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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Großmeister Jean Parisot de la Valette und Oliver Starkey auf. Sie sahen beide die schwarze Rüstung des Mönches.
    »Hauptmann Tannhäuser«, sprach ihn La Valette an. »Wie ist Euer Tag verlaufen?«
    »Der Sieg gehört Euch.«
    La Valette nickte und stieg ab. Er schonte sein verletztes Bein, aber seine Körperkraft war immer noch höchst erstaunlich. Er zog das Schwert. Tannhäuser schaute ihn an.
    »Möchtet Ihr nun auch mich loswerden?« fragte Tannhäuser.
    La Valette lachte. Tannhäuser hatte ihn noch nie zuvor lachen hören. Es war das Lachen eines Piraten. Nein, das Lachen einesMannes, der leichten Herzens alle, die er liebte, für ein grausiges Ideal in den Tod schicken konnte. La Valette schüttelte den Kopf.
    »Es gibt keinen besseren Ort als ein Schlachtfeld«, sagte er, »um jemanden zum Ritter zu schlagen.«
    Tannhäuser starrte ihn an.
    »Ich weiß, es gibt nur wenige, vor denen Ihr niederknien würdet«, fuhr La Valette fort. »Würdet Ihr für den Fürsten des Ritterordens niederknien?«
    Immer noch starrte Tannhäuser vor sich hin.
    »Fragt Ihr Euch, ob ich die Macht habe, diese Gabe zu verleihen?« fragte La Valette.
    »Nein«, antwortete Tannhäuser, der endlich aus seiner Benommenheit erwachte. »Ich frage mich, wozu mich dies verpflichten würde. Ich will keine Gelübde ablegen, die ich nicht einhalten kann. Ich habe derlei Fehler schon früher gemacht.«
    La Valette schien von solcher Aufrichtigkeit beeindruckt zu sein. »Wenn der Orden es für richtig hält, jemanden für ausgezeichnete Dienste zu ehren, dann kann er diesem Mann das Ordensgewand eines Magistralritters verleihen. Auf die üblichen Nachweise adeliger Herkunft wird dann verzichtet. In diesem Fall ist das sicherlich notwendig. Ihr seid auch keineswegs verpflichtet, ein volles Ordensgelübde abzulegen. Trotzdem gehört Ihr dem Ritterorden an, und wo immer sich die Brüder versammeln, könnt Ihr Euren Anspruch auf eine Zuwendung und Verpflegung geltend machen.«
    Tannhäuser dachte nach. »Darf ich Handel treiben?«
    »Nur der Vatikan ist reicher als der Ritterorden«, erwiderte Starke. »Mit diesem Sieg könnten die Spenden, die uns zufließen, sehr wohl höher sein als die für Rom, wenn auch der Heilige Vater niemals erfahren dürfte, wieviel höher.«
    »Und ich darf mich ›Chevalier‹ oder dergleichen nennen?«
    »Natürlich«, sagte La Valette. Das Piratenlächeln umspielte seine Augen. »Und Ihr seid vor dem Zugriff des Zivilrechts geschützt.«
    Tannhäuser war überaus erstaunt. Welche kriminelle Bruderschaftwar je raffinierter ausgedacht worden? »Das Gesetz hat keine Handhabe über die Ordensritter?«
    »Ihr seid nur unseren Gesetzen verpflichtet«, antwortete La Valette. »Da Ihr der einzige Mann seid, der je die Guva überlebt hat, nehme ich an, daß Ihr sie einhalten werdet.«
    Auf die Gefahr hin, undankbar zu erscheinen, fragte Tannhäuser: »Ist ein Leben im Zölibat erforderlich?«
    »Nein. Allerdings würde ich es empfehlen, wenn Euch an einem langen Leben gelegen ist.«
    Tannhäuser sank auf ein Knie und straffte die Schultern.
    »In diesem Fall, Eure Exzellenz, dürft Ihr gern Euer Schwert schwingen.«

    S AMSTAG , 8. S EPTEMBER 1565 – D AS F EST DER G EBURT

DER S ELIGEN J UNGFRAU M ARIA
In Mdina
    Ohne die Mauern und Gräben bemerkte Tannhäuser auf einmal, wie winzig Malta war. Der Weg von Birgu nach Mdina, der ihm manchmal erschienen war, als wäre er eines Odysseus würdig gewesen, war kaum mehr als acht Meilen lang. Nachdem die Pferde wieder zu Kräften gekommen waren und Orlandu und er gegessen hatten, ritten sie zum Klang unzähliger Glocken den Berg hinauf. Sie begegneten dabei jubelnden Menschen, denn es war, als hätte man die Tore eines gewaltigen Gefängnisses geöffnet und alle Insassen freigelassen, um zu feiern. Doch Tannhäuser war ernst gestimmt und überhörte die fröhlichen Grüße, und Orlandu, der neben ihm ritt, bemerkte seine Stimmung.
    »Seid Ihr böse auf mich?« erkundigte er sich.
    Tannhäuser sah ihn an. Der Junge wirkte quicklebendig. Wenn einer unversehrt aus all dem Wahnsinn hervorgegangen war, dann Orlandu. Sein Körper war unverletzt, er hatte einen klaren, raschenVerstand und hatte sich keiner Verbrechen schuldig gemacht. Plötzlich wurde ihm wie aus heiterem Himmel klar, daß er keinen geringen Anteil an diesem Triumph hatte. Damit hellte sich seine Stimmung merklich auf.
    »Ich möchte es so sagen«, antwortete er. »Wenn ich gewußt hätte, was deine bloße Existenz mich

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