Das Salz der Mörder
unbestreitbar eine attraktive
Frau. Mehrere Männerbekanntschaften brachten nicht viel. Einerseits der Kinder,
anderseits der Herren wegen.
Ihr
geschiedener Ehemann galt für lange Zeit als in Afrika verschollen. Vor zirka
einem halben Jahr tauchte er plötzlich wieder auf.
8. Erstes Erwachen
Als
ich die Augen öffnete, stand jemand vor mir. Ich nahm die Umrisse einer älteren
Frau wahr. Ihre Stimme aus dem Halbdunkel schien von weit her zu kommen und
hallte endlos wider. Ich verstand sie nicht. Verschwommen bemühte ich mich
etwas zu erkennen. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich in einem Bett lag. Rechts
neben mir brannte eine Lampe. Wahrscheinlich war es Nacht.
„Sind
Sie Herr Wegner? Herr Wegner, können Sie mich verstehen?“
Ich
sah mich nicht in der Lage zu antworten. Die Frau setzte sich auf meine
Bettkante und wartete vermutlich auf eine Reaktion von mir. Ich stellte fest,
dass ich mich nicht bewegen konnte. Meine Arme und Beine waren mit dicken
Lederriemen an den Bettholmen befestigt.
„Herr
Wegner, wie geht es Ihnen? Sie sind doch Herr Manfred Wegner, nicht wahr?“
Verzweifelt
überlegte ich, was mit mir geschehen sein mochte. Wo war ich? Was wollte diese
Frau, die unaufhörlich meinen Namen wiederholte? Ich drehte den Kopf zur Seite
und schloss die Augen. Jemand verließ lautlos den Raum. Dann verlor ich das
Bewusstsein . . .
Fahles
Tageslicht fiel durch das Fenster hinter mir. Die Nachttischlampe brannte noch.
Mein Körper schmerzte. Bei jedem Herzschlag fuhr ein heftiger Stich durch
meinen Brustkorb. Das Erinnerungsvermögen bereitete mir Schwierigkeiten. In
meinem Kopf schwebten etliche Kilo Watte umher. Ich versuchte mich
aufzurichten. Das ging nicht. Mir wurde übel. Ich hatte schrecklichen Durst.
Ich wollte meinen Mund anfeuchten, der dermaßen ausgetrocknet war, als hätte
man mir zehn Esslöffel Weizenmehl hineingestopft. Mehrmals schluckte ich meinen
Speichel herunter. Das half aber auch nichts. Ich wartete bis mein Blick klar
werden und das erbarmungslose Brummen in meinem Gehirn endlich verstummen
würde. Undeutlich betrachtete ich das Zimmer. Es war annähernd vier Meter lang
und drei Meter breit. Mein Bett befand sich an der linken Wand. Am Fußende stand
ein Kleiderschrank. Eine stabile Tür, durch die man zweifellos nach draußen
gelangte, nahm einen Großteil der Wand vor mir ein. Auf der rechten Seite, ein
Tisch und zwei Stühle, links daneben führte eine kleinere Tür in einen anderen
Raum. Brauner Teppichboden, eine hölzerne Blumenbank am Fenster und mehrere
hübsche Aquarelle an den gelb gestrichenen Wänden ließen den Raum etwas
freundlicher erscheinen.
Als
ich aufstehen wollte, hielten mich wieder diese Lederriemen zurück. Schmerzlich
kam mir zur Besinnung, dass ich noch immer gefesselt war.
Gegenüber
auf dem quadratischen Tisch lagen scheinbar all meine Utensilien. Durch einen
nebligen Schleier erkannte ich meine Brieftasche, das Notizbuch, den
Kugelschreiber, meine Uhr, die Schlüssel. War das ein Hotelzimmer? Oder hatte
man mich in ein Krankenhaus eingeliefert? Was war denn nur geschehen? Und wo
war Gaby?
Geräusche
schreckten mich aus meinen Gedanken auf. Es klang wie ein leises Surren, kaum
hörbar. Ein Öffnen und ein Schließen. Sacht fiel eine Tür ins Schloss. Dann ein
zweites Mal dieses Surren, und die große, massive Tür sprang auf - nahezu
geräuschlos, wie mir schien. Verwundert stellte ich fest, dass an ihr keine
Klinke vorhanden war.
„Guten
Morgen, Herr Wegner. Mein Name ist Doktor Johannsen. Wie geht es Ihnen?“
begrüßte mich dieselbe Frau, die schon gestern Nacht zu mir gesprochen hatte.
Als sie vor mir stand, schloss sich die Tür selbsttätig hinter ihr. Wieder
setzte sie sich auf meinen Bettrand. Ich schätzte sie um die sechzig. Bekleidet
mit einem weißen Kittel, grünen Stoffhosen darunter und leichten Ledersandalen,
versuchte sie einen beruhigenden Ein-druck auf mich zu machen.
„Ich
habe Sie untersucht, um Ihren Gesundheitszustand diagnostizieren zu können. Sie
brauchen sich nicht zu beunruhigen. Während Sie schliefen, bekam ich all das
von Ihnen, was ich dazu benötigte. Ich warte nur die Laborergebnisse ab und
werde Sie anschließend über alles Notwendige informieren. Bedauerlicherweise
dürfen Sie noch keine feste Nahrung zu sich nehmen. Das tut mir leid. Deshalb
gab ich Ihnen vorerst diese Infusion hier, damit Sie uns nicht verhungern“,
sagte sie mit einem aufmunternden Lächeln, zeigte auf die mit Pflaster
festgeklebte
Weitere Kostenlose Bücher