Das scharze Decameron
willst, soll es geschehen!« Die Junge sagte: »Ja, ich bitte dich! Und er soll auch schnell kommen, damit es nicht zu spät wird.« Die Alte sagte: »Ich will sogleich gehen. Wann soll der Muezzin kommen?« Die Junge sagte: »Bitte ihn herzukommen, sobald er Zeit hat.« Die Alte ging.
Die Alte kam zum Muezzin und sagte: »Geh nur schnell hinüber, mein Freund. Die junge Frau des Mekkapilgers bittet dich, nur ja recht schnell zu ihr zu kommen!« Der Muezzin bedankte sich bei der Alten und machte sich sogleich auf den Weg. Er kam zu der jungen Frau des Mekkapilgers. Die junge Frau begrüßte ihn und sagte: »Ich danke dir, daß du gekommen bist. Mein Mann hat mir ein unfertiges Kind zurückgelassen und ist nach Mekka gepilgert, ehe noch die Glieder angefangen waren. Ich habe dich bitten lassen hierherzukommen, damit du diese Arbeit, in der du sehr geschickt bist, zu Ende führst.« Der Muezzin sagte: »Ich will das gern ausführen.« Die junge Frau sagte: »Wie lange wirst du hierzu benötigen?« Der Muezzin sagte: »Man kann das nicht auf einmal machen. Denn ich will die Arbeit gut machen, zumal dein Mann auch für mich in Mekka betet.« Die junge Frau sagte: »Es ist gut. Fange nur schnell an, damit wir keine Zeit verlieren.« Der Muezzin sagte: »Es ist gut, lege dich nur gleich auf das Angareb. Ich will dann schon mit allen Kräften arbeiten.« Die junge Frau legte sich also auf das Angareb. Der Muezzin kam aber seinem Bedürfnis nach und erfüllte sein Versprechen, daß er mit allen Kräften arbeiten wolle, vollkommen, so daß die junge Frau über die Maßen zufrieden war. Als sie sich wieder von ihrem Angareb erhob, sagte sie: »Es ist wahr, du verstehst diese Arbeit wirklich besser als mein Mann. Komm nur recht häufig wieder und bleibe weiter so bei der Sache.« Der Muezzin sagte: »Ich verspreche dir dieses und hoffe, daß du mit der Sache immer gleich zufrieden sein wirst. Nur mußt du, wenn du besondere Wünsche hast, mir diese beizeiten sagen, so daß ich alle Maßnahmen immer im betreffenden Augenblick beobachten kann.« Die junge Frau sagte: »Wenn du so freundlich sein willst, für alles beizeiten Maßnahmen treffen zu wollen, so vergiß doch ja nicht, daß das Kind, wenn es ein Junge wird, ein gleich gutes Arbeitswerkzeug erhält wie du. Es würde mir leid tun, wenn es bei dem Kind so klein und schwächlich würde wie bei seinem Vater.« Der Muezzin sagte: »Alles das kann ich dir versprechen. Denn gerade in der Ausführung solcher Einzelheiten bin ich, wie ich glaube, geschickter als nur irgendein anderer Kinderarbeiter dieser Stadt.« Die junge Frau sagte: »Mußt du jetzt schon gehen oder könntest du noch ein wenig in der Sache weiterwirken?« Der Muezzin sagte: »Ich habe soeben den Mund des Kindes angebracht. Wenn du nicht zu ermüdet bist, so lege dich nur noch einmal hin; ich will dann die Nase einsetzen.« Die junge Frau sagte: »Ich bin ganz und gar nicht so müde, daß ich das Einsetzen der Nase nicht noch ertragen könnte, vielmehr scheint es mir, daß deine heftige Arbeitsweise mir mehr zusagt als die sanftere meines Mannes.« Damit legte die junge Frau sich noch einmal auf das Angareb, und der Muezzin setzte die Nase so stark an, daß die angehende Mutter bei der Wahrnehmung der geschickten Tätigkeit des Muezzin freudig stöhnte.
Von nun an kam der Muezzin so oft es ihm behagte zu der jungen Frau des Mekkapilgers, und diese war über seine emsige Arbeit ganz außerordentlich glücklich. Um sich nun aber ganz und ungeteilt der Tätigkeit bei der jungen Frau hingeben zu können, sandte der Muezzin seine eigene Frau, die auch noch jung, ihm aber gewohnter und deshalb gleichgültiger war, zu deren Eltern, damit sie diese für einige Monate besuche. Dann widmete er sich mit doppelter Kraft der jungen Frau des Mekkapilgers.
Inzwischen hatte der Mekkapilger seine Gebete verrichtet und kehrte eines Tages unerwartet nach Haus zurück. Als seine Frau ihn kommen sah, gewann sie es aber nicht über sich, ihn freundlich zu begrüßen. Vielmehr wandte sie dem eintretenden Gatten den Rücken zu und kümmerte sich nicht weiter um ihn, und als er sie dann nachher freundlich ansprach, ging sie ohne Antwort mit böser Miene von dannen. Der Mekkapilger sagte darauf bei sich: »Hier muß irgend etwas vorgefallen sein. Ich muß das erfahren.« Er sprach seine Frau bei der nächsten Gelegenheit wieder freundlich an. Sie aber wandte sich abermals mit schlimmer Miene ab und wollte von dannen gehen.
Der
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