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Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition)

Titel: Das Schiff im Baum: Ein Sommerabenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Richter
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war mindestens hundert Jahre alt und es knarrte, wenn man sich umdrehte. Überhaupt knarrte alles in der Kammer, die ab heute uns gehören sollte. Und es roch dort ganz fremd. Nach Staub und nach Mottenkugeln.
    Tante Polly hatte uns schnaufend eine steile Treppe hinaufgeführt.
    »In diesem Bett hat das Paulinchen damals geschlafen!«, sagte sie und strich mir übers Haar. »Es ist ja breit genug für zwei, und wenn man wollte, auch für drei! Also, ihr Lieben, gute Nacht und gute Träume. Ihr wisst ja, was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt, das wird wahr!«
    Sie spitzte ihre Lippen und gab mir einen trockenen Runzelkuss auf die Stirn. Bei Ole versuchte sie es diesmal nicht. Wahrscheinlich hatte Mama Tante Polly erzählt, dass mein Bruder keine Küsse mochte.
    Durch den Türspalt konnten wir beobachten, wie sie die Treppe runterging. Das sah sehr seltsam aus, denn sie ging rückwärts wie auf einer Leiter.
    »Warum macht die das?«, flüsterte Ole.
    Ich zuckte die Schultern. »Vielleicht ist es so einfacher. Wir können es ja morgen mal ausprobieren.«
    Das Bett stand mitten im Raum.
    Das war gut so, denn wir mussten nicht darüber streiten, wer vorne liegen durfte. Die Eckpfosten waren mit vier goldenen Froschkönigskugeln verziert, was mir besonders gut gefiel. Ole meinte, es wäre ein blödes Mädchenbett.
    An den Wänden hingen düstere Ölbilder. Diese Bilder fand Ole fabelhaft. Segelschiffe in Seenot, die auf haushohen Wellen tanzten. Segelschiffe mit gebrochenen Masten und zerrissenen Segeln. Wenn man genau hinschaute, konnte man sogar die Gesichter der verzweifelten Seeleute erkennen, die mit weit aufgerissenen Mündern gegen den Sturm anbrüllten. Auf einem Bild war ein Steuermann zu sehen, der mit einem Seil ans Steuerrad gebunden war. Tief hängende Sturmwolken flogen durch den gemalten Himmel und die Schaumkronen auf den Wellen sahen so echt aus, dass man meinen konnte, die Wellen würden aus dem Bild ins Zimmer rollen. Ich fand die Bilder gruselig.
    »Ist dir aufgefallen, dass der Maler immer dasselbe Schiff gemalt hat?«, flüsterte Ole, als wir endlich unter dem schweren Federbett lagen. »Das Schiff heißt Pequod!«
    »Aber das war doch das Schiff, auf dem Onkel Fiete war!«
    »Genau!«
    Das Mondlicht fiel auf den Fußboden. Der Nachtwind bauschte die weißen Gardinen, die vor dem Dachfenster hingen.
    Die sehen wie Segel aus, dachte ich. Wie Segel … Und dann war ich eingeschlafen.
    »Katharina! Aufwachen! Katharina!« Ole kniete im Bett und schüttelte mich.
    »Lass mich in Ruhe!«, murmelte ich. »Es ist mitten in der Nacht!«
    »Du musst aufwachen! Sofort!«
    Ich machte die Augen auf. Es war stockfinster in der Kammer. Kein Mondstrahl mehr auf dem Holzfußboden.
    »Hörst du das?«, flüsterte Ole. Ich lauschte in die Dunkelheit.
    »Da ist nichts, du Hosenschisser!«
    »Doch, da ist was in unserem Zimmer! Ich hab’s genau gehört! Es hat gepoltert und … da ist es wieder!« Ole klammerte sich an mich. Diesmal hatte auch ich ein Geräusch gehört.
    »Kannst du nicht das Licht anmachen?«, jammerte Ole. Der Lichtschalter war neben der Kammertür.
    »Nie im Leben!«, sagte ich. »Da muss ich ja aufstehen!«
    Es rumpelte am Kleiderschrank. Wir hörten ein helles Fiepen. Ich bekam eine Gänsehaut. Warum hatte sich gerade jetzt eine Wolke vor den Mond geschoben? Wa-rum zog sie nicht weiter?
    »Aber du musst was machen!«, flüsterte Ole. »Du bist die Ältere!«
    Das war typisch mein Bruder. Immer wenn es gefährlich wurde, schickte er mich vor.
    Ich starrte angestrengt in die Richtung, aus der das Fiepen gekommen war, und wartete, dass meine Augen sich an das Dunkel gewöhnten.
    Wir hörten ein Knurpsen, wir hörten ein Knacken, wir hörten ein leises Schmatzen.
    »D-da-da ist ein Me-menschenfresser!«, wimmerte Ole.
    Ich zog die Bettdecke über unsere Köpfe. Das war das allerbeste Mittel gegen die Angst. Früher hatte es immer geholfen. Mama hatte uns ins Bett gebracht und nach Parfüm gerochen. »Bis morgen früh, ihr Lieben. Schlaft gut und träumt was Schönes! Ich bin nicht lange weg!«
    Kaum war die Korridortür hinter ihr ins Schloss gefallen, waren die Gespenster aus den Ritzen der Fußbodenbretter gekrochen. Sie hatten geächzt und gestöhnt und ich hatte ganz schnell die Bettdecke über unsere Köpfe gezogen.
    Wir lagen reglos nebeneinander. Es knurpste und knackte immer noch. Wir hielten den Atem an.
    Und plötzlich maunzte es leise, dann maunzte es noch einmal.
    Ole

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