Das Schiff der Hoffnung
Oberschwester deine Sachen geben.« Er faltete das Papier zusammen. »Du kannst gehen, wann du willst.«
Mit fliegenden Haaren rannte Claudia hinaus.
In der Halle standen sich wenig später Dr. Tezza und Hellberg wieder gegenüber. Diesmal waren auch Karl und Erika dabei. Mit kurzen Worten hatte Hellberg ihnen erklärt, was hier in dieser Klinik gespielt wurde. Haußmann war hochrot und maßlos erregt. Daß er einem Scharlatan aufgesessen war, konnte er nicht überwinden.
»Mein Geld!« schrie er sofort, als Dr. Tezza auf der Treppe sichtbar wurde. »Mein Geld, Sie Pfuscher!«
»Bitte!« Dr. Tezza schwenkte den Scheck Haußmanns. Er war weit davon entfernt, sich beleidigt zu fühlen. Niemand hörte sie. Die Kranken hatten Zimmer-Liegestunde, das Personal war sowieso für solche Vorwürfe taub. Man konnte ungeniert sprechen.
»Wo ist Claudia?« rief Hellberg.
»Sie packt die Koffer. Zufrieden?« Dr. Tezza sah jeden an. Seine Sicherheit war bedrückend. Hellberg ahnte etwas Unangenehmes. Und seine Ahnung wurde sofort bestätigt. Tezza reichte Hellberg die unterschriebene Erklärung.
»Bitte, lesen Sie.«
Hellberg gab das Papier zurück, nachdem er es zweimal gelesen hatte.
»Damit sind Sie gerettet!«
»Ich glaube, ja. Ihre Kronzeugin fällt aus. Andere Zeugen haben Sie nicht. Es wird auch niemand aussagen in diesem Haus.« Dr. Tezza steckte die Erklärung in die Brieftasche. »Nun schreiben Sie Ihre Artikel, Herr Hellberg! Es wird Sie Millionen Schadenersatz kosten.«
Oben erschien Claudia. In beiden Händen Koffer. Mit glücklichem, strahlendem Gesicht. In Hellbergs Herz leuchtete eine heiße Sonne auf. Er rannte ihr entgegen, nahm ihr die Koffer ab.
»Kommt!« rief er. »Gehen wir! Ich kann nicht garantieren, ob ich mich noch fünf Minuten zu beherrschen vermag!«
Sie verließen die Clinica Santa Barbara, ohne sich umzublicken, und fuhren zurück nach Avezzano.
Dr. Tezza sah dem Auto nach, bis es hinter einer Kurve der Serpentinenstraße verschwand. Er war der Sieger, aber er kam sich nicht als solcher vor.
Er ahnte: Er hatte nur eine kleine Galgenfrist bekommen.
Neben dem Gutshof, auf einer Wiese, lag unter einem Sonnenschirm Marion Gronau auf einer Decke. Sie sprang erschreckt auf, als sie die quietschenden Bremsen des Wagens vor dem Haus hörte. Ihr Bikini war atemberaubend, aber keiner beachtete ihn. Karl half seiner Frau aus dem Wagen, Hellberg bemühte sich um Claudia.
»Nanu, wer ist denn das?« fragte Marion, die mit verzerrtem Gesicht an der Hauswand lehnte. »Bekommt man Medizin jetzt in solcher Verpackung mit?«
»Laß die dummen Bemerkungen, bitte.« Hellberg stellte Claudia vor, und Marion nickte von oben herab. Wie zwischen Tezza und Hellberg war zwischen Claudia und ihr gleich vom ersten Blick an eine stille, aber unüberwindliche Feindschaft.
»Ein Heilungserfolg Dr. Tezzas?« fragte Marion.
»Nein. Ich habe Fräulein Torgiano aus der Klinik dieses Scharlatans geholt. Ich erzähle es dir später.«
»Du entwickelst dich zum großen Samariter, mein Lieber. Nur scheint mir, daß in den Zimmern der Klinik auch weniger junge Patienten liegen, die man ›retten‹ müßte!«
Hellberg antwortete nicht. Er trug die Koffer ins Haus, Claudia folgte. In Marions Zimmer stellte Hellberg die Koffer ab und zeigte auf das Bett.
»Ruhen Sie sich etwas aus, Claudia. Die Aufregung war zuviel für Sie, und mit meinen Freunden werde ich sprechen … wegen Bari.« Er drehte sich um und ging. An der Tür aber fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Lautlos war ihm Claudia nachgeeilt und stand nun dicht vor ihm.
»Sie sind ein guter Mensch«, sagte sie leise. Dann hob sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen schnellen Kuß auf den Mund. Ehe Hellberg etwas sagen konnte, hatte sie ihn aus dem Zimmer geschoben. Klirrend drehte sich der Schlüssel im Schloß.
»Claudia …«, sagte Hellberg leise und legte den Zeigefinger auf seine Lippen, wo er noch ihren Kuß spürte. »O Claudia …«
Marion lag wieder auf der Decke unter dem Sonnenschirm. Sie richtete sich auf, als Hellberg zu ihr kam. Haußmanns blieben auf ihrem Zimmer. Erika hatte einen Weinkrampf bekommen, als sie endlich wieder zur Ruhe gekommen war.
»Nun?« fragte Marion.
»Was nun?«
»Keine Erklärungen?«
»Nein.«
»Du machst es dir einfach, mein Lieber. Läßt mich allein nach Hause humpeln, empfiehlst mir Krimis und kommst nach Hause mit einem jungen Mädchen. Und das alles soll ich schlucken wie Zuckerwasser.«
»Das
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