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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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Mann.
    »Beherrschst du denn kein Handwerk, das dich ernähren kann?« Amilcar sah den Mann über die Schulter an.
    Dieser schüttelte den Kopf. »Ich bin Fischer. Aber ich habe kein Boot mehr. Und deswegen bin ich hier wie du gefangen und nehme die Kupfermünze, die der Kapitän mir gibt, wenn ich dir dein Geheimnis entlocke.«
    Amilcar kicherte mühsam. »Selbst wenn ich es kennen würde, für eine Kupfermünze gäbe ich es dir nicht preis.«
    »Aber ich gebe dir Wasser«, sagte der weiße Sklave. »Und ich habe Zitronen für dich. Du wirst sie brauchen auf der Reise über das offene Meer. Sie wird lange dauern. Fast einen Mond. Und wir werden nur auf der Insel Zypern anlegen und später vielleicht noch einmal an den Windinseln. Du bist auf mich angewiesen.«
    »Ach so?«, murmelte Amilcar. »Und wie heißt du?«
    »Ich bin Hanno.«
    Der Junge hob den Kopf höher. »Du willst also wissen, wie man dünnes Glas macht, und versprichst mir dafür das Leben, Hanno?!«
    »So ist es«, lächelte der Sklave.
    »Dann hör zu, du Dummkopf«, fuhr der junge Glasmacher auf. »Du verschmähst mein gutes Glas, das ich dir biete, um einer lächerlichen Kupfermünze willen und willst also wissen, wie man das dünnste Glas der Welt macht? Dann höre den unerfüllbaren Traum, der dir diese dünne Kupfermünze bringen wird! Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, dass mein Vater den Wind ins Glas bringen wollte. Er hat immer behauptet, man müsse die Luft ins Glas tragen, dann würde es so dünn werden, wie man nur will!«
    »Die Luft tragen?« Der Sklave sah Amilcar unsicher an.
    »Ja, so wie man Luftblasen in Honig eingeschlossen findet, wenn man diesen in eine Schale gießt.«
    »Aber wozu?«, fragte Hanno.
    »Na, um das Glas dünn zu machen wie die Luft selbst«, lachte Amilcar ihn plötzlich an und seine Augen leuchteten auf. »Blaues und rotes, gelbes, weißes, grünes Glas so dünn wie Luft. Und du trinkst daraus deinen Wein!«
    Der Sklave lächelte zurück. »Das ist eine schöne Idee! Warum soll es denn nicht gehen?«
    »Hast du schon einmal versucht, Luft in heißes Glas zu bringen? Das geht nicht. Du kannst auch keine Luft in einen Stein tragen!«
    »Hm.« Hanno nickte enttäuscht. Dann meinte er: »Aber das hättest du dem Kapitän doch sagen können.«
    Amilcar winkte ab. »Das habe ich doch, nur in anderen Worten. Aber er versteht es sowieso nicht. Sag du es ihm ruhig noch einmal, dann bekommst du wenigstens deine dumme Kupfermünze.«
    Der Sklave schüttelte verwundert den Kopf. »Du sagst es mir, damit ich die Kupfermünze bekomme?«
    »Ja«, sagte Amilcar ruhig. »Und jetzt geh, sag es deinem Piraten, wie man dünnes Glas macht. Sag ihm, er muss den Wind dazu bringen, es dünn zu wehen!« Er blickte aufs Meer und schwieg.
    Rufus konnte Amilcar ansehen, dass das Meer ihm Angst machte. Der Junge sah auf das unendliche Blau wie in die heiße Glasschmelze in seiner Glasmacherwerkstatt. Voller Wachsamkeit und Vorsicht und ohne große Hoffnung.
    »Ist der Typ bescheuert!«, rief Anselm in diesem Augenblick. »Ich würde doch nie einem Sklaven trauen. Da hätte ich ja lieber mit dem Kapitän verhandelt. Der hätte ihn freilassen können.«
    »Aber er hat seinen Vater beleidigt«, wandte Rufus ein.
    Er selbst hatte Amilcars Gespräch mit dem Sklaven sehr neugierig verfolgt. Amilcar handelte nicht um sein Leben und bewahrte die ganze Zeit seinen Stolz. Und er schien dabei auch noch die Wahrheit zu sagen. Diesen Mut bewunderte Rufus.
    »Na und?«, meinte Anselm. »Der Vater ist doch tot, er kann ihm nicht mehr helfen. Der Junge ist nun mal alleine, das muss er begreifen!«
    »Aber der Piratenkapitän wird bereits bezahlt«, widersprach Filine. »Er versucht doch nur, noch mehr Gewinn aus dem Handel zu pressen. Deswegen will er das Geheimnis wissen. Damit er es an irgendeinen anderen Glasmacher verkaufen kann.«
    »Vielleicht kann ihm der Sklave ja helfen? Vielleicht hofft er darauf?«, schlug Rufus vor. »Amilcar ist klug.«
    Bent winkte ab. »Der Sklave wird bestimmt nicht mit ihm zusammen von dem Schiff fliehen. Wie auch? Und der Junge hat nichts. Er sagt, er kann Glas machen. Aber er hat kein Werkzeug bei sich, kein Material, er hat nichts. Er kann schließlich kein Glas herbeizaubern. Und selbst wenn er abhauen könnte, ohne Geld wird er niemals zurück nach Tyros kommen. Und einfach so kann er auch keine Werkstatt aufbauen. Es geht ihm genau wie dem Sklaven, der sein Boot verloren hat. Die beiden unterscheidet nichts

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