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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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einem Wurf in dessen Hals getrieben. Mehr als ein Röcheln gelang dem Hünen nicht mehr. Er knickte ein, sank auf den Stein und ließ das Schwert fallen.
    »Du musst schon deutlicher sprechen, Yagur. So verstehe ich dich nicht.« Tungdil betrachtete den Sterbenden mitleidslos.
    Die Tür wurde aufgerissen und drei weitere vermummte Ubariu drangen mit Waffen in den Händen in die Kammer ein.
    Der Zwerg senkte den Kopf, und ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen. Schwarze, strichdünne Adern tauchten wie aus dem Nichts um die Augenklappe auf und schnellten spinnennetzartig über sein ganzes Gesicht. »Lasst mich raten: Ich seid hier, um mich zu befragen«, grollte er. Zwei Runen glommen in seiner Panzerung auf und warfen ihren goldenen Schein auf die Angreifer. »Lasst hören. Aber hütet euch vor meinen Antworten!«
    Die Ubariu blieben stehen da erklang das Signalhorn und ließ eine gefürchtete Melodie ertönen: Scheusale drangen aus der Schwarzen Schlucht, um zu vollenden, was die erste Welle der Angreifer nicht erreicht hatte.
    Tungdil richtete sich auf, und in seinem Gesicht stand maßlose Überheblichkeit. »Ich lasse euch die Wahl: Möchtet ihr in meiner Kammer oder draußen auf dem Schlachtfeld sterben?«

IV
    Das Geborgene Land, das einstige Königinnenreich Weyurn, Stadt Mifurdania, 6491. Sonnenzyklus, Winter.
    Coira eilte von Schatten zu Schatten. Sie wählte stets die kleinsten Gässchen der Stadt, um den Orkwachen aus dem Weg zu gehen. Die Kreaturen wagten sich dort nicht hinein, weil sie in der Enge zwischen den Häusern nur hintereinander laufen konnten. Der bestmögliche Ort für einen Hinterhalt gegen starke, übermächtige und verhasste Krieger!
    Man hatte die Suche nach ihr zwar aufgegeben, weil man sie schon längst wieder in ihrem Palast auf der Insel Seenstolz vermutete, aber die Lohasbrander ließen ihre hochgerüsteten Orks weiterhin umhermarschieren, um den Einwohnern die Stärke des Drachen zu zeigen und sie einzuschüchtern. Denn die Lage in Mifurdania war angespannt. Das Spektakel um den würdigsten Nachfahren des Unglaublichen Rodarios hatte viele Besucher angelockt, und somit hielten sich noch mehr Menschen als sonst innerhalb der Mauern auf. Gleichzeitig saß der berühmte und vom Volk geliebte Freiheitskämpfer in Haft, der Morde an den verhassten Besatzern verübt hatte und die Flamme des Aufstands schürte, wann immer es vermochte. Sogar jetzt, aus dem Kerker heraus, versprach er den Menschen bessere Zeiten, wie die jüngst aufgetauchten Schriften bewiesen. Eine gefährliche Konstellation.
    Es rumorte in den Wirtshäusern. Das Gerücht von seiner bevorstehenden Befreiung wanderte durch die Straßen.
    Keiner der Erzähler, der bei Bier und Wein mit gesenkter Stimme davon redete, ahnte, dass Coira aus dem Gemunkel eine Wahrheit werden lassen wollte. Der Held durfte seinen Kopf nicht verlieren.
    Die junge Frau wusste, dass sie nicht selbstlos handelte, wenn sie Rodario den Unerreichbaren aus der Zelle befreite.Endlich bekam sie Gelegenheit, mit dem Mann zu sprechen, den sie verehrte. Wegen seines Muts und seiner Poesie. Und dazu sah er noch blendend aus, besaß Witz und Charme. Ihr Herz klopfte daher aus verschiedenen Gründen schneller als sonst. Die Aufregung vor dem bevorstehenden Angriff auf das Gefängnis war lediglich einer davon.
    Coira näherte sich dem schlanken, sehr hohen Turm am Osttor der Stadt, in dem die Verbrecher einsaßen, die gegen die Gesetze des Drachen verstoßen hatten. Weil es in den letzten Zyklen immer mehr geworden waren, die sich etwas zuschulden hatten kommen lassen, war der Bau nach oben erweitert worden. Das hatte ihm den Namen »Schilfrohr« eingebracht. Wenn der Wind stark wehte, begann er zu schwingen, gelegentlich verloren die Zinnen Steine, die Löcher in die Dächer der umstehenden Häuser schlugen. Wer in den obersten Stockwerken saß, hatte mit dem Leben abgeschlossen.
    Coira atmete tief ein und blickte in die Höhe. Vermutlich saß der Unerreichbare ganz oben. Sie müsste sich durch die Stockwerke kämpfen und darauf achten, dass niemand Alarm schlug, sonst könnte ihr Vorhaben zu ihrem eigenen Tod führen. Ihre magischen Fertigkeiten vermochten einiges auszurichten, doch die Kraft reichte immer nur für ein paar Zauber, danach musste sie in der Quelle nahe dem Palast neue Energie schöpfen. Das machte eine Maga wie sie besiegbar.
    »Es müsste eine Quelle zum Umhertragen geben«, murmelte sie und eilte geduckt auf den Eingang des Turms

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