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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Notizbuch auf dem Schiff verbleiben wird, solange sich das Schiff sicher in der Umlaufbahn befindet.
    Falls Sie diese alten Texte und unsere diesbezüglichen Analysen lesen, sind Sie sicher ein gebildeter, reifer Mensch. Aber stellen Sie sich darauf ein, dass Sie dabei Dinge erfahren, die Ihre Sichtweise all dessen, was wir Menschen erreicht haben und was wir sind, gründlich verändern könnten.
    In der Zwischenzeit müssen wir unsere Leben leben und Welten erobern – selbstverständlich nur in übertragenem Sinne. Wir haben eine schöne neue Welt gefunden, die noch jung und kaum entwickelt ist. Hier gibt es weder Zivilisationen noch komplexe Ökosysteme. Und wir beschäftigen uns bereits damit, die ausgeklügelte Biologie dieses Planeten in unsere Pläne einzubeziehen.
    Das Schiff hat gelernt. Dem Schiff wurde eine Lektion erteilt …
    Und diese Lektion war hart.

Das elfte Notizbuch
    D ieser Friede, diese Ruhe des Raums jenseits der Schiffskörper … Wir steuern nicht ins All hinaus, sondern auf den kleinen Mond zu, der immer noch von den Schilden beschützt wird.
    Er herrscht absolute Stille. Nicht einmal die Transferkapsel macht irgendein Geräusch. Während wir auf den Mond zutreiben, halten wir den Atem an – aus Angst, irgendeine weitere Laune des Schicksals heraufzubeschwören, vielleicht auch aus Angst, wir könnten die Reiseleitung vorzeitig darauf aufmerksam machen, dass wir noch am Leben sind. Dass wir sie gleich besuchen werden.
    Schließlich holt Nell tief Luft und bricht das Schweigen. »Für wie alt hältst du das Schiff?«, fragt sie und sieht mich dabei an. Als müsste ich die Antwort wissen.
    Ich fühle mich so ausgelaugt, dass ich nur mit den Achseln zucke. Doch dann entschließe ich mich doch zu einer Antwort. »Fünfhundert Jahre«, erwidere ich, selbst überrascht darüber, dass ich mir diese Zahl gemerkt habe. »Möglicherweise.«
    »Also ist es … von wo gestartet? Von der Erde aus? Vor fünf Jahrhunderten?«, fragt Kim.

    »Nein, von der Oort-Wolke aus«, erklärt Tsinoy. Sie ist auf eine handlichere Größe zusammengeschrumpft, um uns übrigen Platz zu lassen, und hat ihre Muskeln und Knochen so arrangiert, dass sie weniger Energie verausgaben muss, denn sie hat immer noch Schmerzen.
    »Was ist eine Wort-Wolke?«, fragt Kim – vielleicht, um Tsinoy von ihren Schmerzen abzulenken.
    »Nicht Wort, sondern Oort«, berichtigt Tsinoy ihn. »Das buchstabiert man O – O – R – T. Das ist die Nachgeburt unseres Sonnensystems, ein großer Kranz aus übrig gebliebenem Eis und Staub. Manche der Ansammlungen erstrecken sich über Hunderte von Kilometern. Das Schiff wurde inmitten der inneren Planeten konstruiert und danach zu den fernen Grenzen des Sonnensystems geschickt. Dann wurde ein kleiner Oort-Mond ausgewählt, zurechtgestutzt und zusammengepresst, was fünfzig Jahre gedauert hat. Vor fünfhundert Jahren ist das Schiff gestartet und wurde mit dem Mond verbunden, genau wie der Lehrer gesagt hat. Falls wir irgendetwas von dieser Geschichte glauben können.«
    »Können wir zur Oort-Wolke zurückkehren?«, will Kim wissen.
    »Nein.« Tsinoy hebt eine Pfote an, um daran zu lecken. Als sie den Geschmack der Wunde spürt, läuft ein Schauer durch ihren Körper. »Sobald ein solches Schiff vom Stapel gelaufen ist, darf es nie wieder zurückkehren. Ist zu gefährlich.«
    Lange Zeit schweigen wir wieder. Jetzt dreht sich die Kapsel und schlägt eine neue Richtung ein. Unsere
kurze Reise – ein paar Dutzend Kilometer – wird bald zu Ende sein. Nell und Tsinoy rücken zum Bullauge vor, Kopf an Kopf, so dass sie fast zusammenstoßen. Ich bewundere den Kontrast zwischen den beiden.
    Unsere Frauen.
    »Das Wichtigste zuerst«, sage ich. »Wird die Reiseleitung uns überhaupt aufnehmen?«
    »Vor uns haben schon andere Zuflucht bei ihr gesucht«, erwidert Nell.
    »Und was ist mit ihnen passiert?«, frage ich.
    »Ich wünschte, ich wüsste es.«
    »Wir legen gleich an«, bemerkt Kim.
    Geräusche. Die Transferkapsel koppelt an, irgendetwas rastet ein. Als sich der Innendruck der Kapsel dem Außendruck anpasst, gehen unsere Ohren mit einem Plopp wieder auf. Tsinoy bezieht Stellung an der Ausstiegsluke, unserer ersten Verteidigungslinie.
    Als sich die Luke öffnet, strömt kalte Luft auf uns ein. Sehr kalte Luft. Vor unseren Gesichtern bilden sich Dampfwölkchen.

Das Silberne Zeitalter
    D ie Landeplattform ist ein breiter, mit Kabeln und Netzen festgezurrter Zylinder mit offenem Ende. Dahinter liegt

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