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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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die Fahrzeugführer mit stundenlangen,
quälenden Verhören zu malträtieren. Ernste Kritik österreichischer
Lokalpolitiker wird bereits laut.
    Regierungsrat
Eduard Goldinger aus Graz äußert sein tiefstes Unbehagen und stellt provokativ
die Frage: „Ist der österreichische Steuerzahler für die Fahndung und
Ergreifung deutscher Krimineller, auf österreichischem Territorium, durch
österreichische Beamte, bezahlt aus österreichischen Steuertöpfen,
verantwortlich, und, ist er dafür steuerpflichtig zu machen? Es gibt doch bei
uns genug Interpolleute, die den ganzen lieben langen Tag nicht aus den Sesseln
hochkommen. Wieso wurden die nicht zu diesem fragwürdigen Unternehmen
angefordert? Und was das aller Schönste ist: Deutsche Kriminaler ermitteln in
unserem neutralen Österreich? Und das auch noch ohne die Bundesbehörde in Wien
zu informieren! Sind wir schon wieder die Ostmark für die? Wo hat es so etwas
jemals gegeben, außer im Dritten Reich?“
    Ein
Bäckerlehrling aus Innsbruck: „Ich zahle keinen einzigen Steuerschilling für
die arroganten Piefkes. Ich nicht!“
    Ein
Wiener Straßenmusikant: „Richtig frei ist ein Mensch nur, wenn er seine
Bedürfnisse befriedigen kann. Deswegen kam dieser Wegner in unser schönes
Österreich. Der weiß, was er will. Der will sich bei uns befriedigen.“
    Ein
Schreinermeister aus Salzburg: „Ich sag Ihnen was: Diejenigen, die nicht die
genügende Intelligenz aufbringen und trotzdem zu viel Geld kommen wollen,
sitzen alle in Wien.“
    Und
unser Bundeskanzler bringt es auf den Punkt: „Wir haben ein gegenseitiges
Abkommen. Dieses Abkommen beruht auf Gegenseitigkeit.“

34. Charlotte von Bentheim
     
    „Ich
verstehe Sie sehr, sehr gut, denn ich glaube, mir ist Ähnliches widerfahren.
Ende 1943 erhielt ich die Mitteilung, dass mein Mann verschollen sei. Wo und
wie, das stand nicht in der Nachricht. Sein letzter Brief kam aus Russland -
und plötzlich galt mein Mann als vermisst. Das erste, was ich tat, ich rannte
mit diesem Schreiben durch meine zerbombte Nachbarschaft. Doch niemand konnte
mir helfen. ‚Vermisst ist besser als tot, da können Sie wenigstens noch
hoffen‘, schluchzte eine junge Kriegerwitwe unter Tränen und zeigte mir ein
kleines Päckchen, das sie erst kürzlich erhalten hatte: Erkennungsmarke, einige
Wehrmachtsabzeichen und Auszeichnungen, der Ehering und ein ausgefülltes
Formblatt: ‚Unterfeldwebel Heinz K. . . . Heldentod . . . für Führer, Volk und
Vaterland . . . Heil Hitler.‘ Was hatte dieses Wort ‚vermisst‘ zu bedeuten, das
ja die Möglichkeit eines Todes irgendwie ausschließt. Wenn mein Mann also noch
lebte, warum schrieb er nicht? Trotz alledem, ich gab die Hoffnung nicht auf.
Und dann erhielt ich im September 1944 endlich ein paar Zeilen von ihm. Mich
machte stutzig, dass auf dem Kuvert eine holländische Briefmarke klebte. Es
ginge ihm gut, schrieb er. Er sei in Sicherheit und würde nach dem Krieg sofort
zu mir zurückkommen. Ich solle mir keine Sorgen machen, aber unbedingt mit
unserem Sohn die Stadt verlassen, um irgendwo auf dem Land bis zum Kriegsende
durchzuhalten. Er meinte, dieser totale Wahnsinn könne nicht mehr lange dauern,
weil Hitler am Ende sei. Ich wunderte mich über diese Worte und seinen
Sinneswandel, zumal er wenige Jahre zuvor ganz anders sprach. Auf alle Fälle
hatte er recht: Wir kapitulierten ein Dreivierteljahr später, doch mein Mann
kam nicht. Er kam auch nicht im nächsten Jahr, und im übernächsten. Als Konrad
Adenauer 1955 zu Chruschtschow nach Moskau fuhr, um die letzten zehntausend
deutschen Kriegsgefangenen nach Hause zu bringen, hatte ich immer noch die
Hoffnung meinen Mann lebend wiederzusehen. Ich lief mit meinem Jungen, wie
schon die Jahre zuvor, zum Bahnhof, und wir warteten Tage und warteten Nächte.
Und während wir mit all den andern hoffnungsvoll Wartenden schweigend
ausharrten, fiel mir das Frühjahr 1938 ein, als mein Bernhard vor seinem
Volksempfänger saß und mich flehentlichst um äußerste Ruhe bat.
    ‚Charlotte,
nun sei bitte still. Ich kann ja nichts verstehen, und hör mit deinem
Rührkuchen auf. Wir haben Österreich! Hast du das verstanden? Der Führer hat
Österreich mit unserem Reich vereinigt, Charlotte. Das ist der Anschluss!
Österreich existiert ab heute nicht mehr. Österreich heißt jetzt: die Ostmark,
das ist amtlich. Er fährt im offenen Wagen durch Wien, und das Volk jubelt ihm
zu, unserem Führer. Der Kommentator spricht von Millionen wedelnder

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