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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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wäre, wenn die Familien gemeinsam die Arche betreten hätten - mit Hausrat, Tieren und Vorräten für viele Jahre.
    Er sah das Bild von einem goldenen Vogel vor sich, wie er die Mauern seines Verstecks durchbrach, über Ruinenfelder flog und schließlich majestätisch kreisend von der Erde Abschied nahm.
    War das der Traum und die Vision der Baumeister gewesen? Ein negatives, durch und durch pessimistisches Bild, nach dem selbst die Überlebenden nur noch die Erde verlassen konnten?
    Guntram schüttelte unwillkürlich den Kopf. So konnte es nicht gewesen sein! Die Menschen waren auf der Erde entstanden und nicht irgendwo anders. Dies war ihr Planet, auch wenn es noch Milliarden andere Himmelskörper geben sollte!
    Aber die Weltlichen hatten versucht, alles zu verstehen und alles zu begründen. Je mehr Wissen sie erlangten, um so mutloser wurden sie, weil sie immer deutlicher sehen mußten, wie nackt und ohne Schutz sie lebten. Vielleicht war dann für viele von ihnen der Tod eine Erlösung von der Angst geworden: Angst vor den anderen, Angst vor der Zukunft, Angst vor sich selbst ...
    Guntram lauschte den leisen, unregelmäßigen Tropfgeräuschen tief im Inneren der Flugmaschine. Hatte er nicht auch Angst?
    Er spürte, wie die Kälte immer schneidender wurde. Es war, als würde ganz langsam die Energiequelle versiegen, die sieben Jahrhunderte in der Flugmaschine auf ihre Nutzung gewartet hatte.
    Guntram drehte sich abrupt um. Er stieg über matt leuchtende schräge Ebenen. Es dauerte ziemlich lange, bis er durch Gänge und kuppelartige Räume in den Kopf des goldenen Vogels gelangte.
    Die riesigen Beryllos-Linsen auf beiden Seiten hatten blau-violette Schlieren. Sie wirkten wie Ölspuren auf großen Wassertropfen.
    Guntram ging zur linken Seite. Er lehnte sich vor und legte sein Gesicht gegen die kalte Linse. Auf diese Weise konnte er sehen, daß die Flugmaschine tatsächlich in einem kleinen Teich aus geschmolzenem Eiswasser lag. Das Wasser reichte nicht mehr bis in die glatten Kanten der Mulde. Ein Teil davon mußte sich bereits innerhalb des goldenen Vogels befinden.
    Guntram verstand nicht, wie es geschehen war. Er dachte an kommunizierende Röhren. Wenn der Riß im Boden groß genug war, mußte sehr viel Wasser eingedrungen sein. Aber mehr, als durch die Wärme auftauen konnte? Das war nicht möglich!
    Vielleicht war etwas verdunstet. Er starrte angestrengt nach unten. Im gleichen Augenblick entdeckte er kleine, sprudelnde Blasen im Wasser. Es wurde weniger.
    Gebannt verfolgte Guntram das eigenartige Versickern des Schmelzwassers. An den Rändern der Mulde hatten sich wieder Eisschollen gebildet. Einige waren mit dem Sinken des Wasserspiegels abgebrochen. Sie bildeten bizarre Schichten und lange Eiszapfen.
    Als das Wasser noch weiter abfloß, erkannte er plötzlich eine schiefergraue, glänzende Kante schräg unter der Flugmaschine.
    Felsen!
    Der Gletscherriß hatte die gewaltige Eisfläche bis auf massives Gestein aufgebrochen!
    Guntram empfand ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit. Die lose auf dem Grund der Spalte zusammengefrorenen Eiskrümel hatten die Wucht der unkontrollierten Landung abgebremst wie ein Haufen Stroh im Frost. Obwohl sie anschließend geschmolzen waren, war die Flugmaschine nur wenige Fuß eingesunken - bis zum festen Grund der riesigen Gletscherspalte.
    Er erkannte, daß es doch noch eine Hoffnung gab. Selbst mit Wasser oder Eis im Bauch der Flugmaschine war er nicht gefangen. Er mußte nur herausfinden, wie er wieder starten konnte!
    Im gleichen Augenblick hatte er das Gefühl, jemand würde hinter ihm stehen. Er hielt für einen Moment die Luft an, dann drehte er sich ruckartig um.
    »Agnes!« keuchte er tonlos. Doch Agnes war nicht da. Es war überhaupt niemand da.
    Guntram zitterte am ganzen Körper. Was war mit ihm los? Hatte er schon Halluzinationen?
    »Du mußt nur wollen!«
    Bieterolfs Stimme ...
    »Komm zurück , Guntram!« hörte er Agnes.
    »Ich ... ich kann nicht! Ich weiß nicht, wie ...«
    » Wir brauchen dich!«
    Agnes.
    »Alle Clan-Chefs sind im Buch-Heim versammelt! Wir wollen dir helfen!«
    Wieder Bieterolf.
    Ganz langsam verstand Guntram. Sie riefen ihn. Es war wie ein Wunder! Über den halben Erdball hinweg kamen die Gedanken der anderen zu ihm - so nah und so stark, als würden sie direkt vor ihm gedacht ...
    »Komm, Guntram!« - rief Agnes, seine Frau.
    »Ich will es versuchen! Aber sorgt dafür , daß Goetz in der Nähe ist , wenn die Flugmaschine über der Kathedrale

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