doch ich machte es mir auf den Kissen gemütlich, obwohl ich mich immer noch darüber ärgerte, dass sie mich nur eingeladen hatte, damit ich zusah, wie sie sich für einen Abend mit einem anderen Mann schön machte. Mit einem Mann, dessen Namen sie nicht nennen wollte, einem Mann, der mich nicht nur hasste, sondern mein Leben zerstören wollte.
Ihr Joint war zwar stark gewesen, aber die DVD war noch stärkerer Tobak, und das dürfte sie gewusst haben.
Ich schaute mir einen großen Teil an - die Vergangenheit, plötzlich wieder greifbar, ein Traum, dem ich nicht entkommen konnte, entrollte sich mit ihrem Chaos von vertrauten Gesichtern vor meinen Augen -, fühlte mich aber wirr im Kopf, und dann wurde mir schwindelig. Wenn ich mehr gesehen hätte, wäre meine Welt ganz zusammengebrochen. Ich stand auf und schleppte mich durchs Zimmer. Gleich darauf hing mein Kopf über der Kloschüssel. Ich öffnete die Fenster und streckte meinen keuchenden Mund in das Gedröhne von Soho. Dann duschte ich kühl.
Ajita kam wieder herein, als ich mich abtrocknete. Sie holte mir einen Bademantel. »Du hast sie also angeschaut.« »Das meiste, ja.« »Hardcore?« »Ziemlich.«
»Vielleicht sogar eine Offenbarung?« »Ja, vielleicht«, erwiderte ich. »Wer hat sich die DVD noch angesehen?«
»Mustaq. Er hat sie sich allein angeschaut«, sagte sie. »Dann hat er ausgestellt und ist zu einem seiner wilden Spaziergänge aufgebrochen.
Er hat nichts gesagt, aber zweifellos die Arme geschwenkt. Warum sollte ich auch nur einen Furz darauf geben, was er denkt?« »Warum sagst du das?«
»Er regt mich auf, Jamal. Er fliegt am Wochenende zurück nach London, befiehlt mir, mich hinzusetzen, und dann fängt er an, sich über mein Leben und mein Tun zu beschweren. Er will partout nicht, dass ich unabhängig bin. Ich muss wie ein Teenager zu ihm gehen und um eine Wohnung und das Startkapital für ein Geschäft betteln, dass ich mit jemandem aufbauen will.«
»Mit wem? Mit diesem Mann?«
»Jetzt fang du nicht auch noch damit an! Ist doch völlig egal, mit wem. Ich habe Mustaq
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