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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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treffen.
    Lisa fährt herum und geht auf Miriam los. Sie hat Kraft; sie rudert und macht Frauenboxen. Die Kinder kreischen, denn Miriam ist geliefert. Lisa dreht durch, Karate kann sie auch, sie stellt sich in Positur, und ihre Fäuste sausen durch die Luft. An diesem Punkt geht Bushy dazwischen und stoppt das Gerangel, wirft sich zwischen die beiden, bevor die Messer gezückt werden, er weiß, was zu tun ist.
    Er schafft Lisa umgehend nach draußen, bevor Schlimmeres passieren kann - wirft sie auf die Straße in Richtung ihres Fahrrads, das inzwischen, da es sich nicht gerade um die allerbeste Wohngegend handelt, nur noch das Skelett eines Rades ist, ohne Sattel und Reifen. Dann schnappt sich Bushy einen Knüppel, den er drohend hebt, er verteidigt das Haus! Miriam steht mit einem Messer hinter ihm und droht, Lisas selbstzufriedene Mittelschicht-Visage zu zerschlitzen, weil diese mit ein paar Luftlöchern mehr wesentlich besser aussehen würde!
    Diese Sache nahm mich so mit, dass ich am ganzen Körper bebte, und dann klingelte mein Handy. Es war Henry, für dessen Anrufe ich an diesem Tag nun wirklich keine Zeit hatte. Ich konnte ihn kaum verstehen: Er war fertig mit den Nerven, zugedröhnt mit Dope und Beruhigungsmitteln, und zu allem Überfluss hatte er auch noch die Karten für die Stones verlegt. Er hatte seine ganze Wohnung auf den Kopf gestellt und wusste nicht mehr, was tun. Lisa hatte ihn angerufen und geschrien, sie sei im Krankenhaus und danach werde sie bei der Polizei Anzeige erstatten. Sie wollte, dass man Miriam wegen Beleidigung, grober Tätlichkeit und versuchten Mordes verhaftete, und Henry versuchte, sie wieder auf den Teppich zu bringen.
    Immerhin verstand ich, dass Lisa zu Henry gesagt hatte: »Du bringst mich um!«
    »Ich bringe dich um?«
    »Ja!« Und sie fügte hinzu: »Es würde dir bestimmt nicht gefallen, mich zu finden, wenn ich eines Abends mit einem Strick um den Hals von der Decke baumele!«
    Im Verlauf des Tages hatte Miriam Henry gesagt, dass ihr die Sache auch über den Kopf wachse. Sie liebe ihn, wolle ihn aber erst wiedersehen, wenn er seine Tochter beruhigt habe. Es tue ihr zwar leid, dass Henry zwischen zwei Frauen in der Klemme sitze, aber sie habe gerade das Gefühl, dass eine Trennung das Beste wäre. Sie könne nicht zulassen, dass diese Verrückte einfach so in ihr Haus komme und die Kinder und Tiere erschrecke.
    Außerdem wisse sie, dass sie dumm und hässlich, fett und wertlos sei und keinem Mann mehr den Kopf verdrehen würde, aber eine weitere Zurückweisung könne sie nicht ertragen, und sie wolle nicht noch einmal von Lisa beleidigt werden. Sie habe zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl gehabt, geliebt zu werden, und nicht die Kraft, um Lisas Hass zu überleben.
    Am anderen Ende der Verbindung weiß Henry zwar nicht, wo er gerade ist, doch er weiß, was er will - nämlich, dass man ihr nicht wehtut, dass sie zusammenbleiben und das gerade begonnene gemeinsame Leben weiterführen. Er beginnt zu weinen und zu flehen, kann sich aber nicht verständlich machen, und dann ist die Verbindung tot.
    Während ich darauf wartete, dass Rafi seine Schuhe fand und sein Haar neu gestylt hatte, sah ich die Champion's League im Fernsehen und versuchte, das Vorgefallene zu verdauen. Plötzlich kam Henry hereingestürmt, so wild und zerzaust, als wäre er unterwegs in einen Sturm geraten.
    Er lag sofort in Miriams Armen, und sie schluchzten und entschuldigten sich, drückten sich gegenseitig den Hintern, und Henry jaulte: »Aber ich werde dich nie zurückweisen, nie! Das weißt du doch! Du bist meine Süße, meine Seele, mein Augenstern! Um deinetwillen würde ich mich ächten lassen - sogar von meiner Familie! Wie kannst du nur glauben, dass ich dich im Stich lassen würde, wenn ich möchte, dass wir für immer zusammenbleiben!«
    »Du willst mich doch nur aufheitern ...«
    »Nein, nein ...«
    Rafi kam herein und starrte die beiden verdutzt an.
    Es dauerte nicht lange, da telefonierten sie in der Gegend herum, um in Erfahrung zu bringen, wohin sie an diesem Abend »zum Spielen« gehen konnten.
    »Ach, übrigens«, sagte Henry zu mir, als ich gehen wollte, und klopfte auf seine Taschen, »ich habe die Karten für die Stones gefunden. Wir gehen auf jeden Fall!«

ACHTZEHN
    Ich hatte zwar Mitleid mit Henry, konnte mir aber nicht verkneifen zu sagen: »Zwei Frauen, die sich um dich streiten - was könnte herrlicher für einen Mann sein? Wäre doch viel schlimmer, wenn sie miteinander

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