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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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gewandt hatte – sie war damals jung gewesen, und er konnte ihr in seinem Herzen nur vergeben. Und selbst wenn er zuließ, daß sie seine Seele gefährdete, so konnte er doch nicht erlauben, daß sie seine Arbeit in Frage stellte. Er war sicher, daß Carla nichts über seine Anwesenheit in Messina wußte. Sollte sie jedoch nach Malta zurücckehren, stünden all seine Pläne auf dem Spiel. Er selbst geriete in Gefahr, sein Ruf, sein Ansehen und damit auch die ehrgeizigen Pläne seiner Gönner in Rom. Wer wußte schon, was diese Frau wollte? Wer wußte, wie die Jahre ihre Gedanken verwirrt hatten? Wenn die Vergangenheit ihn mit so gewaltiger Macht wieder ergriff, dann konnte sie auch Carla wieder einfangen – mit ungezügelten Leidenschaften, die niemand vorhersagen und steuern konnte. Sein eigenes Schicksal war unerheblich, aber er war ein Werkzeug der Kirche. Er durfte nicht zulassen, daß sie ihm die Schärfe nahm.
    Ludovico spülte das Sackleinen noch einmal aus und wischte sich noch die Achselhöhlen und den Hintern. Eine kurze Zeit der Einkehr in der Gesellschaft frommer Schwestern würde ihr wohl kaum schaden. Wenn Carla bei den Minimen sicher weggesperrt war, mußte man dann unbedingt auch noch Mattias Tannhäuser beseitigen? Ludovico hatte bis zur Überfahrt auf der Couronne nichts von der Existenz dieses Mannes – und von Carlas Gegenwart – gewußt, bis ihn Starkey ins Vertrauen gezogen hatte. Starkey war überzeugt, daß sich Tannhäuser nicht für die Sache des Ordens gewinnen lassen würde. La Valette hatte jedoch eine Kriegslist vorgeschlagen, die vorsah, daß Carla den Deutschen für sie anwerben sollte.
    Ludovico hatte Starkey nicht von seinem Plan abzubringen versucht. Wenn die Strategie fehlschlug, dann wollte er nicht, daß der Engländer den Verdacht hegte, er sei der Grund dafür. »Ihr dürft nicht den Eindruck erwecken, daß Ihr um die Hilfe der Contessa bettelt«, hatte Ludovico geraten. »Gebt Ihr vielmehr das Gefühl, daß sie die Empfängerin Eurer Freundlichkeit ist. Beschreibt übertrieben, wie wenig wahrscheinlich Euch ein Erfolg erscheint. Malt Tannhäuser in den schwärzesten Farben, so daß sie nur einen schwachen Hoffnungsschimmer sieht.«
    »Warum?« Starkeys Ton hatte verraten, daß er genau das Gegenteil vorgehabt hatte.
    »Weil das ihre Findigkeit bis zum äußersten anregen wird. Frauen versuchen gern das Unmögliche, wenn sie die Herzen der Männer umgarnen. Es schmeichelt ihrem Gefühl für die einzige Macht, die sie besitzen, die Macht der Begierde. Was Tannhäuser angeht, so schlagt bei ihm die umgekehrte Taktik ein. Erschöpft alle Argumente! Bedrängt ihn hart! Bedrängt ihn bis beinahe zur Beleidigung, so daß er sich weigern muß, wenn er nur seine Würde wahren will. Und wenn dann die Dame ins Spiel kommt, dann schmeichelt es seiner Eitelkeit, daß er allein die Entscheidung getroffen hat, nach Malta zu gehen.«
    Während Ludovico noch Starkeys Plan unterstützte, hatte er bei sich beschlossen, ihn zu durchkreuzen, weil er den Erfolg seiner eigenen Vorhaben gefährdete. Diese Vorhaben warten so phantastisch und komplex, daß Starkeys jämmerliche List dagegen ein Kinderstreich war. Ludovico hatte vor, die Ritter des Hospitalerordens vom heiligen Johannes unter päpstliche Kontrolle zu bringen. Viele hatten das schon versucht und waren gescheitert. Zweihundert Jahre zuvor hatte der Papst an der Verschwörung zurAusrottung der Templer mitgewirkt, aber der Hospitalerorden war zu mächtig, zu weit von Rom entfernt und zu beliebt, als daß eine so grobe Methode Erfolg haben könnte. Die drohende Invasion der Türken bot nun eine einzigartige Möglichkeit, die Ludovico auf Malta genau ausgelotet hatte. Sollte diese Ordensfestung zerstört werden, dann würden die ungeheuren Besitztümer der Hospitaler in ganz Europa von regionalen Fürsten und Monarchen mit Beschlag belegt werden, besonders in Frankreich. Sollten die Ritter glorreich überleben, dann wurden sie dadurch für den Vatikan noch unerreichbarer. Es sei denn, auf dem Stuhl des Großmeisters säße ein Mann, der dem Heiligen Vater treu ergeben war. Einen solchen Mann hatte Ludovico im Sinn. Seine Reise nach Rom diente dem Zweck, die nötigen Mittel dafür zu sichern, um den Mann in dieses mächtige Amt zu manövrieren. Nichts durfte Ludovicos Würde untergraben und damit seine Arbeit gefährden.
    Niemals würde er zulassen, daß Carla einen Fuß auf die Insel Malta setzte.
    Ludovico verließ das Lavatorium und

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