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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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abgeschlachtet.«
    Chastain zuckte mit den Schultern. »Vielleicht schafft es ja der eine oder andere von uns.«
    Gaspard schüttelte den Kopf. Ernaut hatte recht: Es war alles seine Schuld.
    Er richtete sich auf und blickte zu Stephan und Ernaut, die sich immer noch anbrüllten. Zu Raoul. Zu den Knechten, die mit bleichen Gesichtern auf Kisten und Fässern saßen, in den Händen ihre Waffen. Zwei von ihnen waren im Lauf des Tages gefallen; sie lagen unten im Keller, von Planen bedeckt wie Bischof Ulman. Die Übrigen hatten allesamt Blessuren und Wunden davongetragen. Zwei waren so schwer verletzt, dass sie nicht mehr kämpfen konnten. Einer würde die Nacht vermutlich nicht überleben.
    Meine Schuld.
    Er schritt durch die Halle. Chastain blickte ihm nach, sagte etwas, doch die Worte rauschten an ihm vorbei. Gaspard ließ sein Schwert fallen.
    Meine Schuld.
    »Gaspard«, rief Stephan. »Was machst du?«
    Die Tür der Lagerhalle hatten die Büttel mit einer Ramme zerschmettert. Er trat zu der Barriere, die sie aus Handkarren, Fässern und Balken errichtet hatten. Stieg auf eine Kiste. Reckte den Kopf.
    »Martel!«, rief er in das Schneegestöber hinaus. »Hört mich an!«
    Seit endlosen Stunden vernahm Michel von oben Lärm, Schreie, Gepolter und das Klirren von Schwertern, gedämpft und leise wegen der dicken Mauern. Manchmal senkte sich Stille herab, bevor die Kämpfe wenig später weitergingen. Michel hatte Gaspard angefleht, die Tür zu öffnen, ihn aus der Kammer zu lassen, aber nichts war geschehen. Entkräftet kauerte er zwischen den Salzfässern, in beide Wolldecken gehüllt. Er hielt die Augen geschlossen, doch schlafen konnte er nicht – nicht, solange Bischof Ulmans Leiche neben ihm lag.
    Zum wiederholten Male betete er für die Seele des Kirchenmannes. Da niemand sonst das tat, fiel ihm diese Aufgabe zu, wenn er schon nichts gegen den Wahnsinn um ihn herum unternehmen konnte. Ruht in Frieden, Ulman. Ihr wart mein Feind, aber solch ein Ende habt Ihr nicht verdient.
    Er schreckte aus seinem Dämmerzustand auf, als sich Stimmen seinem Gefängnis näherten. Der Riegel wurde zurückgezogen, und die Tür schwang auf. Michel blinzelte die Gestalt vor ihm an.
    »Ihr?«, fragte Tancrède Martel.
    »Seid gegrüßt, Herr Schultheiß.« Michel lächelte schwach.
    »Was zum Teufel macht Ihr hier?«
    »Die Totenwache für unseren Bischof halten, schätze ich. Wenn auch nicht ganz freiwillig.«
    »Ist er das?«
    Michel nickte.
    Ächzend ging Martel auf die Knie, während einer seiner Männer mit einer Fackel näher trat. Der Schultheiß trug ein Kettenhemd und einen Helm – ein ungewohnter Anblick –, und sein Gesicht war gerötet vor Kälte. Mit versteinerter Miene schlug er das Tuch zurück und bekreuzigte sich, als er Ulmans bleiches Antlitz erblickte. »Bringt ihn zum Dom und benachrichtigt die Domherren«, befahl er, woraufhin zwei seiner Büttel die Leiche aus der Kammer trugen. Martel richtete sich auf und wandte sich an Michel. »Steckt Ihr mit dieser Bande unter einer Decke?«
    »Wenn es so wäre, hätten sie mich kaum eingesperrt, oder? Ich habe versucht, sie zur Vernunft zu bringen, aber wie Ihr Euch denken könnt, wollten sie nicht hören.«
    »Erwartet Ihr ernsthaft, dass ich das glaube?«
    »Er sagt die Wahrheit«, meldete sich Ernaut Baudouin zu Wort, der, bewacht von zwei Waffenknechten, im Hauptraum des Kellers stand. »Er hat nichts damit zu tun.«
    Martel musterte Michel bohrend. »Na schön, Ihr könnt gehen. Aber untersteht Euch, uns Ärger zu machen.«
    »Bitte seid so freundlich und helft mir auf. Habt Dank«, sagte Michel, als er mit Martels Hilfe auf die Füße gelangt war. Augenblicklich schwindelte ihn wieder. Er stützte sich auf einem Fass ab. »Reicht mir meine Krücke. Ich glaube, sie liegt da drüben.«
    »Ich bin nicht Euer Pfleger. Bring ihn nach Hause«, befahl Martel einem Büttel.
    Auf den Arm des Waffenknechts gestützt, in der anderen Hand seine Krücke, stieg Michel die Treppe hinauf, während Martel die Tür der anderen Kammer öffnete und Ulmans Wächter und Sänftenträger freiließ. Michel schluckte, als er die Leiche von Raoul Vanchelle sah, die im oberen Teil des Schuppens lag, eine schreckliche Wunde in der Seite. Daneben standen Stephan Pérouse, Hernance Chastain und die Knechte der Kaufleute. Alle waren sie bleich und übermüdet, viele hatten Verletzungen erlitten, die sie notdürftig verbunden hatten. Zwei Büttel hielten sie mit Armbrüsten in Schach.
    Draußen

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