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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einige der Kontrollinstrumente bedienen, mit der Zeit vielleicht sogar alle.«
    Das Mädchen nimmt das mit fröhlicher Selbstzufriedenheit auf. »Das war ja klar.«
    »Du bist davon überhaupt nicht beeindruckt?«, frage ich.
    »Ihr habt nur das getan, wozu ihr auserwählt wurdet. «
    »Mag sein.« Ich hangele mich an einem Seil bis zu einer Armlänge Abstand an das Mädchen heran. »Hat Mutter unserer kleinen Gruppe irgendwas anzubieten, das wir noch nicht besitzen?«

    »Liebe«, erwidert das Mädchen und wendet sich gleich darauf ab. »Jetzt werden wir nach achtern gehen.«
    »Niemand mit Liebe im Herzen hätte uns von sich aus so geschaffen, wie wir sind«, erklärt Tsinoy und löst den Blick von den verrammelten Bullaugen. »Viele von uns sind gestorben – manche viele Hundert Mal. Soweit man bei uns von ›Team‹ reden kann, sind wir in strategischer, taktischer und selbst logistischer Hinsicht ein Alptraum. Wir wissen nur sehr wenig, und immer, wenn wir meinen, etwas Wichtiges erfahren zu haben oder alle Rätsel lösen zu können, stoßen wir Hals über Kopf auf irgendwelche teuflischen Hindernisse. Vielleicht reicht Liebe allein nicht aus.«
    Das ist die längste Rede, die ich je von Tsinoy gehört habe. Immer noch verblüfft es mich, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, dass in einer derart zusammengestoppelten Masse aus Elfenbein, Rubinen und Stahl ein so feiner, kultivierter Verstand verborgen ist.
    Sofort mischt sich Kim, der ewige Vermittler, ein. »Offenbar will Tsinoy darauf hinaus, dass man uns erst einmal von Mutters guten Absichten überzeugen sollte. Selbst von ihr brauchen wir Beweise für den guten Willen. «
    Als Nächste ergreift Nell das Wort. Das Mädchen beobachtet sie mit ernsthaftem Blick. »Wenn Mutter die Macht hatte, uns aus dem Katalog auszuwählen, und dafür gesorgt hat, dass wir in einem anderen Schiffskörper zum Leben erwachen, muss sie irgendeine Verbindung zur Schiffsleitung haben. Vielleicht sollte sie
sich zu uns begeben – hierherkommen, wo uns allen keine unmittelbare Gefahr droht.«
    Das Mädchen wirkt bestürzt und sieht erst mich, danach meinen Zwillingsbruder eindringlich an. »Ihr beide seid doch die Lehrer . Mutter hat euch ausgewählt, damit ihr die Führung übernehmt und die Entscheidungen trefft.«
    »Wir treffen alle Entscheidungen gemeinsam«, erwidere ich. »Und wir sind froh darüber, dass in unserer Gruppe jeder mal die Rolle des Schiedsrichters übernimmt. «
    Das Mädchen sieht mich mit großen Augen an. »Wieso glaubt ihr eigentlich, hier in Sicherheit zu sein?«, fragt sie nach längerem Überlegen.
    Darauf fällt keinem von uns eine schlaue Antwort ein.
    »Im Grunde wollt ihr damit sagen, dass ihr euch an diesem Ort einigermaßen komfortabel eingerichtet habt«, fährt das Mädchen fort. »Und ihr glaubt, nach und nach alles in den Griff zu bekommen.«
    »Lass die blöden Spielchen«, fährt Nell die Kleine an. »Sag uns, was hier vor sich geht – zumindest deiner Meinung nach. Du gehörst doch auch zu unserem Team, oder nicht? Dann verhalte dich auch so!«
    Trotz des scharfen Tons der Spinnenfrau bleibt das Mädchen gelassen. Vielleicht zum ersten Mal wird mir in aller Deutlichkeit klar, dass ich in Wirklichkeit alles andere als ein kleines Mädchen vor mir habe. Diese »Kleine« ist genauso gelassen und in emotionaler Hinsicht unbeteiligt wie alle anderen Geschöpfe, auf die
wir bisher in den Schiffskörpern gestoßen sind – und genau deswegen vielleicht sogar noch beängstigender.
    Anscheinend ist mein Zwilling eher als die anderen bereit, auf sie einzugehen. »Wir können dir offensichtlich nicht richtig vermitteln, um was es uns geht«, sagt er. »Ja, wir fühlen uns hier einigermaßen wohl. Allerdings sind wir mittlerweile auch weit darüber hinaus, uns von Drohungen oder geheimnisvollen Andeutungen einschüchtern zu lassen. Ist das klar?«
    Das Mädchen nickt.
    »Also, was wirst du deiner Mutter von uns übermitteln? Wirst du ihr klarmachen, dass wir eine Rückversicherung, Beweise ihrer guten Absichten brauchen und mit ihr kommunizieren müssen, bevor wir unser Leben erneut aufs Spiel setzen? Keiner von uns weiß, was achtern liegt. Wir sind niemals dort gewesen.«
    »Aber ich bin dort gewesen, genau wie meine Schwestern. Sogar viele meiner Schwestern.«
    »Und es gibt dort nichts Bedrohliches?«, fragt Nell. »Keine durchgedrehten Elemente oder … Killer?«
    »Nein. Diesen Schiffskörper haben wir so gut gesichert, wie wir

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