Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
Vom Netzwerk:
hervorragende Idee, zumal ich bezweifelte, mich durch all ihre Kleiderschichten wühlen zu können.
    Sie hielt irgendwo an. Als ich mit den Fingern durch Najmas schwarzes Haar fuhr, dachte ich, dass es auch Ajita hätte sein können - im Nachbarland -, die mich befriedigte. Schließlich sagte sie zu mir: »Ich liebe dich, mein Gatte.«
    Gatte? Das hielt ich für eine poetische, der Leidenschaft zu verdankende Übertreibung. Najma und ich verbrachten viel Zeit miteinander, und nachdem wir zum ersten Mal Sex gehabt hatten, sagte sie mir klipp und klar, dass sie mich liebe. Das gefiel mir an ihr, denn ich verliebte mich auch immer zu schnell. Man erblickt ein Gesicht, und sofort kommen die Phantasien in Gang, als hätte man gegen die magische Laterne getippt.
    Sie schmähte den Westen gern für dessen »Korruption« und »Liederlichkeit«; es sei ein schmutziger Ort, aber sie könne es nicht erwarten, dorthin zu kommen, um der Sackgasse zu entfliehen, die Pakistan darstelle - die wachsende Gewalt, die Macht der Mullahs, die Politiker ohne Rückgrat. Ich sollte ihre Fahrkarte sein.
    Ich las, und Najma lag da, den Kopf in meinem Schoß, und erzählte. Andere Frauen, die das Haus besuchten, ließen sich zu Ärztinnen und Flugzeugpilotinnen ausbilden, doch die an Gestalten von Tschechow erinnernden Frauen meiner Familie wollten einfach nur weg, entweder nach Amerika oder nach Großbritannien - auch »Inglestan« genannt -, nur, dass sie dazu einen einigermaßen ehrgeizigen Ehemann brauchten. Jene, die zurückblieben oder darauf warteten, abhauen zu können, sahen sich Bollywood-Videos an, besuchten Tanten und Freundinnen, schwatzten und gingen einen Kebab essen, waren davon abgesehen jedoch zur Untätigkeit verdammt, obwohl sie sich weiter lustvollen und ausufernden Phantasien hingaben.
    Ich wollte nicht, dass sie aufhörte, mir einen zu blasen. Denn das mochte ich sehr. Außerdem war sie eine große Liebhaberin der Marktwirtschaft. »Nein, kein Mercedes, Darling«, sagte ich, wenn sie wieder einmal davon träumte, in einem Auto jener Marke mit mir durch London zu brausen. »Lieber einen Jaguar.« Einen Jaguar und einen Rolls sei ich schon gefahren, sogar einen Bentley, diesen aber nur eine Woche, dann hätte ich ihn reklamiert. Mit Mercedes hätte ich jede Menge Ärger gehabt, behauptete ich, diese Kisten würden ständig schlappmachen, und immer würde jemand den Stern abbrechen, Himmel nochmal.
    Dann behauptete ich, New York würde sie bestimmt nicht zufriedenstellen. Wir müssten schon nach Los Angeles und Hollywood, wo die Swimmingpools erste Sahne seien, und vielleicht könnte sie Filmschauspielerin werden, das richtige Aussehen habe sie ja schon.
    »Nächste Woche?«, fragte sie.
    »Vielleicht«, antwortete ich und beeilte mich hinzuzufügen, dass ich gerade etwas knapp bei Kasse sei. Ich hätte gut Geld gehabt, und wenn ich erst wieder arbeiten würde, wäre meine Brieftasche in null Komma nichts prall gefüllt. Für jemanden mit meiner Gehirnkapazität sei es doch wohl ein Kinderspiel, ein Vermögen zu machen.
    Zur Erklärung muss ich hinzufügen, dass ich Najma anfangs nicht mit diesen Spinnereien veralbern wollte. Sie war ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass ich längst reich war und, genau wie ihre Cousins, in naher Zukunft noch reicher werden würde. Sie war oft in England gewesen, hatte aber keine Vorstellung, wie es dort wirklich aussah. Allem Anschein nach glaubten die meisten Leute, dass Miriam und ich stinkreich waren. Die Alternative konnte nämlich nur darin bestehen, dass wir dumm oder geistesschwach waren. Einmal erwischte ich einen jungen Diener von Yasir in meinen Schuhen und meiner Anzughose, die ihm viel zu klein war. Als ich ihn deswegen ermahnte, grinste er nur.
    »Aber Sie sind reich«, erwiderte er in nicht ganz astreinem Englisch.
    »Zieh die Sachen aus«, sagte ich, »oder ich erzähle es Yasir.« Er reagierte, als hätte ich ihn geschlagen. »Bitte, ich flehe Sie an, nein, nein«, rief er. »Er feuert mich.«
    Und er verschwand in meinen Kleidern. Was sollte ich tun? Sein Lohn tendierte gegen null. Miriam, immer großzügig und findig, ersann eine Möglichkeit, die ihn unterstützte und uns zugleich nützte. Sie überredete ihn, uns Joints zu bringen, die wir dann auf dem Dach rauchten. Bald darauf erfuhr ich von Najma, dass Papa uns »Les enfants terribles« nannte. Seine eigenen Kinder!
    Andererseits versuchten wir natürlich auch, hinter seine Fassade zu schauen und mehr über

Weitere Kostenlose Bücher