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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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rund um Vraccastrotz quollen Rauchfahnen. Die menschlichen Bewohner Morgentals hatten sich vor der Kälte in ihre warmen vier Wände zurückgezogen. Er ließ sie gewähren. Im Augenblick gab es keine Frondienste für ihn zu erledigen.
    Das Reißen von Stoff unmittelbar in seinem Rücken, das er deutlich trotz der Fahrtgeräusche und des Donnerns der Hufe vernahm, weckte seine Aufmerksamkeit. Hargorin drehte den Kopf und sah nach dem Sack, der durch das Gewicht seiner Ladung gerissen war. Er wollte nicht, dass auch nur eine Münze zu Boden fiel. Alles, was vom Zehnten fehlte, musste er aus eigenem Säckel begleichen, und das ging gegen seine zwergische Natur.
    Umso überraschter war er, als eine Armbrustbolzenspitze aus dem Sack ragte, der sich genau in seinem Rücken befand.
    »Schau wieder nach vorn und bieg auf den Pfad zum Wald ein«, befahl eine Frauenstimme.
    Hargorin dachte gar nicht daran, ansatzlos warf er sich nach rechts. Es sirrte beinahe gleichzeitig, und er spürte einen dumpfen Schlag in der linken Schulter. Erst ein, zwei Lidschläge später nahm er den Schmerz wahr.
    Der Zwerg kauerte nun am äußeren Rahmen des Wagens und war damit sicher vor weiteren Schüssen. Die Pferde hatten sich durch seine schnellen Bewegungen und die Geräusche erschrocken, die Zügel schleiften durch den Schnee, und sie und trabten mit lautem Wiehern los.
    Rücksichtslos drängten sie sich durch die Ponys vor ihnen, liefen Kurven und brachten den Wagen zum Schlingern. Dabei änderten sie die Richtung und hielten geradewegs auf das Wäldchen zu, wie es die Frau von Hargorin verlangt hatte.
    Die Dritten, die unmittelbar neben ihm ritten, sahen ihn alarmiert an und gaben ihren Ponys die Sporen, um mit den durchgegangenen Pferden überhaupt mithalten zu können. Der blutige Schaft, der aus Hargorins Rücken ragte, zeigte ihnen, dass es sich bei seinem Sprung vom Bock nicht um ein bloßes Missgeschick handelte. »Aufrührer!«, rief er und hangelte sich seitlich am Wagen entlang. »Mindestens einer.« Trotz seiner Schmerzen schwang er sich auf die hintere Ladefläche, landete sicher auf einer Truhe und zog sein langstieliges Beil; gleich darauf trieb er es mit Wucht schräg in den Sack, in dem er die Frau vermutete.
    Zwei Zwerge versuchten in der Zwischenzeit, sich mit ihren Ponys vor die Pferde zu setzen und das Geschirr zu greifen, aber die Geschwindigkeit war zu hoch. Einer nach dem anderen aus der Schwarzen Schwadron fiel zurück; unterdessen rumpelte das Gefährt weiter auf das Wäldchen zu. Hargorin war allein.
    Die Beilklinge hackte in etwas Hartes, und ein gedämpftes Stöhnen war zu hören. Der Sack kippte nach vorn; umgeben von Silbermünzen und Holztrümmern, fiel eine junge blonde Frau auf den Boden. Der Zwerg mutmaßte, dass sie mit dem Holz die Füllung des Sacks nachgeahmt und einen Hohlraum für die Schützin geschaffen hatten. Hargorin erkannte sie sofort. »Mallenia«, schnaufte er zufrieden. »Also haben sich die Schwarzaugen nicht umsonst nach Hangenturm begeben. Du warst dort!« Er drosch zu, doch sie wälzte sich seitwärts. Die Klinge fuhr dicht neben ihr nieder. Mallenia, Nachfahrin des berühmten Helden Prinz Mallen von Idoslän, trat nach dem Dritten und traf ihn gegen die Brust. »Ich werde die Albae eines Umlaufs töten, wie ich dich heute endlich töte, Hargorin!«, rief sie. »Freiheit für Idoslän, Gauragar und Urgon!«
    Der Zwerg stürzte rücklings auf einen weiteren Sack, der Armbrustbolzen bohrte sich tiefer in sein Fleisch und drückte sich vorne durch; das Kettenhemd beulte sich aus. Er spürte deutlich, dass etwas im Gelenk durchtrennt worden war; aufstöhnend ließ er den Arm herabhängen.
    »Die Dritten und die Albae haben keine Gnade von mir zu erwarten«, sagte sie aufgebracht. »Zu viel Leid kam durch euch.«
    Die Kiste, auf der er eben noch gestanden hatte, klappte auf, und ein Vermummter kam in einer Explosion aus Münzen zum Vorschein. Er hielt einen Säbel in der Hand und legte die Schneide an den Hals des Dritten. »Bleib!«, befahl er.
    »Feigling!«, spie Hargorin aus. »Habe wenigstens den Mut und zeige dein Gesicht wie die Mörderin hier.«»Wer gegen Unterdrückung kämpft und Besatzer tötet, vollbringt ein gutes Werk, Zwergenabschaum! Ihr seid die Mörder!« Mallenia sah durch den aufgewirbelten Schnee zur Schwarzen Schwadron, welche die Verfolgung noch lange nicht aufgegeben hatte. Die Dritten gaben niemals auf, und schon gar nicht die Eliteeinheit der Begehrer. Diese

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