Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
Vom Netzwerk:
St. Elmo zu.
    Die Festung reagierte mit Kanonendonner. Von allen Bastionen krachten Hakenbüchsen. Türkische Leuchtsignale stiegen gen Himmel, und als die erste Angriffswelle auf den Graben auftraf und über die improvisierten Brücken rollte, explodierten blendende Strahlen von griechischem Feuer von den Feuerwerfern auf den Festungswällen der Christen, und brennende Reifen stürzten herab. Innerhalb weniger Momente war die gesamte südwestliche Flanke ein unwirkliches Flammenmeer. Dieses Licht reichte aus, um den Sechzehnpfündern von St. Angelo das Feuern zu ermöglichen, und schon bald jaulten Kanonenkugeln über den Booten und schlugen schreckliche, blutige Breschen in den Angriff der Moslems. Beißender Rauch waberte über das Wasser auf sie zu und verhüllte das Antlitz des Mondes. Die Ruderer beugten sich tiefer über die Griffe und legten sich in die Riemen, und die Boote glitten durch die Hitze und den Nebel, als brächten sie eine Ladung von Argonauten auf das jenseitige Ufer der Verdammnis. Dann bellte eine Gewehrsalve los, kaum dreihundert Fuß entfernt auf der Leeseite, und jemand schrie auf spanisch: »Die Ungläubigen haben uns entdeckt!«
    Tannhäuser spähte voraus durch den silbrigen Dunst. Ein türkisches Flachboot war unter dem Rauch auf sie zu geglitten und hatte das erste ihrer Schiffe mit einer Breitseite Musketenfeuer bestrichen. Auf dem Boot herrschte nun ein Tumult von brüllenden Schafen und verzweifelten Männern. Die Ruder standen schief und hatten sich verhakt, und das Boot trieb führungslos umher, während die Türken dreihundert Fuß entfernt ihre Waffen neu luden. Eine Reihe türkischer Bogenschützen beschossen die Überlebenden mit einem tödlichen Schauer von Pfeilen. Auf den Booten der Christen waren nur wenige Gewehre zur Hand, da die Schußwaffen erst in St. Elmo von den Toten auf die nachrückenden Soldatenübergingen. Das zweite Boot wich dem ersten aus und wurde, so schnell es ging, auf das Dock von St. Elmo zugesteuert. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde Tannhäusers Boot die zweite Salve abbekommen. Dann könnten die Türken in aller Ruhe den Rest der Soldaten erledigen. Bors legte das Damaszener-Gewehr an.
    Tannhäuser hielt ihn auf. »Spar dir das Pulver!«
    »Ich bin nicht bis hierher gekommen, um wie ein verdammter Matrose zu ersaufen!«
    »Ich auch nicht.«
    Sie saßen im vorderen Drittel des Bootes, in der Nähe von drei Ordensrittern aus der Zunge von Aragon. Caballero Geronimus Aiguabella von der Priorei von Gerona war der Befehlshaber. Tannhäuser packte ihn, und Aiguabella, ein scharfgesichtiger Fanatiker mit Augen wie schwarze Glasperlen, wandte sich zu ihm um.
    »Geht mit Euren Ordensrittern zum Heck, so daß sie mit ihrem Gewicht den Bug anheben.« Tannhäuser deutete hinter sich. »Dann befehlt dem Steuermann, daß er die Türken mittschiffs rammen soll, schräg von der Seite. Versteht Ihr?«
    Aiguabella blickte über das Wasser, um sich Tannhäusers Plan vorzustellen.
    »Im letzten Augenblick müssen unsere Ruderer auf Euren Befehl die Ruder ins Schiff ziehen«, fuhr Tannhäuser fort. »Die Welle aus der Drehung des türkischen Bootes trägt uns dann bis zu St. Elmo, und das Schiff der Ungläubigen wird gekentert in unserem Bugwasser liegen.«
    Aiguabella schaute ihn an. Er schien Zweifel zu hegen.
    Tannhäuser sagte: »Entweder das, oder wir bekommen eine volle Salve ab. Wenn wir langsam genug für ein Handgemenge werden, dann beharken sie uns von einem Ende zum anderen.«
    Aiguabella sagte: »Bueno.«
    Er rief seinen Rittern die Befehle zu, und eine klirrende Prozession wankte auf unsicheren Füßen zum Heck. Der maltesische Steuermann, der mit ruhiger Stimme den Schlagrhythmus sang, hatte die Ruderer bereits zur höchsten Geschwindigkeit angetrieben. Ihr Keuchen war beinahe so laut wie das Knarren der Ruderdollen.Bei jedem Schlag sprühte die Gischt über die Dollborde. Wenn man schon auf See ein so halsbrecherisches Manöver riskieren mußte, überlegte Tannhäuser, konnte man sich dafür keinen besseren Steuermann wünschen als einen Malteser. Während er sein Gewehr bereitmachte, änderte das Langboot den Kurs, um genau auf das türkische Boot zuzuhalten, das nur noch zweihundert Fuß entfernt war. Tannhäuser und Bors waren nun die vordersten in der Besatzung, sie konnten die Musketiere der Moslems sehen, als sie im vollgeladenen und auf den Wellen tanzenden Boot versuchten, ihre Gewehre erneut zu laden und das Pulver einzufüllen. Sie waren in

Weitere Kostenlose Bücher