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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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weinte hemmungslos. Immer weiter türmten sich die Wogen um das Schiff auf. Doch jetzt hielt Hanno Amilcar in seinen Armen.
    »Es ist schwer«, tröstete er den Jungen. »Aber denk daran, wir sind eine kleine Welt. Alles ist in uns, auch wenn es weit fort scheint.«
    Der Sklave sah sich um. Weder der Kapitän noch die übrigen Matrosen waren in der Nähe. Vorsichtig zog er eine geschnitzte Holzflöte aus der Tasche. Und während der Sturm weiter tobte, drückte Hanno den jungen Tyrener an sich und begann leise auf seiner Flöte zu spielen. Es war eine traurige Melodie. Und doch schien es Rufus, als habe er noch nie etwas Tröstlicheres gehört.
    Als sich der Sturm wenige Stunden später legte, schlief der junge Glasmacher in Hannos Armen wie ein Stein.
     
    Obwohl sich die Flut mehrfach zurückzog und die Schiffsreise dadurch unterbrochen wurde, kam sie den Mitgliedern der Flutgruppe lang und beschwerlich vor. Immerhin konnten die Lehrlinge sich zwischendurch in Meister Otomos Haus ausruhen und sogar mit Ingwer versorgen, der tatsächlich gegen die Seekrankheit half.
    Tage und Nächte gingen auf dem Schiff eintönig vorüber. Tagsüber wurde es von den Ruderern und dem Wind angetrieben, nachts wurde nur gesegelt.
    Bent, Anselm und No sahen sich die Segel und die Takelage sowie die Ruderbänke an. Oliver zeichnete das Schiff in jedem Detail.
    Filine erkannte die Sternbilder am Himmel, nach denen sich der Kapitän richtete. Es waren die Hyaden am nördlichen Sternenhimmel, Orion und die Bärin. Stratis besaß zudem ein auf Papyrus geschriebenes Handbuch mit einigen Seekarten, das er aber nur selten zurate zog, so genau schien er die Route zu kennen.
    Rufus saß fast die ganze Zeit bei Amilcar und sah aufs Meer.
    Die Fahrt führte das Schiff auch an eine große Insel, wo sie im Hafen einer Küstenstadt anlegten und Wasser und Vorräte aufgenommen wurden. Die Lehrlinge bestimmten sie als Zypern.
    Doch vor allem sahen sie Wasser, immer wieder Wasser und den weiten Himmel darüber.
    Als die Flut das letzte Mal wechselte, befanden sie sich in einer kabbeligen See und hatten rechts und links Land vor sich.
    »Wo sind wir?«, fragte No.
    Die Frage wurde ihnen anders beantwortet, als die Lehrlinge es erwartet hatten. Das Wasser schien schon seit einiger Zeit unruhig zu sein, denn Amilcar, der nach wie vor angekettet war, kniete vornübergebeugt an der Reling und übergab sich. Hanno hockte hinter ihm und wischte ihm den Mund ab.
    »Ich habe leider keinen Ingwer mehr. Also spuck über die Bordwand, Junge, hier muss ich nur alles wieder aufwischen.«
    Der Tyrener verzog das Gesicht. »Ich kann mich kaum bewegen, so schlecht ist mir.«
    Der Sklave lachte auf. »Das ist die See hier! Der Wind und die Strömung an dieser Meerenge sind berüchtigt. Hier ist das Wasser immer so bewegt. Aber vielleicht hast du ja Glück und die Meerungeheuer Skylla und Charybdis zeigen sich und erlösen dich von deinem Übel.«
    »Meerungeheuer?«
    »Ja, Stratis hat schon oft von ihnen erzählt.« Hanno blickte Amilcar spöttisch an. »Skylla und Charybdis!«
    »Das ist doch hoffentlich nicht sein Ernst«, entfuhr es No, der den Worten Hannos mit großen Augen lauschte. »Ich meine, Meerungeheuer, das ist ja wohl eine Sage oder so …«
    »Natürlich ist es das«, beruhigte ihn Filine. »Skylla und Charybdis sind die beiden Ungeheuer, die schon der Held Odysseus auf seinen Reisen getroffen hat. Sie sollen in der Meerenge von Messina auf zwei Felsen leben. Und da befinden wir uns vermutlich jetzt. Skylla hat übrigens angeblich den Oberkörper eines Mädchens und den Unterleib von sechs Hunden. Charybdis dagegen ist einfach ein großes, gestaltloses Maul, dass jeden Tag das Meer verschlingt und brüllend wieder ausstößt!«
    No stieß erleichtert die Luft aus, runzelte aber gleich darauf wieder die Stirn. »Gab es denn einen Grund für diese Legende? Ich meine, ist das Meer hier vielleicht besonders gefährlich?«
    »Nur etwas unruhig«, meinte Bent. »Aber verschlingen wird es uns sicher nicht. Und außerdem führten die meisten antiken Handelsrouten hier entlang. Insofern kann es ja nicht gerade lebensgefährlich sein …«
    »Okay!« No nickte ihm dankbar zu.
    Rufus hatte dem kurzen Gespräch zugehört, richtete seine Aufmerksamkeit aber weiterhin auf Amilcar und Hanno. Gerade sagte der hellhäutige Sklave: »Und außerdem solltest du auch aus einem anderen Grund besser überleben, Amilcar. Bald erreichen wir nämlich die Glasinseln! Die müssten

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