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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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knopfäugige Eidechse beobachtete. Eines Abends, als ich ein Tablett mit gutem englischem Tee zu meiner Herrin hochtragen wollte, verstellte sie mir auf der Treppe den Weg.
    «Was ist das? Ich habe Mylady bereits den Beinwelltee gebracht», meckerte sie. «Ich nehme an, das willst du wohl selber trinken? Wir sehen doch alle, wie du dich ständig aus der Teebüchse bedienst.»
    «Das ist eine Lüge», sagte ich. Inzwischen war ich dieses Weib gründlich leid. Irgendwelche Kleinigkeiten missglückten mir immer wieder: Die Frühstücksbrötchen landeten in der Aschepfanne, und frische Eier wurden zerdrückt. Es war eigentlich nichts, aber ich hatte so meine Vermutungen, wieso das passierte, und sie hatten vor allem mit ihr zu tun.
    «Ich weiß genau, was du planst», zischte sie mir zu. Sie stand auf der Stufe über mir und trug dieses besserwisserische Lächeln einer sauertöpfischen Kröte zur Schau.
    «Ach ja? Und was soll das sein?»
    «Du erschleichst dir ihr Vertrauen», behauptete sie. «Mr. Pars und ich beobachten jeden deiner Schritte.»
    «Dann wird sich zeigen, dass ich unschuldig bin.»
    «Du?», johlte sie. «Ich durchschaue deine Tricks. Du versuchst, ihre Freundin zu werden. Irgendwas hast du doch vor, das weiß ich ganz genau!»
    Obwohl ich sie anstarrte, als wäre sie just aus der Irrenanstalt in Bedlam entflohen, konnte ich doch nichts darauf erwidern. In nur wenigen Wochen würden sie ja sehen, dass ich in Wahrheit die Puppe meiner Herrin war, die nach ihrer Pfeife tanzte.
     
    Endlich kam der schreckliche Tag. Wir erreichten Montecchino, das in der Nähe des gräflichen Anwesens lag. Meine Herrin warf nur einen Blick auf das überfüllte Gasthaus neben der Poststation und rief durch das Kutschenfenster Mr. Pars zu, er müsse vor den Toren der Stadt eine Unterkunft für uns suchen. Das Haus, das wir fanden, war feucht und voller Spinnweben, und die Wirtin war eine verdreckte Kreatur mit buschigen Brauen. Dennoch nahmen wir dort Quartier, denn es gab genug Platz, und wir waren unter uns. Andere Gäste waren kaum zu erwarten. Ich betete nur, dass diese elende Maskerade bald vorbei sein würde. Deshalb freute ich mich, als meine Herrin verkündete, sie habe unverzüglich dem Conte geschrieben. Ich sah, wie Mr. Loveday mit dem Brief verschwand. Auf einer grauen Stute trabte er über die kurvige Straße zwischen den Feldern davon. Die Sonne, die Blüten, der Frühling, die Schönheit Italiens – das alles schien mir Vorwürfe zu machen.
    Erst nach Sonnenuntergang kehrte Mr. Loveday zurück. Er traf sich mit mir im Hof, unter einem baufälligen Vordach. Er schob mir den Brief in die Hände, und ungeschickt öffnete ich ihn. Zu meinem Missfallen war dieser komische Conte weder spontan erkrankt, noch war er tot umgefallen. Er erwartete tatsächlich mein Eintreffen.
    «Meine liebste Carinna»
, las ich laut vor.
    Ich bin äußerst verzückt, Euch in den Räumlichkeiten meines bescheidenen Heims zu begrüßen. Mein liebes Mädchen, ich habe mich schon lange auf die Gelegenheit für ein Treffen gefreut, denn Euer liebevoller Onkel sprach oft von Euren Reizen. Carinna, meine Liebe, bitte verschwendet keinen Gedanken daran, Euch in die Villa Eures Onkels zurückzuziehen, die schon seit langem verlassen ist. Zu jeder Tages- und Nachtzeit werde ich Euch mit Freuden die luxuriösen Annehmlichkeiten meines eigenen Anwesens zur Verfügung stellen. Ich flehe Euch an, nehmt mich beim Wort und kommt her, solange meine Diener die Villa für die Ansprüche einer Lady von Eurem Rang und Titel herrichten. Bitte kommt morgen um zwei Uhr. Auf diese Stunde freue ich mich nun. Euer liebevoller Freund Carlo
    Es war sogar schlimmer, als ich vermutet hatte. Der Mann verstand sich besser auf die englische Sprache als jeder Einzelne von uns. Besser vor allem als ich! Und dieses blumige Gerede! Bei Gottes Dornenkrone, er konnte einen Brief aufsetzen, der nach Rosen roch, so gut war er. Mein Magen krampfte sich zusammen.
    «Ich kann das nicht machen», sagte ich und schlug die Hand vor den Mund. Dann wandte ich mich an meinen Freund. «Ob wir nicht sofort zum Hafen von Livorno durchbrennen sollten, Mr. Loveday? Ich hab noch eine ganze Goldguinee, mit der wir jemanden bestechen können.»
    «Aber wohin dann mit uns?» Der arme Kerl wirkte verängstigt. «Vielleicht Mörder fängt mich und hängt meinen Hals auf.»
    «Sei doch nicht dumm. Du kannst heim auf deine Insel. Und ich könnte …» Ich zerbrach mir den Kopf darüber und

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