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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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schlüpfte in ein sauberes Gewand.
    Dieser Deutsche war bereit, sich in gefährliche Leidenschaften zu stürzen. Ein eitler Mann. Ein Narr. Seine Unverschämtheit am Kai hatte das bestätigt. Er könnte sehr wohl Mitleid mit Carla bekommen und sich geschmeichelt fühlen in der Rolle als ihr Beschützer, eine ungewohnte Rolle für einen Schurken wie ihn. Zweifellos konnte Carla ihn dafür entschädigen. Ludovico hatte Tannhäusers Manneskraft gespürt, wie das Männer gleichen Schlages beinahe wie Tiere witterten. Er bemerkte ein Stechen der Eifersucht und ermahnte sich zur Vorsicht. Allerdings waren hier wohl kaum Ausflüchte vonnöten. Der Mann war ein Gotteslästerer und Ketzer. Wie hatte Michele Ghislieri ihm geraten, mit gewissen Adeligen zu verfahren? »Beseitigt den Mann, und Ihr beseitigt das Problem.«
    Ludovico begab sich zum Sprechzimmer des Abtes, wo Gonzága auf Anweisungen wartete.
    Gonzága war ein Commissarius, ein örtlicher Priester, der für dieInquisition arbeitete und Informationen beschaffte. Er besaß eine bösartige Ader, der Ludovico mißtraute, aber vielleicht genau aus diesem Grunde war er bei den unzähligen Laienhelfern von Messina recht beliebt. Diesen Helfern hatte Gonzága besonders geschmeichelt, indem er eine Bruderschaft gegründet hatte, die Kongregation vom heiligen Petrus dem Märtyrer. Als Laien standen sie in den Diensten der Inquisition, waren jederzeit bereit, die Aufgaben eines Tribunals zu übernehmen, und sie durften Waffen tragen, um die Inquisitoren zu beschützen. Diese Ehre war außerordentlich begehrt, nicht zuletzt, weil sie Immunität vor der Verfolgung durch die weltliche Gerichtsbarkeit gewährte. Ob man von edler oder niederer Geburt war, so war doch die limpieza de sangre, die Reinheit des Blutes, eine unabdingbare Voraussetzung, denn kein Bekehrter jüdischer Abstammung durfte der Inquisition dienen.
    Im Sprechzimmer des Abtes stand Anacleto, wie immer eher gespenstische als menschliche Erscheinung, gleich hinter der Tür. Ludovico hatte ihn 1558 in Salamanca getroffen, wo er ihn auf Zeichen teuflischer Besessenheit prüfen sollte. Der junge Adlige, damals achtzehn Jahre alt, hatte sich der Blutschande mit seiner Schwester Filomena schuldig gemacht und beide Eltern ermordet, als sie die Geschwister in flagrante delicto ertappten. Diese grauenhaften Verbrechen leugnete Anacleto nicht, bereute sie noch viel weniger. Filomena hatte man gehenkt und ihren Leichnam vor Anacletos Augen den Schweinen zum Fraß vorgeworfen. Auch seine Hinrichtung war nur noch eine Formsache gewesen, aber irgend etwas in der schwarzen Seele des jungen Mannes hatte Ludovico angerührt. Mehr noch, er hatte in ihm ein Werkzeug von unschätzbarem Wert gesehen: Anacleto war ein Mann ohne jedes Gewissen, zu den abscheulichsten Untaten fähig. Ein Mann, der demjenigen, der ihn erlöste, unerschütterlich die Treue halten würde. Ludovico verbrachte vier Tage mit dem Jüngling und schmiedete einen unzerbrechlichen Bund mit ihm. Er hatte Anacleto schließlich zur Bußfertigkeit überredet, ihm die Absolution erteilt und ihm einen höheren Lebenszweck geschenkt. Nun, da ihn die Inquisition vor weltlicher Verfolgung schützte,hatte Anacleto Ludovico und Fernando Valdés auf ihrem erbarmungslosen Feldzug durch Kastilien begleitet, der in den ungeheuerlichen Autodafés von Valladolid gipfelte, bei denen Kaiser Philipp persönlich an den Ketzerverbrennungen teilnahm. Seither hatte sich Anacleto wie ein Schatten an die Füße seines Meisters geheftet, stets bereit, ihn zu beschützen, stets darauf bedacht, daß Ludovico sich nicht die Hände mit Blut befleckte.
    Gonzága stand auf und verneigte sich. Ludovico forderte ihn mit einer Geste auf, sich wieder zu setzen.
    »Da dies spanisches Territorium ist«, sagte Ludovico, »und der Rechtsprechung des spanischen Arms der Inquisition untersteht, besitze ich hier keinerlei formelle Macht.« Mit erhobener Hand kam er allen Angeboten Gonzagas zuvor, ihm die notwendige Vollmacht zu verschaffen. »Ich strebe auch nicht nach dieser Macht. Es ist jedoch im dringenden Interesse Seiner Heiligkeit, daß bis heute abend acht Uhr zwei Dinge ganz gewiß erledigt werden.«
    »Unter unseren Laiendienern sind die besten Büttel der Stadt«, rief Gonzága aus. »Mein Vetter, Hauptmann Spano, wird uns jegliche Hilfe gewähren.«
    »Wie diese Aufgaben erledigt werden und von wem, will ich nicht wissen. Keine von beiden darf als Handlung der Inquisition deutlich werden,

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