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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Leben genommen hatte. Außerdem hatte er ein Stück Brot und Fleisch aus dem Speisezimmer für Mr. Pars’
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neben ihn gelegt, für die einsame Reise seines toten Geistes. Danach hatte er neben seiner toten Herrin gewacht und gewartet. Der Mond war untergegangen, und in der langen Zeit bis zur Dämmerung hatte er das Land der Träume durchstreift, in dem die Geister sich frei bewegen konnten. Sein Bapa war ihm erschienen und hatte ihn mit einer Freundlichkeit angesehen, die so nahrhaft war wie Zuckerrohr. Dann, sobald die ersten Sonnenstrahlen seine Augen berührten, hatte er eine große Erleichterung verspürt und war alsbald zu Füßen seiner Herrin eingeschlafen. Die beiden
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, die toten Seelen, waren frei. Alles war so geschehen, wie es sich gehörte.
     
    Mit einem Ruck wachte er auf und hörte ein Klopfen an der Haustür. Er sprang auf. Der Anblick seiner Herrin, die im sonnendurchfluteten Gemach lag, schmerzte seine Augen wie Bienenstiche. Er fühlte sich, als wäre er nach langer Verzauberung aufgewacht. Deutlich erinnerte er sich an Mr. Pars’ Gesicht, der ihn anbellte. Und er erinnerte sich, wie der große Mann rückwärtsgefallen und sein Körper so schwer wie ein Sack Reis aufgeschlagen war.
    Das Klopfen begann wieder. An diesem Ort wurden Meuchler mit einem geknoteten Seil um den Hals stranguliert, wenn sie einen weißen Mann töteten. Er schlich zum Fenster und sah eine junge Frau, die stumpf vor sich hinstarrte. Ein molliges und unruhiges Mädchen. Er band die Haare zu einem Zopf und schlüpfte in den goldenen Mantel, während er die Treppe nach unten polterte.
    Als er die Tür öffnete, redete das Mädchen sehr schnell in ihrer Sprache auf ihn ein. Dann bemerkte sie, dass er nichts verstand, und ging einfach an ihm vorbei. Loveday folgte ihr in die Küche, wo sie das Baby aus dem Korb hob, wo er es in der Nacht zurückgelassen hatte.
    Erinnerungen schossen wie
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durch seinen Kopf. Er hatte das Baby gerettet, und dann war er zum Fluss zurückgekehrt, um Biddy ins Haus zu tragen. Das war schwierig gewesen, denn seine Schulter hatte danach geschmerzt und er war verschwitzt und außer Atem gewesen. Trotzdem tat er es und spürte danach große Freude. Er trug Biddy nach oben und legte sie auf ihr schmales, weißes Bett. Sie atmete langsam, obwohl ihr Kopf eine blutige, eiförmige Beule hatte. Ihr Geist wanderte durch das große Nichts.
    Jetzt schürte er das Feuer und beobachtete verstohlen das Mädchen, das dem Baby die Brust gab, die so fett wie eine Papaya war.
    Als er neben Biddys Bett eine Tasse Tee abstellte, regte sie sich. Ihre Augen flogen auf, und sie berührte zaghaft ihre Kopfhaut und schrie leise, als sie die Beule berührte.
    «Danke», sagte sie heiser.
    «Mädchen komm, fütter Baby jetzt. Du aufsetzen, Tee trinken?»
    «Wo ist Mr. Pars?», flüsterte sie.
    «Er kein Problem für dich, Biddy. Er fort.»
    «Bist du dir da sicher? Was ist, wenn er zurückkommt?»
    «Er tot jetzt», erklärte er ihr. «Ich ihn in Erde gepflanzt, wo er Loch gegraben.»
    Sie nickte mit dem Kopf, wobei ihr Mund offen stand und sie ins Leere starrte. Er half ihr hoch, und obwohl sie bleich wie ein Glaswels war, erzählte sie ihm alles über die schreckliche Geburt seiner Herrin und Mr. Pars’ furchtbaren Angriff.
    «Danke», wiederholte sie. «Du hast mich gerettet.» Dieses Mal nahm sie seine Hand in ihre und drückte sie.
    «Du meine Freundin», sagte er, und sie nickte hastig, obwohl er sah, wie sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten wie ein vollgesogener Schwamm. Dann blickten ihre runden, feuchten Augen ihn direkt an.
    «Du musst ihn mit Erde bedecken, damit keiner ihn so sieht. Sonst kriegst du große Probleme. Er hat mir gesagt, er wolle einen Priester holen, um heute Ihre Ladyschaft zu bestatten. O Gott, ich weiß nicht, was ich noch glauben soll.» Sie bedeckte den Mund, als fürchtete sie sich vor den eigenen Worten. «Ich glaube, wir sollten so schnell wie möglich von hier verschwinden.»
    «Im Hafen Schiff nach Kochi», erzählte er ihr. «Ich gehe Kochi, dann finde anderes Schiff nach Batavia.»
    «Dafür danke ich Gott. Du musst dich beeilen.» Sie drückte wieder seine Hand, und es tat ihm in der Seele weh, diesen guten Menschen zurückzulassen. Sie war wirklich eine Perle in einem zerklüfteten Riff.
    «Ich frage und viele Schiffe nach Dover gehen. Du gehst England, meine Freundin?»
    Sie schüttelte den Kopf und verzog wieder das Gesicht. «Wenn ich heimkehre, weiß ich

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