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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Jeder Stamm hatte einen Platz erhalten, und auch an die Freien war gedacht worden. Die unversöhnliche Feindschaft der Dritten hatte jedoch dazu geführt, dass jemand die Stelle des Tisches, die eigentlich für sie vorgesehen war, zerschmettert hatte. So klaffte eine Lücke zwischen den Zweiten und den Vierten.
Das war nicht das Einzige, was sofort ins Auge sprang: Es saßen nur die jeweiligen Vertreter der Vierten und der Fünften auf den ihnen zugedachten Stühlen und warteten; vor ihnen auf dem Tisch standen Essen und Getränke. In einigem Abstand hockten die Vertreter der Clans des jeweiligen Stammes auf Steinbänken. Ingrimmsch sah sofort, wie gering ihre Anzahl war. Sein Mut drohte zu sinken. Bei ihrem Eintreten erhoben sich die Wartenden und neigten die Köpfe. »Willkommen«, sagte ein Zwerg, der einen silbernen Harnisch mit polierten Goldintarsien trug und aus seinem Reichtum keinen Hehl machte. Das wäre bei den blitzenden Edelsteinen darauf auch schwerlich möglich gewesen. Er trug lange blonde Haare, die Koteletten reichten bis auf die Brust, während sich vom Kinn herab eine Bartsträhne bis zum Gürtel wand; das übrige Gesichtshaar trug er fingerlang und penibel gestutzt. »Ich bin Frandibar Juwelengreif aus dem Clan der Goldschläger und König der Vierten. Ich heiße euch beide willkommen, Tungdil Goldhand und Boindil Zweiklinge, und freue mich, die Helden unseres Volkes als Erster im Geborgenen Land begrüßen zu dürfen. Es ist mir wahrlich eine sehr große Ehre!« Er kam auf sie zu und hielt Tungdil zuerst die Rechte hin.Der Einäugige musterte den König, als habe er es mit einem aussätzigen Bittsteller zu tun und müsste sich erst überwinden, die Hand auszustrecken. Er tat es langsam und widerwillig. Ingrimmsch seufzte leise und schlug danach wesentlich rascher und auch kräftiger ein.
Danach hielt ein zweiter Zwerg vom Tisch auf sie zu. Er hatte das gewellte dunkelbraune Haar zu einem Zopf geflochten und den Bart kurz geschnitten. Im Gegensatz zum Herrscher der Vierten hatte er eine Kampfrüstung angelegt, eine Mischung aus Kettenhemd und Lamellenrüstung; an seinem Wehrgehänge baumelte rechts ein Morgenstern mit zwei dornenübersäten Eisenkugeln, links stak ein kurzstieliges Wurfbeil.
Seine Statur verriet Muskeln. Viele Muskeln. Die Fünften bestanden aus einer Mischung verschiedener Zwergenstämme, die das Erbe im Grauen Gebirge angetreten hatten. Von den einstigen Fünften, den Verteidigern des Steinernen Torwegs, war schon lange keiner mehr am Leben, und so wagte Ingrimmsch die Vermutung, es mit einem Zwerg zu tun zu haben, dessen Vorfahren von den Ersten oder Zweiten abstammten.
»Ich bin Balyndar Eisenfinger aus dem Clan der Eisenfinger, Sohn von Balyndis Eisenfinger der Ersten, Königin des Stammes der Fünften«, stellte er sich vor. »Meine Mutter lässt sich entschuldigen, doch sie wird am Steinernen Torweg benötigt. Wir haben nicht nur mit Tions Scheusalen zu kämpfen, sondern auch mit einer tückischen Krankheit, der viele zum Opfer gefallen sind. Man kennt das Fieber aus den alten Umläufen, als der Steinerne Torweg zum ersten Mal gefallen ist. Ihre Gesundheit ist dadurch angegriffen, und den weiten, durchaus gefährlichen Weg ins Braune Gebirge wollte ich ihr nicht zumuten.« Er verneigte sich wieder. »Ich bin von ihr gesandt worden, um anzuhören, was der Held des Geborgenen Landes zu sagen hat. Auch wenn ich vorwegschicke, dass meine Mutter argwöhnisch ist: LotIonan ist ihrer Ansicht nach nicht zu besiegen.«
Ingrimmsch sah zu seinem Freund, weil ihm die Ähnlichkeit der beiden Zwerge in die Augen gesprungen war. Die Kinnpartie, Mund und Nase waren nahezu gleich, die Stimmen entsprachen sich beinahe bis in die kleinste Tonlage. Bei Vraccas! Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man sie für Vater und Sohn halten. Ein kurzer Blick zu Juwelengreif sagte ihm, dass der König ähnliche Gedanken hegte.Tungdil sah den Königinnensohn an, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. »Das tut mir leid«, meinte er schließlich und klang, als hätte er etwas ganz anderes sagen wollen. »Wir hielten den Fluch, der auf dem Nordreich lastete, für alle Zeit gebrochen.« »Tions Macht ist erstarkt. Wen wundert es, wenn man bedenkt, was im Geborgenen Land vor sich geht?«, erwiderte Balyndar. »Ich danke dir für deine Anteilnahme.« Er nickte ihm zu.
Ingrimmschs Augen zuckten hin und her, er verglich die Zwerge so unauffällig wie möglich und wurde in seinem ersten Verdacht

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