Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
Fisch gestunken. Hab ich gedacht, bloß raus, bloß keene Matrosen mehr. Aber hier? Was seh ich? Lauter Matrosen und Zuhälter.«
»Nöl uns nicht voll«, empfahl Rita. »Wir mögen das nicht.«
»Ach, ihr macht wohl nicht bloß so 'ne Weiberschau? Ihr tut wohl ooch privat ...«
»Jetzt zieh aber Leine«, unterbrach Rita. »Mach, dass du auf die Bühne kommst. Seferino quäkt schon die Ansage.«
»Na ja«, meinte Ilse beleidigt. Sie warf einen Blick in den Spiegel, ließ die Puderquaste einmal übers Gesicht kreisen. »Ihr seid ja was Besseres und wollt mit 'ner Rammeltante, wie ich eene bin, nischt zu tun haben. Aber einmal, da macht ooch ihr die Beene breit.«
Und fort war sie. Die Mädchen sahen einander betroffen an.
»Ob sie wohl recht hat?« fragte Silke nachdenklich.
»Vielleicht«, sann Rita nach. »Wenn mir einer fünf- oder sechshundert Mark hinlegt, ist es mir pieps. Dann leg ich mich hin.«
»Du hast 'ne Meise!«
»Was ist denn schon dabei?« fragte Rita. »Du machst die Augen zu und denkst an Ostern oder an Weihnachten, oder an das, was du dir für das Geld kaufen kannst. Und wenn du ihm noch heiß zuredest, dann geht das man flott. Ich kann mich noch an so 'n Bürschchen von der Uni erinnern. Mit dem war ich auf seiner Bude. Wir haben geknutscht und so. Und der hatte den Piepmatz noch nicht mal aus der Hose, da war schon alles vorbei.«
Silke musste lachen.
»Du siehst das ja wirklich nicht sehr eng.«
»Tu ich auch nicht«, erklärte Rita. »Halbe Nutten sind wir doch schon, oder nicht? Vielleicht sollten wir uns mal überlegen, ob wir Nägel mit Köpfen machen und eine gute Art finden, in das Geschäft einzusteigen.«
Rasch verging sie Zeit. Plötzlich stand Vera da. Sie war ganz aufgeregt.
»Los, raus!« sagte sie mit ihrer Zarah-Leander-Stimme. »Wie - was?«
»Raus auf die Bühne!« kommandierte sie. »Seferino hat euch gerade angesagt. Und denkt an das, was ich euch beigebracht habe.«
Plötzlich standen die Mädchen im Scheinwerferlicht. Vom Publikum war nichts zu sehen. Dort draußen war alles zunächst wie ein schwarzes Loch. Aber Silke und Rita wussten, es saßen eine Menge Leute in der Dunkelheit. Nur vage konnte man die Lämpchen auf den Tischen sehen, denn die Scheinwerfer blendeten grell.
»Los!« zischte Rita, denn die Musik, die ihren Showblock begleitete, klang auf.
Und dann versuchten sie ihr Bestes zu geben. Kein Laut drang aus dem Publikum. Erst als die beiden nackten Mädchenkörper wie erschöpft übereinander zusammenbrachen, als die Scheinwerfer erloschen, brach donnernder Applaus los.
»Bravo!«, schallte es und es ertönten Beifallspfiffe. »Einsame Spitze. Zugabe!«
Zugabe waren nicht vereinbart. Die Mädchen liefen eilig hinaus, denn sie hatten diese Schau noch öfter an diesem Abend zu absolvieren.
»Ihr wart gut«, war Veras Kommentar. Und bei ihrer Sparsamkeit mit dem Lob bedeutete das viel.
Es kam der zweite Teil der Aufgabe. Die Mädchen kehrten in anderen Kostümen ins Lokal zurück. Bei Vera lagen Anmeldungen vor. Es gab viele Gäste, die sich Silke und Rita an die Tische eingeladen hatten. So war die Zeit bis zum nächsten Auftritt prall ausgefüllt.
»Mir hat einer fünfhundert Mark für, na ja, weißt schon, angeboten«, sagte Rita. »Ich glaube, ich mach's.«
»Wart doch noch«, bat Silke. »Wenigstens bis morgen.«
»Also gut, bis morgen!«
Am anderen Tag ereignete sich in dieser Richtung nichts. Die beiden ehemaligen Studentinnen waren gefangen von ihrer neuen Arbeit, die ihnen auch großen Spaß machte.
Vera stand hinter der Bar und schien offensichtlich zufrieden zu sein. Sie lobte nicht. Aber es kam von ihr auch kein Tadel, und dies war bei Vera als ein gutes Zeichen zu betrachten.
Im allgemeinen kamen zwar alle Nummern, die das Programm brachte, recht gut an. Aber die von Silke und Rita war und blieb die Starnummer im Tremolino. Was die Gäste ungemein reizte, war die Tatsache, dass diese beiden Mädchen nicht zu einfach zu haben waren wie viele andere aus dem Milieu. Sie waren, je nach Wunsch und Laune der Gäste, spritzig charmant, vamphaft oder auch, wenn gewünscht, ein wenig ordinär. In diesem Punkt beherrschten sie ihr Handwerk.
Vera bezeichnete sie einmal als gute Anmacherinnen, und dies war wohl das beste Kompliment, das man aus dem Mund der schönen, geheimnisvollen Tschechin hören konnte.
Doch dann schlug jene Stunde Null, von der Rita gesprochen hatte. Es geschah an einem Sonnabend. Das Lokal war, wie
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