Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
wirst immer hübscher! Ich fürchte, ich muß bald das Jagdgewehr aus dem Schrank holen, um die jungen Burschen fernzuhalten!“
Jennifer schien zutiefst schockiert. „Sir!“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging rasch zur Küche. Sie lächelte. Es war bei jeder Rückkehr dasselbe Ritual.
Sarah wies in den Park. „Ist er nicht schön? Und dann das Wetter! Das haben wir nun schon zwei Wochen. Gestern war es unerträglich heiß. Sag‘, was ist passiert? Wieso kommst du jetzt schon? Vorgestern warst du im Fernsehen! Sie zeigten eine Aufzeichnung von der Grundsteinlegung eures Wasserkraftwerks und anschließend den Empfang des Präsidenten. Ganz Pakistan muß auf den Beinen gewesen sein. Sie sprachen von 15.000 geladenen Gästen!“
William lehnte sich zurück in den knisternden Sessel. Sein Blick verriet, wie sehr er diesen Ausblick genoß. Die Kinder hüpften unruhig um ihn herum. Er ergriff sie beide, drückte sie an sich. Er wußte, worauf sie warteten. „Natürlich habe ich euch etwas mitgebracht! Es ist im Rollkoffer. Fragt Elisabeth, sie wird es euch geben!“
Elisabeth war der gute Geist des Hauses, Alter unbestimmt, sie sah schon seit zwanzig Jahren so aus, als wäre sie sechzig. Die Kinder rannten schreiend ins Haus. William schaute Sarah an. „Wir haben Probleme mit dem Damm. Die physikalischen Werte des Zements entsprechen nicht den Garantiewerten. Ich war immer dagegen, chinesischen Zement zu nehmen. Aber das war eine politische Entscheidung, da ist man machtlos. Ich muß morgen in die Schweiz, um das Thema mit unseren Partnern zu diskutieren. Willst du mit?“
Sarah sah ihn einen Moment enttäuscht an. „Du bist morgen schon wieder weg? Ich würde gerne mitkommen, aber es geht nicht; das Turnier der Kinder steht bevor. Wann wirst du zurückkommen?“
William lümmelte sich tiefer in den Sessel. Er genoß es, zu Hause zu sein. „Spätestens in einer Woche bin ich wieder hier. Sobald wir die Berechnungen abgeschlossen und die Maßnahmen festgelegt haben!“ Er lächelte sie an. Im Sonnenlicht blitzten seine bernsteingelben Augen.
Datum und Uhrzeit unbekannt; Sulaiman Coal Mine
Ab jetzt krochen sie gleichzeitig, nur wenige Meter voneinander getrennt. Seit sie das Tageslicht gesehen hatten, spielte die Akkukapazität in ihren Gedanken nur noch eine untergeordnete Rolle. Sie hatten die alten Akkus gegen die neuen ausgetauscht, die alten in der Kaverne zurückgelassen, um Gewicht zu sparen. Auch die Atropinspritzen und Igors Schlitten mit den restlichen Wasserflaschen blieben unten. Jeder hatte nur noch eine Flasche am Mann. Die Seile führten sie mit, sie würden beim Ausstieg möglicherweise gebraucht. So erleichtert, kamen sie wesentlich rascher voran. Sie ignorierten die Schmerzen an Knien und Handflächen. Doch je höher sie krochen, desto gedrückter wurde ihre Stimmung. Sander, wie üblich voraus, hatte längst erkannt, daß ein schwergewichtiger Felsbrocken sich in dem Schacht verkeilt hatte. Schon aus dieser Entfernung war erkennbar, daß der unregelmäßig ausgebildete Spalt an seiner linken Seite nirgendwo ein Durchkommen gestattete. Sander wartete, bis der Russe zu ihm aufgeschlossen hatte. Er wies auf die Fluchtstollen, die vor mehr als 100 Jahren in regelmäßigen Abständen links in den Berg getrieben worden waren. Ihre Tiefe betrug allenfalls zwei Meter, bot jedoch ausreichend Schutz vor abgehendem Gestein. „Wir klettern bis zu dem obersten. Dann sehen wir weiter.“ Sander wartete eine Stellungnahme erst gar nicht ab. War es anfangs der Durst, so peinigte sie seit Beginn ihres Aufstiegs der Hunger. Sie mußten hier raus, und das bald!
„Vorsicht!“ Sander rief seine Warnung unter den Achseln hindurch. Er hatte die Stahllasche eines Schienenstoßes losgetreten, die etliche Meter den Schacht hinab schlitterte. „Paß auf, daß du nicht mit den Knien darauf kommst! Die geht ab wie geschmiert!“
Igor leuchtete den Schacht vor sich aus, bis er die Lasche ausgemacht hatte. „Ist OK!“ Weiter kämpften sie sich den Schacht hoch. Keuchend erreichten sie den letzten zugänglichen Fluchtstollen gut zehn Meter unterhalb des Felsbrockens. Sie krochen hinein, lehnten sich schwer atmend an die ‚talseitige‘ Wand.
Sander, dem der Blick auf den Felsen versperrt war, kletterte über den Russen hinweg. Er setzte sich auf den Absatz des Fluchtstollens. Während oberhalb des Brockens gleißende Helligkeit die Dunkelheit gewohnten Augen blendete, herrschte auf ihrer Seite nur
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