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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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lange, und dann nahm man Abschied.
    Der Freund verabschiedete sich am andern Tage vom Ehemann und sagte: »Ich würde unehrlich handeln, wenn ich noch länger bei dir und in der Nähe deiner Frau bliebe. Ich reise ab. Vergiß die kalten Sitzbäder nicht und glaube mir, daß in Zukunft alles einen guten Weg gehen wird.«
    Die Frau blickte nun alle Tage nach den Männern der Stadt, die ihr schön gewachsen und kräftig und sehr begehrenswert erschienen. Sie dachte bei sich: »Diese Sache mit den doppelten Eisengliedern ist sehr merkwürdig.« Die Männer der Stadt sahen überall der fremden Frau nach, bewunderten ihre Schönheit und sagten bei sich: »Diese Leidenschaft der Scherenanwendung ist sehr merkwürdig.« Am meisten brannte aber der freundliche Mann, in dessen Haus der Ehemann abgestiegen war, darauf, dieser schönen Frau einmal beizuliegen, und da er ihren Winken der nächste, sie außerdem in der Handhabung der Winke und Zeichen sehr geschickt war, so verabredeten sie eine geheime Zusammenkunft auf ihrem Lager für eine Stunde, in der der Ehemann in der Stadt zu tun hatte. Nun dachte der freundliche Mann bei sich: »Es wird gut sein, wenn ich mich gegen die Angriffe mit der Schere mit einem Messer bewaffne.« Er versteckte also unter seinem Kleid ein Messer, kam herüber und legte sich neben die schöne Frau auf das Angareb. Die schöne Frau aber dachte: »Es scheint mir sicherer zu untersuchen, ob nicht doch etwas Wahres an der Geschichte mit den beiden Eisengliedern ist.« Als der Mann sich ihr also auf dem Angareb näherte, strich sie möglichst vorsichtig unter seinen Kleidern entlang. Sie war schon ziemlich nahe an den Gegenstand ihrer Sehnsucht und Untersuchung gekommen, da stießen ihre silbernen Ringe gegen den Dolch, den der freundliche und vorsichtige Mann unter dem Kleide trug. Unwillkürlich berührte sie nun auch mit der Hand die Klinge des Messers und ritzte die Hand auf.
    Als der Mann das Klappern der Ringe hörte, schrie er auf. Als die Frau den Dolch berührte, schrie sie auf. Die Frau sprang entsetzt in den Winkel des Zimmers und zitterte. Der Mann raffte sein Kleid zusammen und rannte von dannen. Die Frau sah das Blut über ihre Hand rinnen und sagte bei sich: »Welcher Gefahr habe ich mich ausgesetzt! Es ist also doch wahr! Wie schrecklich, wenn die harten Eisenglieder dieses Mannes das zarte Erdreich meines Freudengartens aufgerissen hätten! Die Männer dieser Stadt sind fürchterlich!«
    Bald darauf kam ihr Mann nach Hause und sagte »So, meine Gattin, nun nimm einmal ein Bad in dem herrlichen Wasser dieser Stadt.«
    Abends kam der freundliche Mann in das Kaffeehaus. Er saß verstört unter den Männern und sah nicht freundlich aus. Die andern Männer sahen ihn. Sie rückten näher. Ein älterer Mann sagte endlich: »Sprich dich aus, Freund. Du bist so erschöpft! Was ist geschehen? Ist er abgeschnitten?« Der freundliche Mann sagte: »Nein, es ist nicht dazu gekommen. Die Schere klapperte. Da merkte ich es und sprang noch im letzten Augenblick weg!«

Die Rache des Ehemannes
    Kordofan
    Ein Mann hatte eine junge Frau geheiratet und das vor nicht langer Zeit. Da erschien ihm eines Nachts sein Vater im Traum und sagte ihm, er müsse nach Mekka pilgern. Am andern Morgen rüstete der Mann sogleich sein Gepäck, ging zu seiner Frau und sagte: »Meine junge Frau, mein Vater ist mir im Traum erschienen und hat mich aufgefordert, nach Mekka zu reisen; das will ich nun sogleich tun. Nun ist es sehr wohl möglich, daß du in den wenigen Tagen, die wir miteinander verheiratet sind, empfangen hast. Ich hoffe aber, wenn du das Kind ausgetragen hast, zurückzukehren, so daß ich zu der Zeit der Geburt dann in deiner Nähe bin. Wende dich aber immerhin, wenn du die ersten Anzeichen der Schwangerschaft wahrnimmst, an eine alte Frau, der ich den Auftrag geben werde, für dich zu sorgen.« Darauf nahm der junge Ehemann von seiner jungen Frau Abschied und trat seine Pilgerfahrt an.
    In der gleichen Stadt wohnte nun ein Muezzin, der täglich von dem Minarett der großen Moschee aus seiner Berufspflicht nachkam. Dieser Muezzin hatte die junge Frau gesehen, und er hatte auch aus dem Munde ihres Mannes gehört, daß dieser zu einer Pilgerfahrt nach Mekka abgereist sei. Der Muezzin sagte bei sich: »Diese junge Frau führt jetzt ein sehr stilles Leben und wird diese Stille um so schmerzlicher empfinden, als sie erst wenige Tage die Freuden der Ehe kennengelernt hat. Diese junge Frau ist aber so schön und gut

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