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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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SMS, um Bescheid zu sagen, dass wir draußen waren.
    Eine Weile starrten wir das Haus an. Das Unheimliche an Häusern ist, dass sie fast immer so wirken, als ob nichts in ihnen passiert, dabei findet der Großteil unseres Lebens darin statt.
    Ich fragte mich, ob es darum in der Architektur ging oder ob es in der Architektur genau um das Gegenteil ging.
    »Na ja«, sagte Mom nach einer Weile. »Wir sind auch ziemlich früh dran.«
    »Vielleicht hätte ich gar nicht um halb sechs aufstehen müssen«, sagte ich. Mom nahm ihren Kaffee von der Mittelkonsole und trank einen Schluck. Mein Telefon summte. Eine Nachricht von Augustus. Kann mich nicht entscheiden, was ich anziehen soll. Findest du mich im Polohemd oder Buttondown besser?
    Buttondown, schrieb ich zurück.
    Dreißig Sekunden später ging die Tür auf, und ein lächelnder Augustus mit einem Rollkoffer im Schlepptau tauchte auf. Er trug ein frisch gebügeltes himmelblaues Buttondown-Hemd, ordentlich in die Jeans gesteckt. In seinem Mundwinkel hing eine Camel Light. Mom stieg aus, um ihn zu begrüßen. Er nahm für einen Moment die Zigarette aus dem Mund und sagte mit der selbstbewussten Stimme, die ich gewohnt war: »Immer eine Freude, Sie zu sehen, Ma’am.«
    Ich sah sie im Rückspiegel, bis Mom den Kofferraum aufmachte. Augenblicke später öffnete Augustus die Tür hinter mir und machte sich an das komplizierte Manöver, einbeinig den Rücksitz eines Wagens zu besteigen.
    »Möchtest du vorne sitzen?«, fragte ich.
    »Auf keinen Fall«, sagte er. »Hallo, Hazel Grace.«
    »Hallo«, sagte ich. »Okay?«
    »Okay.«
    »Okay.«
    Mom stieg ein und schloss die Wagentür. »Nächster Halt Amsterdam«, gab sie durch.
     
    Was nicht ganz stimmte. Der nächste Halt war der Flughafenparkplatz, und dann brachte uns ein Bus zum Terminal, und dann brachte uns ein offener Elektrowagen zur Sicherheitsschleuse. Der Mann von der Flughafensicherheit an der Spitze der Schlange bellte irgendwelche Anordnungen, dass unser Gepäck weder Sprengstoff noch Schusswaffen noch irgendwelche Flüssigkeiten über 100 ml enthalten dürfe, und ich sagte zu Augustus: »Feststellung: Schlange stehen ist eine Form der Unterdrückung«, und er bestätigte: »Absolut.«
    Statt mich von Hand durchsuchen zu lassen, beschloss ich, ohne meinen Wagen und meine Sauerstoffflasche oder auch nur die Stöpsel in der Nase durch den Metalldetektor zu gehen. Der Gang durch die Röntgenmaschine war das erste Mal seit Monaten, dass ich einen Schritt ohne Sauerstoffflasche machte, und es fühlte sich ziemlich toll an, ganz ohne Gepäck herumzulaufen, wie die Überschreitung des Rubikon, und das Schweigen der Maschine bewies, dass ich, wenn auch nur für einen kurzen Moment, ein unmetallisches Wesen war.
    Ich spürte eine körperliche Hoheit, die ich kaum beschreiben kann, außer mit dem Gefühl als Kind, als ich immer mit einem schweren Rucksack voll mit meinen Lieblingsbüchern rumgelaufen war, und wenn ich lange genug mit dem Rucksack unterwegs war und ihn abnahm, hatte ich das Gefühl, ich würde schweben.
    Nach etwa zehn Sekunden fühlte sich meine Lunge an, als würde sie die Flügel einklappen wie eine Blüte ihre Blätter bei Nacht. Ich setzte mich auf die graue Bank hinter dem Metalldetektor und schnappte nach Luft, mein Husten ein feuchtes Rattern, und es ging mir ziemlich mies, bis ich den Sauerstoffschlauch wieder in der Nase hatte.
    Und selbst dann tat es noch weh. Der Schmerz war immer da, er zerrte an meinem Innern und verlangte, gespürt zu werden. Es war immer so, als würde ich aus dem Schmerz erwachen, wenn plötzlich irgendwas von außen meine Aufmerksamkeit oder mein Urteil verlangte. Mom sah mich besorgt an. Sie hatte irgendwas gesagt. Was hatte sie gesagt? Dann fiel es mir wieder ein. Sie hatte gefragt, was los war.
    »Nichts«, sagte ich.
    »Amsterdam!«, rief sie.
    Ich lächelte. »Amsterdam«, antwortete ich. Sie hielt mir die Hand hin und zog mich hoch.
     
    Eine Stunde vor der Boardingzeit waren wir am Gate. »Mrs. Lancaster, Sie sind eine beeindruckend pünktliche Person«, sagte Augustus, als er sich in der fast leeren Wartezone neben mich setzte.
    »Ach, das liegt nur daran, dass ich sonst nichts zu tun habe«, sagte sie.
    »Du hast immer zu tun«, widersprach ich, auch wenn mir der Gedanke kam, dass Mom hauptsächlich mit mir zu tun hatte. Außer mit mir hatte sie auch viel mit Verheiratetsein zu tun – mein Vater hatte nämlich keine Ahnung von Banken, Klempnern, Kochen und anderen

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