Das Schiff - Roman
Katze hat und völlig in die Informationen vertieft ist, mit denen der Schiffskörper sie füttert.
»Soll ich den Vereinigungsprozess anhalten?«, fragt Nell bald darauf.
Tsinoy zieht die Pfoten zurück. »Wir sind wieder geschützt«, bestätigt sie. »Zweifellos hat sich die Position der Schutzschilde verändert, aber die Stoffe des Nebels werden so abgelenkt, dass sie hinter den Schiffskörpern landen – genau wie vorgesehen.«
»Dann stoppe ich den Prozess wohl besser«, meint Nell.
»Wieso?«, fragt mein Zwilling.
»Weil Tsinoy gesagt hat, dass wir die Reiseleitung nach wie vor brauchen.«
Uns anderen gefällt diese Entscheidung nicht. Viel lieber würden wir miterleben, wie der oder die Verursacher unserer jämmerlichen Lage zermalmt, in den Raum gesogen oder auf andere Weise vernichtet werden. Aber Tsinoys Warnung kann man nicht übergehen.
»Klar«, sage ich, und Kim stimmt mir zu. »Halte den Prozess an.« Seltsamerweise hält sich mein Zwilling aus dieser Entscheidung heraus und geht auf Distanz zu uns übrigen. Meiner Meinung nach treibt er ein bestimmtes Spiel, will damit aber auch nicht zu weit gehen.
Der Schiffskörper, der mittlerweile mittels Gleisen auf den Frontalbereich des kleinen Mondes zusteuert – in die Richtung, in der die anderen beiden Schiffskörper liegen –, wird jetzt langsamer. Die Schwungkraft lässt nach, wie wir auch an unseren an den Seilen verhakten Füßen und Händen spüren.
»Erledigt«, erklärt Nell. »Was jetzt?«
»Wir müssen reden, sofern sie dazu bereit sind«, wirft mein Zwilling ein. Aha, das Spielchen geht weiter. »Sonst nützen sie uns nicht, und wir könnten sie genauso gut ausradieren.«
»Vielleicht wollen sie ja, dass wir zu ihnen kommen«, überlegt Kim und schüttelt den riesigen Kopf.
»Die Kontrollinstrumente zeigen da unten nichts Lebendes an«, erklärt Nell. »Das ganze Gebiet ist in Eis erstarrt. Im Moment haben wir noch alles im Griff. Sie wissen, dass sie uns nicht so einfach loswerden.«
»Vielleicht ist dort alles automatisiert«, werfe ich ein.
»In vielen Bereichen ist die Automatik längst ausgefallen«, bemerkt Nell. »Die Systeme des Schiffs sind
schwer beschädigt. Ich würde sagen, als Gruppe verfügen wir vermutlich über so viele Informationen, wie im Arbeitsspeicher des Schiffs überhaupt noch zu finden sind.«
»Na toll«, sagt Kim. »Also hat niemand mehr die vollständige Kontrolle?«
»Kannst du eine Nachricht an alle Schiffskörper durchgeben? «, frage ich. »Vielleicht kommt sie ja durch.«
»Nur, falls überhaupt noch Verbindungen bestehen. Ich könnte es mit einem Notsignal versuchen …« Sie löst die Hände von der Halbkugel, ihre Augen sind jetzt weit geöffnet. Zitternd hält sie sich an der Stange neben dem Terminal fest. »Es setzt mir wirklich zu, dieses Ding zu bedienen. Ich muss alles zehn Mal rekapitulieren und agieren, während ich gleichzeitig ständig dazulerne.«
»Dann zeig mir, wie man das Ding bedient«, schlage ich vor. Mein Zwilling grinst und streckt den Arm hoch. »Zeig es uns .«
»Mir auch«, meldet sich Kim, und Tomchin deutet mit der Hand an, dass er ebenfalls interessiert ist. Tsinoy beobachtet die verrammelten vorderen Bullaugen so, wie ein Hund – ein gefährlicher, trauriger Hund – auf die Tür blickt, durch die gleich sein Herrchen kommen muss, und scheint uns und die ganze Situation völlig zu ignorieren.
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, erwidert Nell. »Ihr beide redet mit dem Schiff auf eure Art und ich mit der Schiffsleitung auf meine. Wieso niemand unser Wissen miteinander integriert hat, übersteigt mein Begriffsvermögen. «
»Wir haben Gesellschaft«, meldet Kim.
Eines der Mädchen ist zurückgekehrt und bahnt sich den Weg zum Bereitstellungsraum. An ihrem Hals flattert ein knallrotes Tuch.
»Wir haben sie gefunden«, erklärt die Kleine und strahlt dabei über das ganze Gesicht. »Sie ist bei unseren Schwestern. Mit einem Treffen ist sie einverstanden. «
Wir hören ihr ebenso skeptisch wie fasziniert zu. Bislang haben sich gelöste Rätsel auf unserem Schiff nur selten als hilfreich entpuppt. Und Mutter ist genau das: ein Rätsel – vielleicht das größte Rätsel gleich nach der Reiseleitung.
Mein Zwilling scheint diese Sache leichter zu nehmen als ich, lenkt die Aufmerksamkeit jedoch zunächst auf das Näherliegende. »Während ihr fort wart, haben wir diesen Schiffskörper vor der Zerstörung bewahrt, vielleicht auch das ganze Schiff. Nell kann
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