Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
Dingen außer Morris Property, Inc. –, aber hauptsächlich hatte sie mit mir zu tun. Ihr Hauptlebensinhalt und mein Hauptlebensinhalt waren untrennbar miteinander verwoben.
Als sich die Bänke vor dem Gate langsam füllten, sagte Augustus: »Ich hol mir einen Hamburger, bevor wir abfliegen. Kann ich euch was mitbringen?«
»Nein«, sagte ich. »Aber ich begrüße deine Weigerung, dich den gängigen Frühstückskonventionen zu beugen.«
Er legte den Kopf schief und sah mich verständnislos an.
»Hazel setzt sich gegen die Ghettoisierung von Rührei ein«, erklärte Mom.
»Es ist doch peinlich, dass wir alle blind durchs Leben gehen und einfach so akzeptieren, dass Rührei ausschließlich mit der Morgenmahlzeit assoziiert wird.«
»Darüber würde ich gern ausführlicher mit dir reden«, sagte Augustus. »Aber jetzt bin ich am Verhungern. Ich bin gleich wieder da.«
Als Augustus nach zwanzig Minuten immer noch nicht wieder da war, fragte ich meine Mutter, ob sie glaubte, dass etwas passiert war, und sie sah nur kurz von ihrer schrecklichen Zeitschrift auf, um zu sagen: »Wahrscheinlich musste er aufs Klo oder so was.«
Eine Flughafenangestellte kam zu uns und tauschte meine Sauerstoffflasche gegen eine von der Fluglinie aus. Es war mir peinlich, dass die Dame vor mir kniete, während alle zusahen, und so begann ich vor lauter Verlegenheit Augustus eine SMS zu schreiben.
Er antwortete nicht. Mom schien sich keine Sorgen zu machen, aber ich stellte mir alle möglichen Amsterdam ruinierenden Schicksalsschläge vor (Verhaftungen, Verletzungen, Nervenzusammenbrüche), und während die Minuten verstrichen, spürte ich eine Enge in der Brust, die nichts mit Krebs zu tun hatte.
Und dann, gerade als die Dame hinter dem Schalter ankündigte, dass wir mit dem vorzeitigen Boarding der Passagiere beginnen würden, die ein bisschen mehr Zeit brauchten, und jede einzelne Person in der Wartezone sich umdrehte und mich wütend anstarrte, sah ich, wie Augustus mit einer McDonald’s-Tüte in der Hand und dem Rucksack über der Schulter hastig auf uns zugehumpelt kam.
»Wo warst du?«, fragte ich.
»Tut mir leid, die Schlange war extrem lang«, sagte er und streckte mir die Hand hin, um mir hochzuhelfen. Ich nahm sie, und zusammen gingen wir zum Gate.
Ich spürte, wie uns alle beobachteten und sich fragten, was uns fehlte und ob es uns umbringen würde, und wie tapfer meine Mutter war und so weiter. Manchmal war das das Schlimmste am Krebs: die Sichtbarkeit der Krankheit, die einen von den anderen absonderte. Wir waren unüberbrückbar anders, und unser Anderssein war deutlicher denn je, als wir zu dritt durch das leere Flugzeug humpelten, während die Stewardess mitfühlend dazu nickte und auf unsere Plätze weiter hinten im Flugzeug zeigte. Ich saß in der Mitte unserer Dreierreihe, Augustus am Fenster und Mom am Gang. Weil ich mich von Mom ein bisschen bedrängt fühlte, rutschte ich unwillkürlich zu Augustus rüber. Wir saßen direkt hinter der Tragfläche. Dann öffnete er seine Tüte und nahm den Burger heraus.
»Das mit den Eiern«, sagte er, »andererseits verleiht die Frühstückisierung den Eiern eine gewisse Heiligkeit, oder? Käse oder Speck kann man immer haben, auf Tacos, zum Frühstück, zum Abendessen, aber Rührei – Rührei hat viel mehr Bedeutung .«
»Lachhaft«, sagte ich. Langsam kamen auch die anderen Passagiere ins Flugzeug. Ich wollte sie nicht ansehen und wandte mich ab, und die einzige Richtung, in die ich schauen konnte, war Augustus’.
»Ich meine nur: Vielleicht wird Rührei ghettoisiert, aber immerhin bekommt es eine Sonderbehandlung. Rührei hat seinen Platz und seine Zeit, wie die Kirche.«
»Du liegst vollkommen falsch«, entgegnete ich. »Du lässt dich von den Kreuzstichgefühlsduseleien auf den Sofakissen deiner Eltern kaufen. Du argumentierst, dass das zerbrechliche Seltene nur schön ist, weil es zerbrechlich und selten ist. Aber das ist eine Lüge, und das weißt du auch.«
»Es ist ziemlich schwer, es dir recht zu machen«, sagte Augustus.
»Es mir recht zu machen ist mir nicht recht«, gab ich zurück. »Du warst auch einst eine zerbrechliche seltene Blume. Weißt du noch?«
Er schwieg einen Moment. »Du schaffst es wirklich, mich sprachlos zu machen, Hazel Grace.«
»Es ist mein Privileg und meine Pflicht«, antwortete ich.
Bevor ich wegsah, sagte er: »Tut mir leid, dass ich am Gate nicht mit euch gewartet habe. Die Schlange bei McDonald’s war gar nicht lang; es
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