Das scharfe Duo ROTE LATERNE Band 10 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
schnalzen, ihm aufs Hinterteil klopfen und ihm ständig sagen, wie gut er in diesem lächerlichen Aufzug aussah.
Viel mehr Arbeit hatten sie nicht mit ihm. Es passierte alles innerhalb weniger Minuten, ohne dass sich eines der Mädchen nennenswert hätte verausgaben müssen.
»Es war toll«, sagte Hein und sank erschöpft zur Seite. »Wenn ich das nur mal mit Olga machen könnte. Aber Olgas Schlüpfer sind Zirkuszelte, und sie würde mich wohl rausschmeißen, sollte sie mich in meiner Reizwäsche ertappen.«
Das war sein Tick und er konnte ihn im häuslichen Bereich nicht ausleben. Nachdem er wieder in sein Höschen geschlüpft war, den Anzug angezogen und die Krawatte festgezurrt hatte, bedankte er sich noch einmal ganz förmlich. Ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle. Nichts mehr erinnerte daran, dass er in einer Weise ein Doppelleben führte.
»Ich werde wiederkommen«, versprach er. »Nur geht das nicht so oft, denn achthundert Mark sind schließlich keine Kleinigkeit.«
»Wenn du oft genug kommst, gibt es Mengenrabatt«, stellte ihm Rita grinsend in Aussicht und geleitete ihn zur Tür.
Hinterher wollten sich die Mädchen vor Lachen fast ausschütten. Derart Komisches hatten sie bisher noch nicht erlebt.
»Ich mache für heute Feierabend«, verkündete Silke. Es war kurz vor halb elf. Hein hatte sie beide ja nicht sehr lange beansprucht.
»Schon?« fragte Rita.
»Ich habe eine private Verabredung«, erklärte Silke.
»Na, wie schön!«
»Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?« fragte Silke.
»Blödsinn«, sagte Rita. Aber ein gutes Gefühl hatte sie nicht.
Günters Pinte war wie immer gerammelt voll. Silke reckte den Hals. Nach einer Weile hatte sie Hajo entdeckt. Sie schoss, wie von der Tarantel gestochen, auf ihn zu.
»Mensch, entschuldige!« rief sie. »Ich hatte in den letzten Tagen soviel zu tun. Ich war nicht zu Hause.«
»Ich habe es bemerkt«, gab Hajo zur Antwort.
»Bist du jetzt sauer auf mich?«
»Nein«, antwortete er. »Sauer nicht. Aber ...«
»Na, was denn dann?«
»Vielleicht enttäuscht«, sagte der junge Mann. »Ich weiß es nicht genau. Du hast mir allerhand verschwiegen.«
»Ich?«
»Natürlich du«, sagte er. »Du arbeitest als Dirne!«
Völlig entgeistert starrte ihn Silke an.
»Ja, aber woher ...?«
»Woher ich es weiß? Das ist doch unwichtig. Ich weiß es halt.« Seine Finger malten Kreise auf die Thekenplatte.
»Dann kann ich ja wohl wieder abdüsen«, meinte sie, wobei ihre Stimme traurig klang. Sie wandte sich zum Gehen.
»Nein, warte!«
»Wozu?« fragte Silke. »Ja, es stimmt, ich mache das seit einiger Zeit. Es würde ins Uferlose führen, dir zu erklären, warum ich es tue. Und es hätte wahrscheinlich gar keinen Zweck, denn du könntest es vermutlich gar nicht verstehen. Oder hast du vielleicht vor, hier als rettender Engel aufzutreten, mich aus dem Sündenpfuhl zu ziehen und mich wieder auf den Pfad eines sogenannten anständigen Lebens zurückzuführen?«
»Vielleicht.«
»Wie rührend von dir!«
»Sei nicht so bissig«, bat Hajo. »Vielleicht verstehe ich zu wenig davon. Vielleicht kann ich es wirklich nicht begreifen, weshalb ein Mädchen für ein paar Mark die Beine breitmacht.«
»Von wegen ein paar Mark«, sagte Silke. »Wir verdienen allerhand im Monat.«
»Wir?«
»Ja, 'ne Kollegin und ich«, sagte Silke. »Es ist jedenfalls immer noch besser, als nutzlos auf der Uni zu hocken und sich vom Gnadenbrot einer alten Tante zu ernähren. Ich bin deshalb nicht schlecht.«
»Das habe ich bemerkt, als ich mit dir zusammen war. Du hast allerhand drauf.«
»Berufserfahrung«, sagte sie frech und aufgekratzt. »Sei froh, dass du nicht bezahlen musstest.«
»Nun lass aber mal den Quatsch!« verbot er ernst. »Du hast immerhin von Liebe gesprochen. Kann eine Frau, die mit so vielen Männern ins Bett steigt, überhaupt Liebe empfinden?«
»Wahrscheinlich gerade deshalb«, antwortete Silke nachdenklich. »Das was ich mache, hat mit Liebe nichts zu tun. Ich habe es früher selbst nicht geglaubt. Aber es ist wahr: Du empfindest nichts dabei. Rein gar nichts. Du legst dich hin, machst die Augen zu und denkst an nichts. Nach einer Weile ist alles vorbei.«
»Das hört sich ja einfacher an als Kartoffelsalat mit Mayonnaise.«
»Ist es auch«, bekannte sie fast ein wenig trotzig und musste gerade in diesem Augenblick an Teresa denken. Was sie wohl machte, die spanische Dirne? Ob sie glücklich oder unglücklich war?
»Okay, lassen wir es«, sagte er.
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