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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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wir uns verabreden konnten, begann die Menge zu toben; die Band würde gleich auf die Bühne kommen, und die Leute eilten zu ihren Plätzen.
    Obwohl die Stones seit dreißig Jahren mehr oder weniger die gleichen Songs spielten, ließen sie sich ihre Langeweile nicht anmerken. Sie wussten, was eine gute Show war, vor allem Keith. Henry war zufrieden, weil Miriam hingerissen war, und außerdem war er gebannt von der Aufregung, vom Publikum und auch von der Band. (Im Theater saß er am liebsten ganz hinten und beobachtete die Zuschauer. Er behauptete, dass sich die Frauen während der Vorstellung an den Armen und Beinen und im Gesicht streichelten. »Wie sanft sie mit sich umgehen«, sagte er. »Ich frage mich, ob sie als Baby so von ihrer Mutter liebkost worden sind.«) Hier, bei den Stones, bestand eine der größten Attraktionen für ihn darin, sich vorn auf dem Balkon an einen Tisch setzen zu können. Trotz ihrer kaputten Knie schien Miriam vorübergehend aufzuleben und tanzte zu den Klängen von Street Fighting Man.
    Als wir nach dem Konzert zu Bushy gehen wollten, der hinter dem Centre Point parkte, holte uns Henrys Freund ein und schlug vor, noch ins Claridge's zu fahren, wo Mick ein Suite bewohne und »Hof halte«. Tom Stoppard, ein Bekannter von Henry, hatte gemeint, Mick könnte Henry gefallen. Bushy fuhr uns hin.
    Je näher wir dem Hotel kamen, desto mehr schwand Miriams Begeisterung, und sie sagte immer wieder, dass sie sich dort fühlen würde wie ein Fisch auf dem Trockenen. Da sie noch nie mit jemandem in einem Raum gewesen war, den man zum Ritter geschlagen hatte - sollte sie ihn >Sir< nennen? -, wollte sie Bushy dazu bringen, sie nach Hause zu fahren.
    »Was redest du da für einen Unsinn?«, sagte Henry. »Komm mir nicht mit so etwas. Sobald du dort bist, wirst du merken, dass Mick total cool ist«, sagte er, als würde er ihn kennen. »Er ist ein Mensch wie du und ich. Er ist nicht wie ...«
    »Wie wer?«
    »Ozzie Osborne.«
    Henry und ich wollten nicht ohne Miriam hineingehen, und wir versicherten ihr, dass wir das Reden übernehmen würden. In der glitzernden Lobby klipp-klapperten PR-Mädchen und Leute aus dem Anhang der Stones herum. Bushy hatte hinten im Auto eine abgewetzte Chauffeursmütze gefunden und bestand darauf, uns im verspiegelten Fahrstuhl nach oben zu begleiten. Er setzte eine unterwürfige Miene auf, nickte Jaggers Sicherheitspersonal vertraulich zu und tippte sich die ganze Zeit an die Nase, als wollte er alle Welt auf ein darin verstecktes Geheimnis aufmerksam machen. Bushy wollte als Angehöriger des »Personals« durchgehen, um einen Blick auf Mick zu erhaschen, den er als Kollegen aus dem Bereich des Blues hoch verehrte.
    Da war er - Jagger -, fit und schlank und mit dem Aussehen eines Mannes, der alles gesehen und vieles begriffen hatte. Er war mit seiner hochgewachsenen Freundin herausgekommen, um seine Gäste vor der Tür zu begrüßen. Als wir drinnen zu trinken begannen, aß Jagger etwas, sah nach seinen E-Mails und schaute in die Zeitungen, plauderte mit seinen Freunden und mit seiner Tochter, Jade. Henry knurrte derweil der Magen, und er fand es unfassbar, dass Jagger dort saß und aß, ohne ihm etwas anzubieten. Am Ende bestellte Jagger Henry ein paar Sandwichs, die dieser dankbar in sich hineinstopfte.
    Mick zeigte sich erfreut über Miriams Tätowierungen - sie behauptete, von Tattoo You beeinflusst worden zu sein. Danach stand sie glücklich auf dem Balkon, schaute auf die Stadt und schwatzte mit einem edel aufgestylten Mädchen, die sich als Scientologin herausstellte. Wenn Reiche und Arme eine Gemeinsamkeit hatten, dann das Interesse am Aberglauben, aber selbst Miriam konnte sich nicht dazu durchringen, jemanden namens Ron anzubeten.
    Wir saßen in kleiner Runde beisammen und diskutierten über Blair, Bush und Clinton, über den Henry viel zu sagen hatte. Jagger war jedoch viel indiskreter. Für mich sei es spät, sagte ich zu Jagger, der erwiderte, er gehe selten vor vier Uhr früh zu Bett, schlafe aber stets acht Stunden.
    Henry unterhielt sich mit ihm über Schlaftabletten, aber diese waren Jagger nicht geheuer, weil er befürchtete, »süchtig« zu werden. Die Leute kamen und gingen ununterbrochen, als wäre es unter hippen Londonern angesagt, um ein Uhr früh durch die Apartments ihrer Bekannten zu geistern.
    Wie bei einem Gott des Rock zu erwarten, führten Jagger und ich ein aufschlussreiches Gespräch über gute Private Schools in Westlondon. Als ich zu

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