Das Schattenreich von Morin
mein junger Freund, und lass endlich dieses Sie, nenn mich Landurin, hast du alles mitbekommen?«
»Nein«, antwortete Lorbo. »Die Tür ist zu dick.«
Landurin musterte den Jungen, der sich den Schlaf aus den Augen rieb, nein, er hatte gelauscht, aber nur Bruchstücke aufgeschnappt.
Es war schon später Nachmittag, als die drei immer noch im Wohnraum miteinander sprachen. Lorbo wollte von Landurin wissen: »Wie lange wird meine Ausbildung dauern?« »Mmmh, einige Monate, aber das wäre gelogen, Jahre, du wirst ein Leben lang lernen.
Mach dir jetzt darüber keine Gedanken, wie du ja mitbekommen hast, werden wir noch diese Nacht Besuch bekommen und sie werden dir über einiges zu berichten haben.
Du wirst Interessantes erfahren, Neues kennenlernen und so manche Nüsse zu knacken haben.«
Gotar stand auf und bereitete in der Küche den Abendtee und für den kommenden Besuch ein rustikales Mahl vor. Als Gardist und als Elb kannte er von früher die Geschmäcker von Elben, Menschen und Zwergen, bei den Zwelfs verließ er sich auf sein Gefühl.
Er schickte Lorbo auf die Jagd für einen Braten. Gotar hatte Lorbo schon seit frühester Kindheit in der Jagd unterrichtet, er sagte zu Lorbo: »Versuch es unten im kleinen Tal, dort habe ich vor neun Tagen ein Rudel Horsbo-Hirsche gesehen. Das wird sicher unseren Gästen munden.« Lorbo grinste und war sichtlich froh, sich ablenken zu können.
»Ach! Mein Pony!«
Lorbo überlegte, was er sagen sollte. Sein Vater sollte nicht unruhiger werden. Landurin winkte ab. »Ich werde Gotar alles über letzte Nacht berichten, viel Glück auf deiner Jagd.«
Noch bevor Gotar Fragen stellen konnte, verließ er schnell das Haus mit Landurin, insgeheim stellten sich viele Fragen, er hatte große Angst, Furcht vor dem, was ihm bevorstand, er weigerte sich noch immer sein Erbe anzunehmen, er, ein junger Bauer, sollte als Ausgewählter sich dem Dunklen entgegenstellen. Landurin nickte dem Jungen zu und meinte: »Es wird dir gut tun und dich ablenken.« »Mmh.« Etwas verdutzt fragte er leise: »Und was war das für ein Wesen gestern Nacht?«
»Dies braucht dich am Tage nicht zu beunruhigen, die Nächte sind es, wovor wir uns ängstigen sollten.«
Lorbo hatte sich für seinen Jagdausflug gut vorbereitet, wie er es von Gotar gelernt hatte. Er trug seine Sachen, einen scharfen Dolch, seinen von Hand geschnitzten Bogen, den Köcher mit Pfeilen bestückt und einen Lederumhang gegen die Nässe, das Wetter war wie zur Jahreszeit zu erwarten dampfig, nebelig und regnerisch.
Er verabschiedete sich mit einem Nicken und ging, Lorbo kannte sich auf den Inseln aus und wusste, dass er zu dem kleinen, bewaldeten Tal zirka eine halbe Stunde brauchte, im Dauerlauf, wie es bei Elben üblich war, erreichte er das Tal ziemlich schnell.
Er kannte die Stelle, von der Gotar ihm berichtet hatte, mit dem Finger prüfte er die Windrichtung, um sich nicht zu verraten, denn das Wild würde ihn sonst wittern. Als er die Böschung am Rande der kleinen Lichtung erreichte, robbte er an die Kante.
Spähend und suchend nach dem Wild verhielt er sich ruhig. Es dauerte nicht lange, als er eine Gruppe von Hirschen ausmachte, er überlegte, welches Tier er erlegen sollte. Nun, sein Besuch würde hungrig sein, dachte er und so entschied er sich für einen dreijährigen Bock, noch nicht ganz ausgewachsen, aber zartes Fleisch.
Lorbo hatte von Gotar gelernt, niemals weibliche Tiere zu schießen, sondern ausschließlich männliche Tiere. Die Elben verstanden es von je her, die Natur und ihre Umwelt zu ehren und zu achten, es gab Naturgesetze, die ein Elb achtete.
Um in eine vernünftige Schussposition zu kommen, robbte er sich duckend, schleichend an einen Wacholderbusch, der ihm genügend Deckung gab. Er nahm seinen Jagdbogen von der Schulter, spannte ihn und suchte einen Pfeil aus.
Diesen legte er in die Sehne und nahm den dreijährigen Spießbock ins Visier, ruhig atmend, wie es Gotar ihn gelehrt hatte, spannte er seine Muskeln, er hatte gelernt, dass es nicht auf Kraft ankam, sondern auf die innere Ruhe.
Lorbo schloss die Augen, beruhigte sich innerlich und nahm den Spießbock ins Ziel, er spannte den Bogen voll durch, schätzte mit geübtem Blick die Reichweite, etwa einhundert Fuß, und schoss den Pfeil ab. Lautlos und tödlich traf dieser den Bock, der mit einem Röcheln zusammenbrach, die anderen Hirsche in der Gruppe preschten aufgeschreckt zur Flucht auf.
Lorbo freute sich, dass er sein Ziel nicht
Weitere Kostenlose Bücher