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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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eiskalte Dunkelheit. Für diese Kugel auf dem Mond war Rotation niemals vorgesehen. Was hier lebte, musste sich mit nie endender Schwerelosigkeit abfinden. Hat die Reiseleitung auch in nie endender Kälte gelebt?
    »Bitte sie um Gastfreundschaft«, schlage ich Nell vor.
    »Also gut. Greift uns bitte ein bisschen unter die Arme!«, ruft sie.
    Keine Antwort.
    »Wie wär’s mit etwas Wärme?«, setzt sie nach.
    »Bist du sicher, dass du nicht mit einem Gespenst gesprochen hast?« Kim zieht die Schultern ein und schwebt aus der Luke der Transferkapsel. Keiner von uns möchte die mit Reif überzogenen Kabel und Netze anfassen. Die Luft tut unseren Nasen weh und sticht in unsere Lungen. Doch mal abgesehen von der Kälte ist sie atembar.
    Plötzlich blitzt ein Licht auf. In meinen Augen, es kommt nicht vom Schiff. Alle haben es gesehen und reagieren schockiert, selbst Tsinoy.

    »Kosmische Strahlung«, meint Tsinoy.
    Aber ich habe so etwas schon einmal gesehen. Bei dem silbernen Gespenst, das mich seinerzeit gerettet hat. Dem Gespenst, das unmöglich existieren kann.
    Jetzt leuchtet schwach etwas Blaugrünes auf, das sich gleich darauf in einen fahlgelben Lichtschein verwandelt. Das Innere der Kammer jenseits der Landeplattform ist mit winzigen Glühlämpchen ausgestattet, genau wie die Wände der Schiffskörper. Ich bin wieder dort gelandet, wo alles angefangen hat: Bewege mich auf Licht zu, suche Wärme.
    »Jetzt kapier ich’s«, sagt Nell. »Man hat uns beigebracht, die Reiseleitung zu fürchten, weil Mutter nicht wollte, dass wir diesen Mond besuchen.«
    »Oder weil die Reiseleitung tatsächlich gefährlich ist. Vielleicht ist sie völlig anders gepolt als wir …« Kim führt den Gedanken zum Glück nicht fort. Wir alle sind in Anbetracht dieser Bemerkung ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt heftig zusammengezuckt.
    »Es ist schon verwirrend«, räumt Tsinoy ein. »Falls uns die Reiseleitung tatsächlich ausgewählt hat …«
    »… könnten wir trotzdem eine Gefahr für sie darstellen«, falle ich ihr ins Wort. »Schließlich sind wir in gewisser Hinsicht immer noch Mutters Kinder.«
    Tomchin kommentiert das mit einem Summton, den ich nicht verstehe.
    Ein weiterer Lichtblitz. Tsinoy gibt Pfeiftöne von sich, beginnt sich aufzublähen und mehr Wärme abzustrahlen, während wir uns um sie scharen.
    »Verschmor nur nicht die Babys!«, mahne ich sie.

    Sie wendet mir den Blick zu und blinzelt träge mit ihren drei transparenten, aber unterschiedlichen Lidern. Nie schläft sie, nie übersieht sie irgendetwas. Ich weiß, dass es den Babys gutgeht. Sie haben es zwar wärmer als wir, aber es wird ihnen nichts geschehen.
    Wir weichen nicht von der Stelle, wie Kinder unter dem Vordach eines Spukhauses. Herbstlaub, mondbeschienene Oktobernächte, lange, unbefestigte Straßen, belebt von den Schatten der Bäume, Säcke voller Süßigkeiten … Flackernde Kerzen in ausgehöhlten Kürbissen. Der Vergleich mit den Kindern vor dem Spukhaus weckt in mir so viele verlorene, falsche Erinnerungen an kleine Ortschaften und Halloween, dass mir die Tränen vorübergehend die Sicht nehmen.
    Irgendjemand hat sich mit mir seinerzeit einen Scherz erlaubt, hatte Spaß daran, mich so zusammenzumixen, wie ich bin. Oder aber man hat mir die Persönlichkeit eines realen, aber längst verstorbenen Menschen von der Erde mitgegeben. Ich selbst bin das Spukhaus. Und mein Gehirn ist das darin herumgeisternde Gespenst.
    »Es tut sich nichts«, sagt Nell. »Versucht ihr’s mal.« Erst deutet sie auf mich, danach auf jeden von uns. »Wir werden’s alle probieren, einer nach dem anderen. Aber du machst den Anfang.«
    »Wir brauchen Hilfe«, rufe ich. Sofort verwandelt sich mein Atem in Schnee. Weitere Minuten verstreichen, ohne dass irgendetwas geschieht. Während Nell auf Kim deutet, spüren wir im Zylinder einen leichten Luftzug. In der Dunkelheit beginnt das Metall zu krachen, zu knacken und schließlich zu ächzen, außerdem
ist ein leises Zischen zu hören. Daraufhin treten wir den Rückzug zur Luke der Transferkapsel an. Jetzt reicht es uns, vielen Dank auch. Doch plötzlich streicht uns wärmere Luft übers Gesicht, hüllt uns ein, streichelt unsere Hände, lässt unsere Kleidung rascheln, rauscht über Tsinoys Wirbel hinweg – und wird zu einer Brise.
    Endlich erwacht die Kugel zum Leben.
    Und eine Stimme spricht zu uns. Wir alle erkennen diese sanfte, präzise Stimme wieder. »Ich warte auf eine Entscheidung«, sagt sie.
    »Welche Entscheidung?«,

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