Das Schicksal der Paladine - Gejagt (German Edition)
wunderschöne Ort nun von den Vanamiri verlassen werden. Er seufzte, eine weitere Bürde für seine schmalen Schultern. »Gehen wir,« sagte er leise und sah Noldan an. »Welche Richtung?«
Noldan ging voran. Gleichzeitig setzten sich auch all ihre Doppelgänger mit starren Gesichtern in Bewegung. Sie liefen dicht beieinander als eine große Gruppe, so nah, dass Tristan von einer der Illusionen berührt wurde. Aber die Hand glitt einfach durch ihn hindurch.
Wenn man genau hinsah, waren nicht nur die Gesichter der Doppelgänger unvollkommen. Die Füße schwebten manchmal ein wenig über dem Boden oder versanken darin und die Bewegungen waren seltsam abgehackt und hölzern. Doch für jemanden der die Gruppe aus der Entfernung beobachtete, wie es jetzt womöglich der Adept oder seine Schergen taten, waren sie wohl nicht auseinanderzuhalten.
Ein Trio bog unvermittelt nach links ab, wenig später ein anderes nach rechts und schließlich wies Noldan seine beiden Begleiter mit einer unauffälligen Geste an, sich halb rechts zu halten, während die zwei letzten Illusionen-Trios weiter geradeaus liefen. Nach kurzer Zeit waren sie allein und ließen die Stadt hinter sich.
Es ging leicht bergan und die Sonne stand fast direkt hinter ihnen, also gingen sie nach Westen. Doch wohin genau? Er fragte Noldan danach.
Der zögerte einen Moment, ehe er antwortete. »Ich weiß es nicht«, gestand er schließlich. »Aber Westen ist die einzige Möglichkeit. Im Osten liegt die Schlucht, die die Lava vom Vulkan ableitet, im Süden ist das Meer, im Norden stehen die Schergen des Adepten.«
Tristan runzelte die Stirn. »Also laufen wir aufs Geratewohl einfach mal los?«
Noldan nickte. »Aber ich denke es wäre klug nach einer Weile gen Norden zu ziehen, wenn wir die Flanke des Iphigon hinter uns gelassen haben.«
Bei der Erwähnung des Berges sah Tristan zum Vulkan empor. Der Ausbruch schien vorüber. Dampf stieg noch aus dem Schlot, aber soweit er das sehen konnte, trat keine Lava mehr aus. »Was liegt denn im Westen?«, fragte er dann.
»Nurasi-Land«, erwiderte Noldan knapp.
Nurasi? Tristan meinte, den Namen schon einmal gehört zu haben. Richtig, als sie die Blasrohrpfeile im Tal der Paladine gefunden hatten. »Die Katzenfrauen?«
Noldan wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment schallte der Klang eines Horns zu ihnen herüber. Die Köpfe der beiden Vanamiri schossen gleichzeitig in eine Richtung, während Tristan Schwierigkeiten hatte zu orten, woher der Ton kam.
»Das war nah«, sagte Norwur leise.
»Sehr nah«, verbesserte Noldan. »Kommt.« Er verfiel in einen schnellen Trab und zog Tristan mit sich. »Ich fürchte, sie haben die Scharade durchschaut.«
»Sie wissen, wo wir sind?«, fragte Tristan entsetzt.
Der Vanamiri nickte. Die Jagd auf sie war eröffnet.
Martin war schon ganz steif, so lange lag er nun schon starr auf der Böschung. Die Wolfsmenschen waren ein Stück vorgerückt und ihnen gefährlich nahe gekommen, zehn, vielleicht fünfzehn Meter entfernt. Martin hatte Katmar zu den anderen geschickt, sodass die Gruppe Bescheid wusste und sich ruhig verhielt. Trotzdem war Martin angespannt, er wusste um die guten Ohren der Wolfsmenschen. Ein unbedachtes Geräusch und die Meute würde auf sie aufmerksam werden. Weiterzuziehen war unter diesen Umständen undenkbar, und es waren zu viele Wolfsmenschen, um es mit ihnen aufzunehmen.
Mit dem Hornstoß hatte der Angriff auf die Stadt wieder begonnen, der Schlachtenlärm war nicht zu überhören. Doch die Wolfsmenschen machten keine Anstalten, sich an dem Angriff zu beteiligen. Worauf warteten sie? Fürchteten sie sich noch immer vor dem Vulkan? Aber auch der Trupp Oger lungerte noch immer in der Nähe herum.
Martin verzog den Mund, die Zeit wurde knapp. Der Adept Nergal war sicher nicht dumm. Wenn er bemerkte, dass keine Schilde oder Kampfzauber gegen die angreifenden Oger eingesetzt wurden, würde er bestimmt schnell dahinter kommen, dass die Paladjur geflohen waren und nach ihnen suchen lassen. Sollte dabei nach der Einnahme der Stadt ein Trupp über die Straße nach Norden kommen, die genau am gegenüberliegenden Ufer verlief, waren sie verloren. Von dort aus gesehen saßen sie an der Böschung gut sichtbar wie auf dem Präsentierteller.
Das Horn dröhnte wieder durch den Talkessel und bei den Wolfsmenschen tat sich etwas. Es wurde laut gefaucht und geknurrt, und als Martin über die Böschung linste, konnte er sehen, dass es offensichtlich Streit im Rudel
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