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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich jemand hier aufhielt oder vor Kurzem aufgehalten hatte.
    »Na, so etwas«, murmelte er enttäuscht. »He, Gelehrter! Da haben dich deine Sinne zum Narren gehalten! Komm und sieh es dir an!«
    Hinter ihm blieb es ruhig.
    Boindil drehte sich um, doch Tungdil war verschwunden. »Was, bei Vraccas, geht denn nun schon wieder vor sich?«, polterte er, als er hinter sich ein Geräusch vernahm. Er schnellte herum und hob den Krähenschnabel, spähte mit zusammengekniffenen Augen umher. »Gelehrter?«
    Schritt für Schritt bewegte er sich in den Raum hinein.
    Im Vorbeigehen sah er nach der Asche im Kamin, nach Fußabdrücken auf dem Holzboden oder nach anderen Spuren. Nichts.
    »Ein Spuk der Berggeister«, sagte er leise zu sich selbst. Sein Blick fiel auf eine einsame Dauerwurst, die pendelnd über dem Herd hing. »Gelehrter? Wo steckst du? Nicht, dass ich dich aus Versehen angreife, wenn du um die Ecke gesprungen kommst!« Vorsichtig ging Ingrimmsch weiter und erreichte die Kochstelle. Der Herd war mit einer dicken Schicht Reif überzogen. Hier war schon lange kein Mahl mehr zubereitet worden.
    Die Schnur, mit der die Wurst am Querbalken festgemacht war, knirschte leise. Verwundert stellte der Zwerg fest, dass es keinen Luftzug gab, aber sie stärker vor und zurück schwang als vorher.
    Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass sich die Deckenbalken darüber leicht bewegten, und er grinste. Da steckt die Ratte! Wer auch immer auf sie lauerte, er hatte sich auf dem Heuboden verkrochen, um die Zwerge in Sicherheit zu wiegen. »Gelehrter?«, rief er nochmals, bevor er einen Satz auf die Ofenplatte machte und mit dem langen Dorn des Krähenschnabels durch die Deckenbretter hackte. Er sprang in die Höhe und hieltsich mit beiden Händen am Griff fest, sodass die Holzdielen über ihm unter dem Gewicht barsten.
    Getrocknete Grashalme fielen in die Kammer und bedeckten Boindil, der Staub raubte ihm die Sicht. Aber er glaubte, in dem Regen aus Heu einen Schatten bemerkt zu haben. Da er annahm, dass sich Tungdil bemerkbar gemacht hätte, schlug er gnadenlos danach.
    Sein Hieb wurde pariert, Metall stieß gegen Metall. Plötzlich wurde der Krähenschnabel zur Seite gedreht, und Ingrimmsch benötigte seine ganze Kraft, um die Waffe nicht aus den Fingern gerissen zu bekommen.
    Umgeben von rieselndem Heu und umherschwebenden Schmutzflöckchen, unternahm er einen weiteren Angriff gegen seinen Widersacher, den er noch immer als schwarzen Umriss sah. Der Größe nach handelte es sich um einen Zwerg!
    »Gelehrter, bist du das?«, fragte er vorsichtshalber und hielt seinen Schlag ein Blinzeln lang zurück.
    Ein Fehler.
    Eine sehr schmale Klinge, die mehr an einen fingerdicken Eisenstab erinnerte, tauchte vor ihm auf, und es gelang Boindil gerade noch, den Oberkörper nach rechts zu drehen, sonst wäre ihm die schräge, angeschliffene Spitze durch die Brust gefahren; stattdessen fand sie einen Weg durch den Mantel, die Ringe des Kettenhemdes und das gefütterte Untergewand ins Schlüsselbein. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihn. Ingrimmsch knurrte wütend, da wurde die Waffe bereits zurückgezogen. Er spürte das Blut warm aus der Wunde laufen, doch er befand, dass sie harmlos war. Schulter und Arm ließen sich bewegen, Luft bekam er auch noch.
    Grollend packte er den Griff mit beiden Händen und sprang durch das Heu gegen den Gegner. Dabei vollführte er kreiselnde Angriffsschläge; irgendwann, so dachte er sich, würde er ihn erwischen. »Versteck dich nicht, du Feigling!«, rief er wütend und verließ die Wolke aus Halmen und Staub. Dennoch musste er husten, seine Augen tränten. Er sah eine Gestalt vor der Tür.
    »Halt! Bleib stehen!« Er spurtete los und folgte dem Unbekannten hinaus ins Freie. Doch kaum stand er im Schnee, war der Angreifer verschwunden.»Wie, bei Tions widerlichen ...« Ingrimmsch bekam einen Schlag gegen den Hinterkopf, der Helm fing die Wucht ab, doch es genügte, ihm einen ordentlichen Schwindel zu bescheren. »Hinterrücks, ja, das kannst du!«, tobte er in seinem Zorn, und vor seine ohnehin verschleierte Sicht schob sich ein roter Schein. »Ho, stell dich endlich!« Der Kampfwahn wollte ihn übermannen.
    Neben der Tür verharrte der Gegner. Er trug einen geschlossenen schwarzen Lederhelm mit zahlreichen Ornamenten aus Nieten und Silberdraht. Seinen Leib schützte er mit einer gleichfarbigen Lederrüstung, an der verzierte Tioniumplatten angebracht waren, und die Beine verbargen sich unter einem

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