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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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ich Ajita nichts von diesem Treffen erzählt hatte. Mustaq wollte durch Soho schlendern.
    Für den Spaziergang hatte er Baseballkappe und schwarze Sonnenbrille aufgesetzt. Er sagte, er finde es ironisch, dass er als junger Mann ein berühmter Star habe werden wollen, sich mit zunehmendem Alter aber nach der alten Anonymität sehne. Er habe begriffen, dass der Ruhm - eine Hand voll Schnee - kein Verständnis in anderen wecke, sondern einen in eine abstrakte Person verwandele, sogar in den eigenen Augen. Bald, sagte er, würden die Zeitungen Artikel wie »Was ist nur mit George los?« bringen, aber auch diese würden schließlich ausbleiben.
    »Warum ist die britische Presse so fies? Ich hasse es, wie sie mich darstellen. Das Geld würde ich allerdings nicht wieder hergeben«, fügte er hinzu. »Obwohl es leicht verdient war. Ich konnte es kaum fassen, als diese Unmengen von Kohle auf meinem Konto eingetroffen sind - und auch noch so oft! Aber ich hätte Arzt werden sollen.«
    »Bist du krank?«
    »Nein, ich nicht.« Mustaq erzählte mir, was er vielen Leuten hatte erzählen müssen: dass er wegen einer Erkrankung Alans nicht in London gewesen sei. Wie viele Ex-Junkies litt auch Alan an Hepatitis C, und eine Lebertransplantation hatte man abgelehnt, weil sein Krebs gestreut hatte. »Alan wird im nächsten Jahr sterben. Auf diesem Weg muss ich ihn begleiten. Das ist mein Job. Ich beneide dich wirklich um deine Art von Arbeit.«
    »Was weckt deinen Neid?«
    »Die Ernsthaftigkeit. Alberner und grenzenloser Narzissmus kann doch nicht das sein, wofür wir als Homos gekämpft haben. Können wir nicht ein einziges Mal über etwas anderes nachdenken als unser Haar?«
    »Du klingst wie dein Vater.«
    »Er war ein ernsthafter Mann.«
    »Das bist du auch«, sagte ich, »und du hast eine große Liebe. Wir Heteros sind viel frivoler - wir wollen nur Sex. Ihr Schwulen schließt Ehen für das Leben! Der nächste Schritt wird natürlich darin bestehen, dass ein Mann drei Frauen heiraten darf.«
    »Und eine Frau drei Männer?«
    »Gleichberechtigung ist alles.« Dann fragte ich: »Wie fandest du den Dokumentarfilm über die Fabrik?«
    »Ich habe meinen Vater wieder vermisst. Wer auch immer ihn ermordet hat, er hat mir damit einen denkbar schlechten Dienst erwiesen. Und ich habe die ganze Zeit daran denken müssen, wie ähnlich ich ihm war.« Er fuhr fort: »Ajita hat hier gewohnt, wie du weißt. Das gefällt mir nicht - diese Stadt ist viel zu gefährlich.« »Ist New York etwa sicherer?«
    »In mancher Hinsicht, ja. Ajita wird jetzt von einem Mann aufgesucht. Ungefähr viermal in der Woche und spät in der Nacht, manchmal erst um fünf Uhr früh. Haus und Straße werden natürlich von Kameras überwacht. Kennst du diesen Typen?«
    »Ende vierzig, stämmig, kurze Haare, entschlossene Miene?«
    Als Mustaq nickte, sagte ich: »Früher, während unserer Zeit an der Uni, waren wir mit ihm befreundet.«
    »Kann man ihm vertrauen?«
    »Er lebt und arbeitet in einer Bar in Westlondon. Er arbeitet viel, säuft und kokst nicht. Sie mag ihn, aber ich würde nicht davon ausgehen, dass er versucht, sie auszunehmen.«
    »Bist du dir sicher? Wie sie mir erzählt, will sie in London eine kleine Wohnung kaufen. Sie hat mich um Geld gebeten, eine knappe Million.
    Außerdem will sie mit einer Freundin, die sich angeblich auskennt, einen Handel mit Antiquitäten aufbauen. Sie lebt endlich wieder auf, Jamal, und wie könnte ich ihr diese Bitte abschlagen?«
    Er fuhr fort: »Meine Güte, wir sind alle seltsam, und es steht mir nicht zu, die Art von Sex, die sie mag, zu kommentieren oder zu beurteilen. Leidenschaft ist das einzige Interessante auf dieser Welt. Allerdings hatte ich geglaubt, dass ihr beide wieder etwas miteinander anfangen würdet.«
    »Tja, tut mir leid«, sagte ich. »Meine Ehe ist gerade zerbrochen. Für eine neue Frau bin ich noch nicht bereit.«
    »Als wir nach Papas Tod nach Indien zurückgekehrt sind, hat sie ihn betrauert und gesagt, nun sei ich der Einzige, der sich um sie kümmern könne. Unsere dämliche Mutter war zu sehr mit ihrem Freund beschäftigt.
    Ajita ist zum Markt gegangen und hat in der Küche geholfen. Sie hatte zwei flotte Freundinnen aus Bombay, Boomi und Mooni. Aber sie war viel allein, und schließlich begann sie, mit dem Auto herumzukurven. Angeblich ging sie mit ziemlich vielen Typen. Die Tanten wollten sie unbedingt verheiraten, aber nachdem sie die ersten paar Kandidaten begutachtet hatte, sagte sie zu mir:

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