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Das Schattenkind

Das Schattenkind

Titel: Das Schattenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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können nicht zurückkehren, und das ist wahrscheinlich auch ganz gut so. Ste l len Sie sich das Chaos auf Erden vor, wenn auch noch die Geister der Verstorbenen ins Geschehen eingreifen wollten."
    "Manchmal wäre es bestimmt ganz nützlich", bemerkte Laura und dachte an Samuel. Nach wie vor war sie überzeugt, daß ihr früherer Geliebter ermordet worden war. Aber wer hatte ihn umgebracht? Wer hatte an der Lenkung des Wagens manip u liert?
    Wer... Nein, es war besser, nicht darüber nachzudenken. Wie sie sich auch drehte und wendete, es kam immer nur ein Mann dafür in Frage, Jonathan.
    "Haben Sie noch immer Heimweh nach Ital i en?"
    "Selten."
    "Ich habe gesehen, daß Sie ab und zu Post von den Winslows e r halten." Jonathan griff in die Jackettasche und zog ein goldenes Zig a rettenetui heraus. Er nahm sich eine Zigarette und wollte sie anstecken. "Oh, ve r zeihen Sie", meinte er. "Darf ich?"
    "Natürlich", antwortete Laura. "Ich wußte gar nicht, daß Sie ra u chen."
    "Selten." Der Verwalter blickte auf die Zigarette. "Ich bin nicht d a von abhängig." Er lachte leise auf. "Mit zwölf habe ich meine erste Zigarette geraucht. Samuel erwischte mich dabei. Ich hatte ihn nie zuvor so wütend gesehen. Er drohte mir, es unseren Eltern zu sagen, wenn ich noch einmal wagen würde, eine Zigarette auch nur anzufa s sen."
    "Und haben Sie sich daran gehalten?"
    Wieder lachte er. "Nein, ich habe mich nur nicht mehr dabei erw i schen lassen." Jonathan drückte die Zigarette aus. "Miß Newman, warum sind Sie nach Thorburn Hall gekommen?" fragte er und ve r suchte, trotz der Dunkelheit in ihrem Gesicht zu lesen.
    Laura zuckte heftig zusammen. "Warum?" wiederholte sie, um Zeit zu gewinnen. Sie ertappte sich bei dem Wunsch, ihm alles zu gestehen, endlich darüber zu sprechen, daß sie Davids Mutter war. Aber sie durfte sich nicht von seiner Freundlichkeit einschläfern lassen, sie mußte auf der Hut sein. "Ich suchte eine Arbeit", fügte sie hinzu.
    "Manchmal frage ich mich, ob das wirklich Ihr einziges Motiv war", sagte Jonathan. Er sah sie noch immer an. Seine Augen schienen die Dunkelheit zu durchdri n gen.
    "Machen Sie sich über alle Ihre Angestellten soviel Gedanken, M i ster Thorburn?" fragte die junge Frau leise. "Ich wollte in England leben, und Mistress Winslow war so freundlich, mir ein Empfehlung s schreiben mitzug e ben."
    "Jedenfalls bin ich froh, daß Sie hier sind", gestand er. "David braucht Sie. Seit Sie sich um ihn kümmern, ist er wie verwandelt, kaum wiederzuerkennen."
    "Ich habe David sehr gerne."
    "Ich weiß."
    Die Luft zwischen ihnen schien von einem feurigen Knistern e r füllt. Laura spürte das heftige Verlangen, sich an Jonathans Schulter zu lehnen, ihm zu sagen, wieviel er ihr bedeutete. Sie konnte es kaum noch ertragen, ihm so nahe zu sein und gleic h zeitig so fern.
    "Ich sollte wieder hinuntergehen", meinte sie mit belegter Stimme. "Ich bin sehr müde."
    "Schade, ich hätte mich gerne noch etwas mit Ihnen unterhalten, Miß Newman." Jonathan brachte sie zur Tür. "Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Gute Nacht."
    "Gute Nacht, Mister Thorburn", erwiderte die junge Frau. Eilig stieg sie die Turmtreppe hinunter. Erst als sie fast ihr Ende erreicht hatte, wurde oben die Tür g e schlossen.
    Laura warf noch einen raschen Blick in Davids Zimmer, bevor sie ihr Bad aufsuchte und sich für die Nacht zurechtmachte. Das Gespräch mit Jonathan Thorburn hatte sie völlig aufgewühlt. Was war nur mit ihr los? Wie konnte sie sich zu einem Mann hingezogen fühlen, dem sie nicht über den Weg traute? Nie zuvor in ihrem Leben war sie so durc h einander g e wesen.
    Es dauerte lange, bis Laura in dieser Nacht Schlaf fand. Im Traum sah sie sich mit Jonathan den Klippenpfad zum Strand hinuntersteigen. Hoch über ihnen stand der Mond. Von irgendwoher klang leise, r o mantische Musik. Jonathan nahm sie in den Arm. Sie tanzten. Jeder ihrer Schritte wirbelte den Sand auf, bis sie völlig von ihm eingehüllt schienen.
    "Mommy!"
    Nein, Manuel, jetzt nicht, dachte sie und lehnte den Kopf gegen J o nathans Schulter. Sie fühlte sich unendlich geborgen. Alles, was sie während der vergangenen Wochen belastet hatte, fiel von ihr ab. Seine Hand strich sanft durch ihre blonden Haare. Er flüsterte ihr Koseworte zu.
    "Mommy!"
    Laura hob den Kopf. Erschrocken schrie sie auf. Jonathans Gesicht hatte sich in eine abstoßende Fratze verwandelt, seine Hände wirkten wie Klauen. Sie wollte fliehen, aber er hielt sie unerbittlich

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