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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Fleury unumwunden zu. »Wir sind immer noch Geschäftsleute.«
    Ulman schritt langsam durch den Saal, und der Saum seiner Soutane strich leise über den Boden. »Ich habe mit Jean Caboche und einem Maurer namens Thierry gesprochen. Sie verehren Euch geradezu. Die ganze Stadt scheint das zu tun.«
    Der Gildemeister lächelte bescheiden. »Ihr übertreibt, Exzellenz. Verehrung ist gewiss nicht das, was sie für mich empfinden. Allenfalls Dankbarkeit.«
    »Jedenfalls halten sie große Stücke auf Euch. Ihr seid ein Segen für die Stadt, heißt es.«
    »Es freut mich zu hören, dass man so über mich spricht.«
    Ulman blickte de Fleury stechend an. »Weil es genau das ist, was Ihr beabsichtigt?«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Ein zynischer Mann könnte auf den Gedanken kommen, Ihr benutztet das Geld der Gilde, um Euch das Wohlwollen des Stadtvolks zu erkaufen.«
    »Der Gildemeister kann nicht eigenmächtig über die Ersparnisse der Gilde verfügen – er braucht für alle größeren Ausgaben das Einverständnis der Schwurbrüder. Davon abgesehen: Was hätte ich davon?«
    »Wachsenden Einfluss. Größere Macht«, antwortete Ulman. »Die Ihr eines Tages einsetzen könntet, um langfristige Ziele voranzutreiben.«
    »Das einzige langfristige Ziel der Gilde ist eine neue Brücke über die Mosel. Und das haben wir dank Eurer Zustimmung bereits erreicht.«
    »Manchen Gildemitgliedern genügt das vielleicht nicht. Wer einmal Blut geleckt hat, will irgendwann mehr.«
    »Das Hantieren mit Blut überlassen wir den Schlachtern und Scharfrichtern, Exzellenz«, erwiderte de Fleury lächelnd. »Wir Kaufleute begnügen uns seit eh und je mit Salz, Tuchen und Silber.«
    »Ihr wisst genau, was ich meine«, sagte Ulman scharf. »Dieses Jahr habt Ihr eine neue Brücke gefordert. Nächstes Jahr ist es vielleicht ein eigener Schultheiß. Im Jahr darauf dann ein Mitspracherecht im Schöffenkollegium. Und so wird es immer weitergehen, denn wenn Ihr Kaufleute eines seid, dann unersättlich!«
    »Wir haben Euch verärgert«, sagte der Gildemeister. »Das war nicht unsere Absicht. Wenn Ihr dies verlangt, reißen wir die neuen Backhäuser wieder ab, entlassen den Dreckmeister und geben Euch unser Wort, uns nicht mehr in die Belange der Stadt einzumischen. Ich befürchte allerdings, dass das Stadtvolk das nicht verstehen wird. Immerhin fordert Ihr die Reichen jeden Sonntag auf, mildtätig und barmherzig zu sein und ihr Vermögen mit den Ärmeren zu teilen.«
    »Ich warne Euch, de Fleury: Haltet mich nicht zum Narren!«, zischte Ulman. »Ihr könnt dem Pöbel so viel Honig ums Maul schmieren, wie Ihr wollt, aber wenn Ihr glaubt, Ihr könntet versuchen, mir meine Macht streitig zu machen, habt Ihr Euch getäuscht. Ich werde nicht zulassen, dass ein Wicht wie Ihr die Vorherrschaft der Kirche infrage stellt. Ich bin der unumstrittene Herr Varennes’ und werde es bleiben bis zu meinem Tod. Und wenn mir auch nur einmal zu Ohren kommt, dass Ihr und Eure Brüder eine Verschwörung gegen mich anzettelt, jage ich Euch aus der Stadt und zerschmettere die Gilde, ganz gleich, ob ein Kaiser sie vor Urzeiten genehmigt hat. Habt Ihr mich verstanden?«
    »Gewiss.« De Fleury neigte das Haupt.
    »Jetzt geht mir aus den Augen, zählt Euer Geld oder tut, was immer ein Krämer um diese Zeit tut.«
    »Ich wünsche Euch noch einen angenehmen Tag, Exzellenz«, sagte der Gildemeister, verbeugte sich noch einmal und empfahl sich.
    Bischof Ulman stand am Fenster und blickte ihm nach, während er über den Domplatz schritt. Sein Atem ging immer noch schwer – sein Zorn wollte nicht abklingen. Normalerweise verbreiteten seine Wutausbrüche Furcht und Schrecken. De Fleury jedoch war nicht im Mindesten eingeschüchtert gewesen. Immerzu hatte er ihn mit unbedarfter Miene angeschaut und so getan, als wisse er nicht, wovon er rede. Der Bursche war derart glatt, wendig und geschmeidig, dass es Ulman nicht gelungen war, ihn festzunageln und zu einer Äußerung zu verleiten, die ihn angreifbar machte. Entsprechend wirkungslos war die Drohung gewesen.
    Von quälender Unruhe erfüllt, schritt er im Saal umher. Schließlich blieb er stehen und blickte zu dem Kruzifix auf, das an der Stirnseite hing.
    Hilf mir, o Herr. Sende mir ein Zeichen, damit ich weiß, was ich tun soll.
    Die Tür flog auf, und die hünenhafte Gestalt Aristide de Guillorys stampfte herein.
    »Ich will mich beschweren!«, bellte der Ritter.
    »Was habt Ihr hier zu suchen?«, fragte Ulman. »Wer hat Euch

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