Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
setzte sich, die Lehne vor der Brust, verschränkte die Arme und sah Taheri beinahe väterlich an. Bassett beherrschte die Klaviatur des Verhörs und der Instrumentalisierung wie kein anderer. „Wie heißt du mit Vornamen?“
Taheri duckte sich unwillkürlich bei dieser Fragestellung. Was führte der Amerikaner nun wieder im Schilde? Taheris unsteter Blick traf Bassetts Augen, bevor er sich hinter dem Handtuch verbarg. „Ahmad. Ich heiße Ahmad. Was soll das, Mann?“
Bassetts Stimme hatte plötzlich eine nicht vermutete Milde. „Hör zu, Ahmad! Uns verbindet ein und dasselbe Ziel: Sander! Du willst ihn tot, ich will ihn lebendig! Er hat etwas, das für mich von unschätzbarem Wert ist! Also solltest du ihn auch lebendig wollen, damit die hübschen Dinge, die ich dir im Bad zeigte, nicht in die Hände deiner Kampfgefährten geraten. Wollen wir zusammenarbeiten und Freunde sein? Überleg es dir! Es ist deine einzige Chance, nicht als Verräter verstümmelt auf einer Deponie zu enden.“
In Taheris Hirn wütete ein Orkan, er nahm ihm jede Fähigkeit klaren Denkens. Nur eines war gewiß: Nie würde er diesem Amerikaner vertrauen! Und noch viel weniger sein Freund sein! Was wollte der von ihm? Wie sollte er sich verhalten? Was täten seine Kampfgefährten ihm an, einem Verräter? Wie sollte er jemals dieser fatalen Lage entkommen? Wie in Trance blickte er hinüber zum Schrank, sah die fleckig bleiche Haut seines Weggefährten, Brust und Bauch ein ekelerregendes Gemisch aus Stoff, Blut und Innereien, die Beine ausgestreckt inmitten der langsam von den Rändern her trocknenden Blutlache. Taheri schüttelte sich. Wie sollte er dieser Hoffnungslosigkeit entfliehen, ohne die Achtung seiner Gefährten und vor sich selbst zu verlieren? Es gab nur eine Option, und die hieß ‚Zeit gewinnen‘. Wenn er den Ausweg nicht fände, der Allmächtige würde ihn weisen! Irgendwann würde er den Klauen des Amerikaners entkommen, dann würde er dessen ungläubige Seele zerfetzen! „Dein Freund soll ich sein?“ Taheri sah Bassett mit festem Blick an. „Wie kann ich dir vertrauen?“
Bassett hatte die Wandlung beobachtet. Er wußte nur zu gut, daß hier ein Theaterstück improvisiert wurde – von beiden Seiten! Er setzte voraus, daß auch Taheri dies erkannte. In diesem Possenspiel zutiefst verfeindeter Kräfte lag jedoch die Chance der Instrumentalisierung. Genau die galt es zu nutzen! Es war wie in einem anspruchsvollen Computerspiel: Es würde der gewinnen, der zuerst die höchste Ebene erreicht hatte. Bassett liebte diese Spiele – in der Realität. Für Computerspiele hatte er nichts übrig.
„Ahmad, du kannst nicht – du mußt mir vertrauen! Es ist deine einzige Chance! Ich werde dir jetzt sagen, was du zu tun hast. Du wirst Janus‘ Anweisung befolgen. Und du wirst dich bei mir regelmäßig melden. Ich gebe dir gleich eine Telefonnummer. Dort wirst du jeden Freitag abends um acht Uhr anrufen. Das ist im Augenblick alles.“
Taheri starrte ihn verblüfft an. „Aber du sagtest doch selbst, daß du Sander lebendig willst! Wie kannst du gleichzeitig von mir verlangen, daß ich ihn töte?“
Bassett grinste dünnlippig. „Ich sagte, du sollst die Anweisung befolgen, nicht, daß du ihn töten sollst. Laß‘ alles andere meine Sorge sein!“ Taheri begriff nicht. Bassett betrachtete kritisch die Ratlosigkeit in Taheris Blick. „Denk daran – dort in der Tasche liegt dein Schicksal! Vergiß das nie!“
Bassett ging in den Nebenraum, nahm die Zeitung aus dem Papierkorb und schrieb eine Nummer auf deren Rand. Er riß sie heraus und gab sie Taheri. „Lerne sie auswendig! Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Übrigens, du kannst Dick zu mir sagen.“ Taheri verzog sein Gesicht zu einer verächtlichen Fratze. Bassett bemerkte es. „Du solltest zuvorkommender sein zu dem, in dessen Händen dein Leben liegt! Willst du zukünftig nett zu mir sein?“
Taheri sah in trotzig an. Nach sichtlicher Überwindung kam es über seine Lippen, kraftlos, unschlüssig: „Ja.“
„Ja, Dick!“
Taheri war am Ende. „Ja, Dick.“
Bassett grinste. „Siehst du, es ist gar nicht so schwer! Wir werden bald dicke Freunde sein, du wirst sehen!“ Taheris Blick sprach Bände. Bassett glaubte zu wissen, was der Iraner dachte. Er nahm sein Handy, drückte eine Kurzwahltaste. Es dauerte eine Weile, dann wurde am anderen Ende abgehoben. „Ihr könnt aufräumen.“ Er lauschte in das Handy. „Nein, nein – es ist nicht so schlimm wie in Zhob!
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