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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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erkannte, eilte er wieder nach oben zu Biddy.
    «Jesmires Schrift. Ich schicke aus Livorno. Sagt, sie nicht kommt zurück.»
    Er war an Mr. Pars adressiert, aber Biddy öffnete ihn und las.
    «Sie erwartet ihren Lohn. Und sie schickt die Kutsche mit dem Kutscher zurück. Das könnte Schwierigkeiten machen.» Sie ließ den Brief sinken und starrte an die Zimmerdecke. «Lass mich nachdenken.» Schließlich bat sie: «Kannst du mir Tinte und Papier bringen, Mr. Loveday?» Gemeinsam setzten sie einen Brief auf. Biddy hockte im Bett und schrieb konzentriert mit gerunzelter Stirn, während Loveday sich die gezierten Phrasen aus all den Briefen ins Gedächtnis rief, die er heimlich gelesen hatte. Nachdem sie den Brief zum Trocknen hin und her gewedelt hatte, lasen beide das Resultat:
    Villa Ombrosa,
    11 . April 1773
    Liebe Miss Jesmire,
    ich gratuliere recht herzlich zur Erlangung einer so passenden Stellung und wünsche Euch alles Gute für die Zukunft. Anbei findt Ihr ein Zehnguineenstück in Papier gewickelt, das Euch für Eure Dienste hoffentlich angemessen entlohnt. Was die Kutsche angeht, steht es Euch frei, sie nach Euren Wünschen zu nutzen, denn Ihre Ladyschaft, die zu aller Zufriedenheit niedergekommen ist, hat das Angebot einer englischen Familie angenommen, mit ihnen zurück nach Dover zu reisen. Loveday ist auf Befehl von Mylady mit ihr zurückgereist und wird uns nicht mehr stören. Daher sollten wir die Villa einfach bei nächster Gelegenheit schließen und in aller Eile uns den neuen Gefährten anschließen.
    Euer Diener
    Humphrey Pars
    (Mr. Pars sendet Grüße, aber aufgrund eines Unfalls ist seine rechte Hand übel zugerichtet, weshalb er mich bat, für ihn auf Euren Brief zu antworten, den er mir diktierte. Biddy Leigh.)
    «Das sehr schlauer Brief», erklärte er Biddy. «Sie nie wieder herkommt, sie nie stellt Fragen.»
    «Ich hoffe nicht. Kannst du den Brief nach unten bringen und dem Boten sagen, er soll darauf besonders gut achten?» Sie hatte endlich wieder die gewohnt rosigen Wangen und bewegte sich etwas flinker.
    Erst als er zurückkam, erinnerte er sich an den zweiten Brief und die Handschrift darauf. Sein Herz galoppierte, als Biddy das Siegel brach und vorlas.
    7 . April 1773
    Liebstes Schwesterchen,
    ich schreibe dir, weil ich eine tolle Überraschung für dich habe – denn in diesem Moment warte ich in Marseille auf ein Schiff nach Italien.
    Biddy ließ den Brief sinken. «Marseille! Wie kann das sein?» Sie schnappte sich die Nachricht wieder und las schnell und atemlos weiter.
    Ja, Schwester, ich werde schon in vier Tagen bei dir sein. Der Kapitän versicherte mir, wir würden am Sonntag gegen Mittag in Livorno anlegen, und dann werde ich aller Voraussicht nach gegen Abend am Ostersonntag …
    «Du lieber Himmel, Kitt Tyrone ist unterwegs hierher!» Biddy warf den Kopf gegen das Kissen und zuckte zusammen, weil sie dabei an die Beule gekommen war. «Es ist doch nicht heute Ostersonntag? Er kann jeden Moment hier eintreffen. Wir werden hängen.» Sie begann, sich aus dem Bett zu quälen. Doch ihre Bewegungen waren noch sehr ungelenk.
    «Du gehst jetzt? Zurück nach England?», fragte er.
    «Vielleicht.» Sie griff sich an den Kopf und sank zurück aufs Bett. «Gott steh mir bei. Ich kann gar nicht mehr klar denken. Tu nur noch eins für mich, mein Freund.»
    Er verneigte sich.
    «Nimm mir wenigstens die Sorge um dich.» Sie schaute ihn mit diesen blassen, runden Augen an, vor denen er sich einst gefürchtet hatte. Die Augen weißer Menschen konnten die Seele durchbohren, das hatten die Ältesten in Lamahona immer erzählt. Es stimmte, meinte er, aber statt Zerstörung lag in Biddys Blick eine ernsthafte Zuneigung, der er gehorchen musste. «Ich flehe dich an, geh jetzt. Ich werde dir bald folgen. Es ist besser, wenn wir nicht zusammen reisen.»
     
    Das Pferd war noch immer an den Baum neben dem Tor gebunden. Loveday führte es zum Fluss und ließ es trinken. Das Gluckern und Gurgeln des Wassers belebte ihn. Der richtige Moment war schließlich gekommen, und ab sofort war er wie dieser Fluss: Er ruhte nicht, er schlief nicht. Die Sonne sank bereits wieder; die Mittagsstunde war vorbei, und Mr. Kitts Ankunft rückte näher. Biddy hatte Loveday schäbige Arbeiterkleidung mitgegeben und einen breitkrempigen Strohhut. Er spürte das schimmernde Glück, das die vier Goldmünzen verströmten. Er stieg aufs Pferd und machte sich auf den Weg zur Küste.
    Er war nur wenige hundert Schritt

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