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Das Schicksal in Person

Das Schicksal in Person

Titel: Das Schicksal in Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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mit dem Kaffee herein. Sie schenkte ein und verteilte die Tassen. Jeder Gast bekam eine, zuletzt Miss Marple. Miss Cooke beugte sich vor.
    »Entschuldigen Sie, Miss Marple, aber ich würde ihn an Ihrer Stelle nicht trinken. So spät am Abend noch Kaffee! Sie werden nicht gut schlafen.«
    »Ach, glauben Sie?«, sagte Miss Marple. »Ich bin eigentlich daran gewöhnt.«
    »Ja, aber dieser ist besonders stark. Ich würde ihn lieber nicht trinken.«
    Miss Marple schaute Miss Cooke an, die sie sehr ernst ansah und mit einem Auge etwas zwinkerte.
    »Vielleicht haben Sie Recht«, sagte Miss Marple. »Sie verstehen wohl etwas von Diät?«
    »Ja, ich habe mich gründlich damit beschäftigt. Ich habe einen Kurs in Krankenpflege mitgemacht.«
    »Ach, tatsächlich?« Miss Marple schob die Tasse etwas beiseite. »Übrigens, gibt es ein Foto von dem Mädchen?«, fragte sie. »Von Verity Hunt oder wie sie hieß? Der Erzdiakon unterhielt sich mit mir über sie. Er scheint sie sehr gern gehabt zu haben.«
    »Ja, ich glaube auch. Er mag junge Leute«, sagte Clotilde.
    Sie stand auf, ging zu einem Schreibtisch und holte eine Fotografie aus einer Schublade. Sie brachte sie Miss Marple.
    »Das war Verity«, sagte sie.
    »Ein schönes Gesicht«, sagte Miss Marple. »Ja, ein sehr schönes und ungewöhnliches Gesicht. Armes Kind.«
    »Es ist schlimm heutzutage«, sagte Anthea. »Immer wieder passieren diese Dinge. Die Mädchen sind überhaupt nicht wählerisch, mit wem sie ausgehen. Und niemand passt auf sie auf.«
    »Sie müssen eben auf sich selbst aufpassen«, sagte Clotilde. »Und sie haben keine Ahnung, wie sie das anstellen sollen, die armen Geschöpfe.« Sie streckte die Hand aus, um Miss Marple die Fotografie abzunehmen. Dabei streifte ihr Ärmel die Kaffeetasse, und sie fiel zu Boden.
    »Oh, das tut mir Leid«, sagte Miss Marple. »Habe ich Sie angestoßen? War das meine Schuld?«
    »Nein, es war mein Ärmel«, sagte Clotilde. »Er ist ziemlich weit. Vielleicht möchten Sie etwas heiße Milch, wenn Sie den Kaffee nicht vertragen?« Sie hob die Tasse auf und wischte mit ihrer Serviette über den Fleck im Teppich.
    »Das wäre sehr nett«, sagte Miss Marple. »Später, wenn ich zu Bett gehe. Ein Glas heiße Milch wirkt immer so beruhigend, und man schläft so gut danach.«
    Es wurde noch etwas geplaudert, und dann brachen Miss Cooke und Miss Barrow auf. Sie schienen nicht ganz bei der Sache zu sein, denn sie kamen noch einmal zurück, weil sie etwas vergessen hatten – einen Schal, eine Handtasche und ein Taschentuch.
    »Mein Gott, sind die zerstreut«, sagte Anthea, als sie schließlich verschwunden waren.
    »Eigentlich muss ich Clotilde Recht geben«, sagte Mrs Glynne. »Die beiden wirken irgendwie unecht. Ich weiß nicht, ob Sie verstehen, was ich meine, Miss Marple?«
    »Ja«, sagte Miss Marple. »Ich finde das auch. Ich habe mir schon öfter Gedanken über sie gemacht und mich gefragt, warum sie diese Reise unternommen haben. Aus reinem Vergnügen? Oder aus einem ganz anderen Grund?«
    »Und fanden Sie eine Antwort?«, fragte Clotilde.
    »Ich glaube, ja«, sagte Miss Marple. Sie seufzte. »Ich habe Antwort auf eine Menge Fragen gefunden.«
    »Nun, ich hoffe, dass Ihnen die Reise bisher Spaß gemacht hat«, sagte Clotilde.
    »Ich bin froh, dass ich nicht weiter mitgefahren bin«, sagte Miss Marple. »Sicher hätte ich keine Freude mehr daran gehabt.«
    »Ja, das kann ich verstehen.«
    Clotilde holte ein Glas heiße Milch aus der Küche und begleitete Miss Marple hinauf in ihr Zimmer.
    »Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?«, fragte sie. »Brauchen Sie noch etwas?«
    »Nein, vielen Dank«, antwortete Miss Marple. »Ich habe alles. Was ich für die Nacht benötige, ist hier in meiner kleinen Reisetasche. Deshalb brauche ich nicht mehr auszupacken. Vielen Dank. Es war sehr nett von Ihnen und Ihren Schwestern, mich noch einmal einzuladen.«
    »Es war das Mindeste, was wir tun konnten. Schließlich hatte Mr Rafiel uns deswegen geschrieben. Er war ein sehr rücksichtsvoller Mensch.«
    »Ja. Ein Mann, der – der an alles dachte. Ein kluger Mann, meine ich.«
    »Und auch ein bedeutender Finanzmann.«
    »Ja, in finanzieller Hinsicht und auch sonst dachte er immer an alles«, sagte Miss Marple. »So, jetzt bin ich froh, dass ich ins Bett komme. Gute Nacht, Miss Bradbury-Scott.«
    »Soll ich Ihnen morgen das Frühstück hinaufschicken? Möchten Sie im Bett frühstücken?«
    »Nein, nicht um alles in der Welt möchte ich Sie bemühen.

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