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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Abbruch dieser Mission euern Tod bedeuten würde?«
    »Es geht hier nicht nur um uns.« Tsinoy hebt die Wirbel an, holt die Babys heraus, die immer noch in ihren Beuteln liegen, und reicht sie uns, als wären es Glücksbringer oder Schutzschilde. Sie opfert die Kleinen, die sie bis jetzt beschützt hat, damit auch wir übrigen zu deren Beschützern werden.
    Tomchin wirkt gequält und streckt seinen Babysack so weit von sich weg, als wäre er eine Zeitbombe. Kim hingegen verstaut seinen in der Beuge seiner gewaltigen Arme. Während jeder von uns sein Baby entgegennimmt,
sieht Nell mich an, und wir stellen uns so nahe nebeneinander, dass unsere Arme sich berühren. Es ist ein peinlicher, unheimlicher und auf seltsame Weise auch wunderbarer Augenblick. Fast ist es mir egal, ob wir am Leben bleiben oder sterben werden. Wir haben Frieden mit unserem Schicksal geschlossen.
    »Wir alle hier sind Menschen«, sage ich. »Du kannst uns überhaupt nicht einschätzen, denn du bist nur eine Maschine.«
    »Die Maschinen haben schon lange nicht mehr das Sagen. Kommt herein. Bringt den Geburtsprozess der Kleinen zu Ende; später wird man sie füttern. Auch für euch ist Essen da.«
    Nell zieht ihren Babybeutel auf. »Was meinst du dazu?«, fragt sie mich.
    Tsinoy reagiert als Erste. Vorsichtig schlitzt sie mit der Klaue eine Seite der Membran auf und holt das Baby heraus. Ein kleiner Strom rötlicher Flüssigkeit ergießt sich über die Klaue.
    Tomchin, der zugesehen hat, rastet fast aus, protestiert in seinem nasalen Kauderwelsch und möchte seinen grauen Beutel, in dem sich mittlerweile etwas rührt, irgendjemandem von uns in die Hände drücken. Aber wir gehen darauf nicht ein. Er muss die Suppe, die wir uns zusammen eingebrockt haben, auch mit uns auslöffeln.
    Die anderen Membranen sind schwer zu durchtrennen, aber schließlich schneiden wir eine nach der anderen vorsichtig auf und holen die Babys heraus.
    Instinktiv massiere ich mein Baby, stelle es mit der Weisheit eines Landarztes auf den Kopf, halte es mit
einer Hand fest und gebe ihm mit der anderen Hand einen Klaps auf den winzigen Po. Als es seine Lungen entleert, spritzt ein Schwall von Flüssigkeit aus seinem Mund. Plötzlich holt es Luft, wedelt mit den Ärmchen und brüllt los.
    »Es ist ein Junge«, sage ich.
    Nell tut es mir nach, und dann auch die anderen – selbst Tomchin.
    »Meins ist ein Mädchen«, verkündet Nell.
    Wir benutzen die grauen Beutel dazu, die Babys sauberzuwischen und abzutrocknen, und vergleichen unsere Kleinen so miteinander, als hätten wir gerade Weihnachtsgeschenke ausgepackt – auch das eine Erinnerung, die meine irrationale Freude noch verstärkt. Drei Mädchen, zwei Jungen. Mir strömen Tränen aus den Augen. Im Windfang ist es so warm, dass wir es nicht für nötig halten, die Babys einzuwickeln.
    Ich säubere den Mund meines Jungen von Schleim, wische ihm die Augen aus, kneife ihm in die Nase, um den letzten Rest Flüssigkeit herauszudrücken, und strecke ihn, so wie es auch die anderen mit ihren Babys tun, unserer Richterin oder Gönnerin (oder was die Stimme sonst sein mag) hin. Es ist ein Akt der Verzweiflung, ein aufsässiger Akt. Wir hoffen auf Mitgefühl in einer gewalttätigen, erdrückenden Welt, die alles umfasst, was wir je real erlebt und erfahren haben, und in krassem Widerspruch zu den vorgetäuschten Erinnerungen steht. Wir sehnen uns nach Selbstbestätigung, nach Erfüllung, nach einer Rechtfertigung unserer Existenz. Und auch danach, zu überleben, um zu
erfahren, ob unsere unverantwortliche Erschaffung nicht doch zu etwas Gutem führen kann.
    Schließlich leuchten die Glasstelen auf und rücken so auseinander, dass ein Durchgang sichtbar wird. Über Stahlrippen hinweg führt er in einen Bereich, der wie ein gefrorener Dschungel aussieht. Und zu weiteren, von innen durch grüne Lämpchen beleuchteten Glasskulpturen, die sich über mindestens hundert Meter durch das Innere der Kugel erstrecken.
    Die Babys fest umschlingend, bewegen wir uns vorsichtig auf das Zentrum zu. Grüne und rosafarbene Streifen schlängeln sich über die innere Wand des Allerheiligsten.
    »Willkommen«, sagt die Stimme.
    Gleich darauf weichen die Wände zur Seite. Innen ist zwar alles mit Frost überzogen, doch voll grünen Laubs. Das bequeme Mobiliar ist der Schwerelosigkeit angepasst und, ähnlich wie in der Laube der Mutter, von Ästen und Zweigen umgeben. Einen Moment lang sehe ich zahlreiche winzige Augen – Augenpaare und Augentrios – ,

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