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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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spürte ein flaues Gefühl im Magen, Übelkeit breitete sich aus. »Wir sahen Muster im Schnee rund um die Mauern und ein rötliches Glitzern, das die gesamte Stadt überzog. Alles, was ihr euch vorstellen könnt, war mit einer Schicht aus gefrorenem Blut überzogen. Rotes Eis, überall!« Sie sah die fürchterlich gestalteten Gassen von Tareniaborn genau vor sich. »Auf dem Marktplatz hatten sie die Herzen der Einwohner mit Silberstangen und drahten durchbohrt, diese miteinander verflochten und daraus einen riesigen Baum gestaltet: die Herzen der Erwachsenen zierten den Stamm, die Kinderherzen die kleinen Zweige und Äste, und als Früchte hatten sie die Köpfe der Säuglinge daran aufgehängt.«
    Sie musste schweigen, da der Baum vor ihrem inneren Auge mit all seinen Feinheiten entstand. Mit den vielen verschiedenfarbigen Haarbüscheln, die als Laubersatz gedient und das Werk noch unfassbarer gemacht hatten ...
    Mallenia erblickte das Entsetzen in den Augen der Männer und Frauen um sich herum. »Seid froh, dass euch dieser Ansicht erspart geblieben ist«, fügte sie leise hinzu. »Auf den Feldern um Tareniaborn hatten sie die Leichen ausgeweidet und die Gebeine dazu verwendet, ein gewaltiges Zeichen auf dem Boden zu formen, in dessen Mittelpunkt die Stadt lag. Es mag einem ihrer Gottheiten gewidmet gewesen sein, ich weiß es nicht. Doch es war von solch ergreifender Besonderheit, dass man es betrachten musste und in seinem fürchterlichen Anblick versank. Knochen fügte sich an Knochen, als hätte es niemals eine andere Bestimmung dafür gegeben, dieses Schriftzeichen zu formen.« Die junge Frau sah Zedrik an. »Die Innereien der Getöteten hatten sie dazwischen gelegt, um dem Ganzen Farbe zu verleihen. Aus der Entfernung betrachtet wurde nicht deutlich, um was es sich handelte, aber da wir unsere Fernrohre dabeihatten, sahen wir...«
    Der Torwächter rannte hinaus, zwei weitere folgten ihm, um sich nicht vor die Füße der Freunde und Bekannten zu erbrechen.
    Frederik war nicht minder bleich geworden, aber er bewahrte die Fassung. »Und ihr denkt ans Aufgeben?«, schleuderte er denAnwesenden entgegen. »Wenn die Albae beschließen, dass Hochheiligstadt zu einem Kunstwerk werden soll werdet ihr mit dem Gedanken sterben, dass ihr zu feige wart, etwas dagegen unternommen zu haben!« Zorn hatte seine Stirnader anschwellen lassen.
    »Was sollen wir denn tun?«, rief Zedrik von der Tür her und wischte sich über den Mund. Die Stiefelspitzen waren mit Feuchtigkeit und kleinen Bröckchen bedeckt. »In den Krieg ziehen? Gegen die Dritten und die Albae? Vorher müssten wir unsere Liebsten mit eigener Hand töten, damit sie nicht von unseren Besiegern hingerichtet werden.« Er lachte gequält. »Niemand kann uns vor ihnen retten, Frederik. Die Götter höchstens, doch sie haben wohl beschlossen, uns erst noch einige Zyklen leiden zu lassen.«
    »Die Götter würden uns auf der Stelle beispringen, wenn wir es wagten, uns gegen die Vasallen aufzulehnen«, gab der Fleischer aufgebracht zurück und wurde durch Mallenias Hand auf der Schulter in seiner Rede gezügelt.
    »Ich weiß, welche Sorgen ihr euch alle macht, doch ich sehe auch, dass ich mich eine Weile zurückziehen sollte, wie es mein guter Freund Frederik vorschlug«, verkündete sie, und ein leises Aufatmen ging durch den Raum. »Ich lasse es euch wissen, wenn wir wieder reiten, doch bis dahin bleibt bei euren Familien und verhaltet euch ruhig wie immer. Ich brauche euch lebend.« Sie erhob sich. »Es wird einen Zeitpunkt geben, an dem wir den Aufstand gegen die Albae beginnen, aber er ist nicht morgen und auch nicht in dreißig Umläufen. Wir werden erkennen, wann sich die Gelegenheit bietet, und in allen drei Königreichen vorbereitet sein.« Sie zog ihr Schwert und reckte es. »Für Gauragar, Urgon, Idoslän und die Freiheit der Menschen!«
    Alle stimmten in den Ruf ein und bedachten die Nachfahrin des Prinzen mit lautem Klatschen.
    Die Lampen verloschen!
    In der Dunkelheit lachten einige, andere riefen erschrocken und aufgebracht nach Licht; an den Geräuschen hörte Mallenia, dass mindestens zwei der Verschwörer ihre Waffen gezogen hatten. Man fürchtete einen Angriff oder war es der Angriff? Sie duckte sich und legte die Linke an den zweiten Schwertgriff. Dabei dachte sie gleich an verschiedene Möglichkeiten, wer sie im Keller attackieren könnte: die Dritten und Hargorin, Kopfgeldjäger oder die Dsön Aklän.
    Ihr wurde bewusst, dass es keinen Luftzug

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