Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
Vom Netzwerk:
seiner Frau nach Hause.
    Am andern Morgen war die Frau Saids früh an der Seriba des Räuberhauptmanns. Es waren schon viele Leute zusammengekommen und standen um das Haus. Sie banden ihren Schech los und sagten: »Wer tat das nur? Wie konnte das nur geschehen?« Der Räuberhauptmann sagte: »Das hat der Mann getan, dem ich gestern den Ochsen als Schaf abkaufte und der sich mit dem Ochsenschwanz gleich für eine ganze Herde bezahlen ließ.« Die Leute banden den Schech los. Der Schech war so zerschlagen, daß er kaum stehen konnte. Der Schech sagte: »Legt mich auf mein Angareb, und wenn ein Arzt vorbeikommt, ruft ihn herein und bittet ihn, nach mir zu sehen.« Die Frau Saids hörte das. Die Frau Saids ging heim und erzählte alles ihrem Manne.
    Said kaufte sich in aller Eile im Basar die Kleidung eines Arztes. Dann machte er sich auf den Weg und ging am Hause des Räuberhauptmanns vorbei. Said hörte den Räuberhauptmann im Hause wimmern. Er trat mit einem Gruß herein und sagte: »Ich hörte hier einen Menschen klagen, und da er nun anscheinend leidend ist, ich aber Arzt bin, so will ich ihm helfen.« Der Räuberhauptmann sagte: »Komm her und sieh nur meine Wunden und Striemen.« Said besah sie und sagte: »Ich sehe, die Sache will ernst behandelt sein. Ich will nach Hause gehen und Medikamente bereiten. Mit Dunkelheit will ich wieder hier sein und kann dich dann dem Wesen der Sache entsprechend behandeln.«
    Der Räuberhauptmann sagte: »Tu das, lieber Arzt. Wenn du mich so behandelst, wie es mein Zustand wünschenswert macht, will ich dich meinem Besitztum entsprechend bezahlen.« Said ging.
    Said ging nach Hause. Er band sich den Ochsenschwanz unter den Rock, nahm einige Flaschen mit sich und ging zu dem kranken Räuberhauptmann zurück. Er trat bei ihm ein und sagte: »So, nun will ich dich deinem Zustand entsprechend behandeln. Vorher aber erzähle mir, wie diese Striemen und Wunden entstanden, denn je nachdem ob sie durch Stock oder Schnur oder Peitsche oder Kette entstanden sind, muß ich das Heilmittel auswählen.« Der Räuberhauptmann sagte: »Ich hatte mit meinen Genossen einem armen Mann seinen Ochsen weggenommen und ihn nur als Schafbock mit vierzig Piastern und dem abgehackten Schwanz des Ochsen bezahlt. Da kam der Mann gestern abend, hing mich auf und schlug mir die Wunden mit dem Ochsenschwanz!« Said riß den Ochsenschwanz unter den Kleidern hervor und sagte: »Ist es der hier?« Der Räuberhauptmann schrie auf. Der Räuberhauptmann sagte: »Ja, das ist er! Jetzt erkenne ich dich! Laß mich! Laß mich!« Said aber begann den Räuberhauptmann mit festen Streichen zu behandeln und sagte: »Warte, mein Freund, erst will ich dich behandeln, wie es dein Zustand wünschenswert macht. Außerdem hast du gestern hinter mir hergeschimpft.« Der Räuberhauptmann schrie: »Laß mich! Laß mich! Ich habe ja deine Ochsenherde bezahlt. Laß mich! Laß mich!« Said schlug aber weiter auf den Räuberhauptmann und sagte: »Wenn du genügend behandelt bist, sage es, dann kannst du mich deinem Vermögen entsprechend bezahlen!« Der Räuberhauptmann riß den Schlüssel zur Truhe aus der Tasche und sagte: »Nimm deine Bezahlung und geh!« Said sagte: »Endlich kommst du zur Vernunft! Ich habe mich auch ganz müde gearbeitet. Wenn du nun still liegst, wird dir bald Gesundheit werden.« Dann band sich Said wieder den Ochsenschwanz unter den Rock, ging zur Truhe, öffnete sie, nahm einen Beutel mit Gold heraus und sagte: »So, mein Freund, nun wird dir leichter ums Herz werden.« Said ging. Als er aus der Türe herausgegangen war, rief der Räuberhauptmann Schimpfworte hinter ihm her. Said sagte: »Diesem Manne muß noch viel Blut abgezapft werden, ehe er gesund wird!«
    Said ging nach Hause, übergab seiner Frau das Gold zur Verwahrung und sagte: »Der Mann will morgen noch einmal mit mir sprechen. Gehe also in der Frühe hin und höre, was es gibt.«
    Am andern Morgen ging die Frau Saids schon früh zu dem Hause des Räuberhauptmanns. Seine Kameraden drängten sich um ihn und fragten: »Wer hat das nur wieder getan? Wie hat das nur wieder geschehen können?!« Der Räuberhauptmann sagte: »Der Mann, dem ich den Ochsen weggenommen habe, ist gestern als Arzt wiedergekommen und hat mich mehr geschlagen. Seht nur, daß keine Frau und kein Arzt wieder in meine Nähe kommen. Bringt mich auf meinem Bett draußen hinter dem Garten ins Freie und stellt mein Angareb unter den Palmen auf, wo kein Mensch außer den Hirten

Weitere Kostenlose Bücher