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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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hinüber. Sehen frisch aus.«
    »Sucht alles ab«, befahl Guiscard. »Ich verwette meinen Schwertarm, dass sich der Kerl und seine Bälger hier irgendwo verstecken.«
    Die Männer stiegen ab, schlugen ihre Mäntel zurück und zogen die Schwerter.
    Ihr Vater packte Jean und Michel am Arm. »Wir laufen zum Wald«, stieß er hervor. »Aber bleibt um Himmels willen zusammen.«
    Sie hasteten los. Obwohl sie versuchten, leise zu sein, verursachte die Hatz durch das dichte Gestrüpp beträchtlichen Lärm, denn ständig zertraten sie Äste oder blieben an dornigen Zweigen hängen. Sie hatten sich noch keine fünf Schritte bewegt, als die Männer sie hörten.
    »Da drüben sind sie!«
    »Schnappt euch das Pack!«, brüllte Guiscard.
    Der Atem brannte Michel in der Kehle, während er seinem Vater nachrannte, über umgestürzte Baumstämme sprang und Böschungen hinabschlitterte. Immer wieder blickte er sich nach Jean um, der sich verzweifelt bemühte, nicht zurückzufallen. »Lauf schneller!«, rief er ihm zu.
    »Versuch ich ja«, gab sein Bruder zurück.
    Guiscard und seine Männer waren nicht weit hinter ihnen. Michel konnte sie nicht sehen, doch er hörte, wie sie durch das Gestrüpp brachen.
    Das Strauchwerk ging in ein Wäldchen über, das sich bis zu den Hügeln im Osten des Moseltales erstreckte. »Da rüber!«, rief ihr Vater und führte sie tiefer in den Forst hinein, wo die ausladenden Kronen der Tannen und Fichten ein dichtes Dach bildeten, sodass kaum Schnee unter den Baumstämmen lag und sie auf dem gefrorenen Boden keine Spuren hinterließen.
    »Michel!«, keuchte Jean.
    Michel sah, dass sein Bruder gestürzt war. Rasch half er ihm beim Aufstehen.
    »Mein Knie!«, wimmerte Jean. Er hatte sich den linken Beinling aufgerissen und blutete.
    »Wir müssen trotzdem weiter. Nimm meine Hand.«
    Die Männer kamen immer näher und hatten den Rand des Wäldchens fast erreicht. Jean weinte, riss sich jedoch zusammen und ergriff Michels Hand.
    Einen schrecklichen Augenblick lang dachte Michel, sie hätten ihren Vater verloren. Er reckte den Kopf und blickte sich nach allen Seiten um. Nach ihm zu rufen wagte er nicht, aus Angst, die Soldaten auf sich aufmerksam zu machen.
    Da! Zwischen den Bäumen blitzte sein erdfarbener Umhang auf.
    Ihr Vater wartete schwer atmend vor einem mehr als mannshohen Haufen aus abgestorbenem Holz auf sie. »Kriecht da hinein«, sagte er, als Michel und Jean zu ihm rannten. »Beeilt euch!«
    Das Holz war vermutlich von den Herbststürmen aus den Baumkronen geschüttelt worden und türmte sich zwischen einer vom Blitz gespaltenen Fichte und einem Felsen auf. Ihr Vater deutete auf eine Lücke zwischen den Ästen, durch die Michel erst Jean kriechen ließ, bevor er selbst hineinkletterte. Im Innern des Haufens befand sich ein kleiner, kaum zwei Ellen hoher Hohlraum. Michel und Jean rückten eng zusammen, als ihr Vater Vivienne durch die Lücke schob. Anschließend stellte er hastig den Tragekorb ab, zwängte sich durch die Öffnung und zog den Korb hinein. Trotz der Kälte rann ihm der Schweiß über das Gesicht. Er musste zu Tode erschöpft sein, nachdem er die ganze Nacht Vivienne und ihre Sachen getragen hatte. Vermutlich hatte ihn die Hatz durch das Gestrüpp die letzten Reste seiner Kraft gekostet.
    Rufe hallten durch den Wald. Offenbar hatten Guiscard und seine Männer ihre Spur verloren und teilten sich gerade auf, um den Forst einzeln nach ihnen abzusuchen.
    Auch Michel war völlig entkräftet. Er lehnte sich gegen den Felsen, der die Rückwand des Hohlraumes bildete, und rang um Atem. Vivienne klammerte sich an ihn und zitterte am ganzen Leib.
    Es war so eng, dass man sich kaum bewegen konnte. Michels Vater spähte durch die Lücke und beobachtete den Wald. Jean zog die Nase hoch und untersuchte sein Knie. Es hatte aufgehört zu bluten. Wie es schien, hatte er sich nur die Haut abgeschürft. Schließlich griff er in den Kragen seines Überwurfs, holte einen dünnen Faden hervor, an dem die Maulwurfspfote hing, und betrachtete sein Amulett.
    Michel hätte nicht zu sagen vermocht, wie viel Zeit verging. Vielleicht eine halbe Stunde, vielleicht mehr.
    »Da kommt einer«, flüsterte sein Vater.
    Michel presste Vivienne an sich, sodass ihr Kopf in seiner Halsbeuge lag. »Du musst jetzt ganz leise sein, hörst du?«, raunte er ihr zu.
    Ein Zweig knackte in der Stille des Waldes. Vorsichtig, damit er ja kein Geräusch machte, öffnete ihr Vater den Lederbeutel, der aus dem Tragekorb schaute. Michels

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