Das Sakrament
Mädchens.«
»Ich danke Euch.«
»Wenn Ihr je wieder mit einer der Frauen redet, wenn Ihr sie auf der Straße trefft, wenn eine aus einem Traum erwacht und Euren Namen flüstert – dann werde ich dafür sorgen, daß Ihr den Tag, an dem Ihr Rom verlassen habt, bitterlich bereut.«
»Mit mehr Glück, sollte man hoffen, als bei Eurem letzten Versuch in dieser Hinsicht.«
Tannhäuser lehnte sich über den Schreibtisch zu ihm herüber. Ludovico spürte, wie sich seine Eingeweide zusammenkrampften.
»Das wäre ein einfacher Mord gewesen. Das nächste Mal schaut Ihr mir zu, wie ich mich in Eurem Blut suhle.«
Tannhäuser starrte ihn an, und Ludovico hielt dem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
Tannhäuser richtete sich auf, wandte sich um und ging zur Tür.
»Hauptmann«, rief ihm Ludovico nach.
Tannhäuser hielt inne und drehte sich um.
»Ich wäre lieber nicht Euer Feind.«
Tannhäuser schnaubte kurz.
»Carla ist eine Frau unter vielen«, fuhr Ludovico fort. »Zumindest für Euch. Wenn Euch der Titel lockt, dann kann ich Euch in einen Adelsstand versetzen, der sie wie ein kleines Fischweib aussehen läßt. Viele Herzöge haben einmal als Soldaten angefangen, und der Heilige Vater bedenkt diejenigen, die seinen Gefallen finden, mit äußerster Großmut. Schlagt Euch auf meine Seite, und ich verspreche Euch, es wird Euch wohl ergehen.«
»Ich soll einer von Euren Handlangern werden?« fragte Tannhäuser. »Da würde ich lieber Euren Kot fressen.«
»Ihr wärt dabei in bester Gesellschaft.«
»Dann haben die anderen einen abgeschmackteren Gaumen als ich.«
»Ihr bezweifelt meine Aufrichtigkeit?« wollte Ludovico wissen.
»Keineswegs, aber Ihr solltet nicht so eitel sein, an meiner Aufrichtigkeit zu zweifeln.«
Dann wandte sich Tannhäuser um und ging fort, ohne die Tür hinter sich zu schließen.
Ludovico nahm das Opium in die Hand. Der Kerl war doch kein gemeiner Schurke, er hatte seine eigenen Intrigen gesponnen. Ludovico konnte sie beinahe riechen, so wie ein Matrose einen heraufziehenden Sturm riecht. Anacleto trat ein. Sein Auge fiel auf das Päckchen in Ludovicos Hand. Ludovico warf es ihm zu.
»Hol den Griechen«, sagte Ludovico. »Bring ihn her, wenn die Franzosen fort sind.« Anacleto schaute ihn an. Ludovico nickte. »Nicodemus.«
D ONNERSTAG , 23. A UGUST 1565
Im Obersten Rat – Im Kastell St. Angelo
Oliver Starkey ließ den Blick über den großen Tisch schweifen und sah im flackernden Licht der Kerzen eine Versammlung in schwarze Kutten gekleideter edler alter Männer. Alle waren in den Schlachten verwundet worden und hatten sich in den Gedanken gefunden, daß nur noch der Tod auf sie wartete. Manchen fehlten Finger, dreien von ihnen gar eine Hand oder ein Arm. Trotz der ausweglos scheinenden Lage kannten sie jedoch keine Verzweiflung. Allerdings erwartete auch kein einziger unter den Piliers, den Komturen und Großkreuzrittern des Obersten Rates, daß der Orden vom heiligen Johannes gegen die Türken die Oberhand behalten würde. Selbst La Valette, an dessen rechter Seite Starkey saß, schien ihre trübselige Stimmung zu teilen. Das Gefühl, daß es sich um die letzte Versammlung des Obersten Rates in der Geschichte des Ordens handelte, konnte man beinahe mit Händen greifen. Nie wieder würde es auf Erden Männer wie diese geben, überlegte Starkey, denn die Welt, die sie hervorgebracht hatte, war untergegangen. Sie waren die letzten Aufrechten.
Der Tag hatte einen weiteren Großangriff der Türken gebracht.Keiner der Anwesenden konnte sich mehr erinnern, wie viele dieser Angriffe sie nun bereits zurückgeschlagen hatten. In den Gedanken aller erstreckten sich die Tage des Kampfes und der Erschöpfung bis in die Unendlichkeit, als wäre der Krieg der Urzustand aller Schöpfung gewesen und als hätte es nie etwas anderes als Entbehrungen gegeben. Durch den Willen Gottes hatte man die Horden der Moslems wieder einmal zurückgeworfen, zurück über das blutgetränkte Ödland der Großen Ebene. Im Anschluß daran hatte eine Mehrheit der Großkreuzritter des Ordens den Obersten Rat einberufen. Sie hatten sich eine radikale Strategie ausgedacht, die sie nun vortragen wollten. Dem Komtur der Zunge von Aragon, Claramont, der mit seinen siebenundvierzig Jahren der Jüngste war, fiel die Aufgabe zu, ihren Plan vorzubringen.
»Fra Starkey«, sagte Claramont, »was berichtet uns der letzte Appell?«
Starkey brauchte nicht einmal auf die Musterrolle zu schauen, die zwischen all den
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