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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Stück Schnur zusammengebunden. »Verzeihung«, meinte er. »Ich habe die Becher vergessen.«
    Carla nahm den Schlauch und trank. Der Wein war warm und süß, nicht so sehr mit Wasser verdünnt, wie sie es gewohnt war. Sie reichte ihm den Schlauch zurück.
    »Trinkt noch mehr«, forderte Mattias sie auf. »Euer Hals muß völlig ausgetrocknet sein. Ihr braucht heute nacht Eure Kraft.«
    Sie nahm noch einen Schluck und wischte sich dann die Lippen ab. Mattias stürzte in einem einzigen Schluck einen halben Liter herunter. Dann verschloß er den Weinschlauch wieder und legte ihn zur Seite. Sie schaute ihm zu, wie er mit einem mit Granaten besetzten Dolch säuberlich die Rinde von einer Ecke Käse abschälte. Er schnitt dann eine feine Scheibe ab und reichte sie ihr, auf die Spitze des Dolches gespießt.
    »Kostet«, sagte er. »Das ist wie ein Gedicht, das einem auf der Zunge zergeht.«
    Der Käse war sehr aromatisch. Ihr Magen knurrte vor Hunger, den sie bisher gar nicht bemerkt hatte. Sie aßen.
    »Als ich nach St. Elmo aufbrach, habt Ihr Euch beschwert, daß die Welt nur wenig Nutzen für Euch hat. Bei meiner Rückkehrstelle ich fest, daß man Balladen zu Eurem Lobe singt. Und das zu Recht.«
    Aus seinem Munde rührte sie dieses Kompliment. Sie errötete und fragte: »Und was habt Ihr seit Eurer Rückkehr erreicht?«
    »Wenig Ehrenwertes, das muß ich zugeben«, sagte er. »Meinen größten Wunsch habe ich überhaupt nicht vorangebracht.«
    Carla erwiderte: »Amparo habt Ihr glücklich gemacht.«
    Mattias verschluckte sich an einem Stück Käse und mußte husten. »Nun, wie allgemein bekannt ist, ist der Beischlaf gut für die Gesundheit, und in meinem Zustand sind alle Arzneien höchst willkommen.«
    Carla rutschte unruhig hin und her. Ihre Eifersucht auf Amparo, die sie so mühsam gezügelt hatte, flammte wieder neu auf. Gleichzeitig spürte sie, wir ihr das Blut ins Gesicht schoß. Ihre Augen wanderten zu seinen Händen, schönen, kraftvollen Händen, auch wenn sie verletzt waren, und zu seinem Gesicht, dessen Umrisse und Falten sie ewig hätte ansehen mögen. Sie erinnerte sich an ihren Traum auf dem Feldbett, und ihr wurde sehr unwohl. Sie wandte die Augen ab.
    Mattias sprach unbeirrt weiter, während er Öl aus dem Topf mit den Oliven über sein Brot träufelte. »Ich habe es aus berufenem Munde, von Petrus Grubenius genauer gesagt, daß Abstinenz nur dazu führt, daß sich giftige Körpersäfte ansammeln, insbesondere in der Milz. Das erklärt zum Beispiel die Wildheit dieser Ordensritter und die Übellaunigkeit und Bösartigkeit vieler Priester. Wie sie sich auf Frauen auswirkt, weiß ich nicht so genau. Das sanftere Geschlecht mag ja in vielem völlig anders sein, doch ich wage die Vermutung, daß ihre Natur sich nicht so sehr von der unseren unterscheidet.«
    »Ich habe nicht vom Beischlaf gesprochen.« Carla schaute ihn an, als sei das nicht ganz aufrichtig, doch sie sprach weiter. »Sondern von der Liebe.«
    »Das eine hat oft mit dem anderen zu tun. Eine Unterscheidung scheint mir da manchmal zu fein, aber Ihr als Frau wißt das sicher besser als ich.«
    Carla war um eine Antwort verlegen. Sie war sich sicher, daß er ihre falsche Frömmigkeit durchschaute. Die Spannung zwischen ihrer erotischen und religiösen Natur, die beide so übermächtig waren, hatte all ihre Gedanken ausgelöscht. Sie starrte auf den Käse, den sie in der Hand hielt. Ihr war jeder Appetit darauf vergangen.
    »Wenn ich Euch beleidigt habe«, sagte er, »so war das nicht meine Absicht. Doch wir sind nur einen Fingerbreit vom Tod entfernt. Wenn wir jetzt nicht offen reden können, dann weiß ich nicht, wann sonst.«
    Diese Herausforderung und die Logik, die dahintersteckte, fachten ihren Mut erneut an. »Erscheine ich Euch also eher übellaunig oder wild oder bösartig?«
    Er zog die Augenbrauen in die Höhe. »Bösartig? Niemals. Übellaunig? Früher einmal vielleicht, aber jetzt nicht mehr. Ihr habt eine Berufung gefunden, und auch so etwas führt die gestauten Körpersäfte ab, allerdings, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, in geringerem Maße.« Er lächelte, und ihr wurde klar, daß er so auf ihren Gesichtsausdruck reagierte. »Und was Eure Wildheit anbetrifft«, fuhr er fort, »nun, so fließt dieser Wesenszug nach wie vor nur in Eure vermaledeite Gambe.«
    »Wieso vermaledeit?«
    »Weil mich dieses Instrument nun schon zweimal in den Hades geführt hat, und diesmal sehe ich keinen Ausweg mehr.«
    »Warum habt Ihr

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