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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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mich nach und nach
orientieren kann. Es handelt sich um eine weitere geschwungene Verbindungsröhre, die irgendetwas umrundet, nur ist sie breiter und tiefer gelegen als die vorherige.
    Umrundet. Offenbar führt diese Röhre vollständig um das Schiff herum.
    Binnenbords herrscht Dunkelheit, außenbords befindet sich irgendetwas Glänzendes, Glitschiges … Feucht legt sich die Luft über mein Gesicht und die Lippen. Wir fliegen durch aufsteigenden Nebel – wo kommt der jetzt her? –, und das tut meiner Haut gut. Vergeblich versuche ich, Tropfen davon einzusaugen, ich muss lediglich husten. Den Nebel halte ich für ein gutes Zeichen, aber wo befindet sich die Wasserquelle? Und wo gibt es was zu essen?
    Plötzlich kann ich im allgemeinen Rauschen ein einzelnes Geräusch ausmachen, das schöner ist als alles, was ich je gehört habe – ein schmatzendes, gurgelndes Geräusch. Das Geräusch von sprudelndem Wasser. Und es müssen große Wassermengen sein. Offenbar außenbords. Die gewölbten Tunnelwände umschließen einen dahinströmenden Fluss, der zehn oder zwölf Meter breit sein mag.
    Grinsend taucht jetzt die Kleine im Nebel auf und wirbelt so durch die Luft, dass ich vor Angst die Augen schließe. Zugleich macht mich der Geruch des Wassers geradezu verrückt. Mein ganzer Körper sehnt sich danach, in die glitzernde Oberfläche einzutauchen. Kann denn ein Fluss überhaupt in eine Wanne eingebettet sein, wenn Schwerelosigkeit herrscht? Trotzdem bleibt
das Wasser dort drinnen, also muss es Schwere haben. Gewicht.
    Im Unterschied zu uns. Wir segeln über das rauschende Wasser hinweg und werden wie Staubwolken vom Wind vorwärtsgetrieben. In der Mitte sind die Luftströmungen heftig, während sie in der Nähe der Wände abebben. Die Kleine »schwimmt« mit kraftvollen Stößen der Arme und Beine daran entlang und kommt auf diese Weise langsam, aber stetig voran. Als ich sie eingeholt habe, bleibt sie bewusst hinter mir zurück.
    Plötzlich heult der Knochenkammmann – Picker – freudig auf. Die Kleine streckt die Hände nach dem Trio aus, das sich immer noch an den Armen fasst, und benutzt den blauschwarzen Burschen dazu, in den Kreis einzudringen, worauf er mit fröhlichen Pfeiftönen reagiert. Der Braunhäutige mit den scharlachroten Markierungen und Picker ziehen die Beine an und den Blauschwarzen zurück in den Kreis, bis die ganze Vierergruppe gemeinsam herumwirbelt.
    Die Szene ist zwar drollig und anrührend, aber ich habe so schrecklichen Durst, dass ich unwillkürlich stöhne und nach allem in Reichweite greife, um schneller zum Wasser zu gelangen. Wild um mich schlagend und tretend kämpfe ich gegen den Wind in der Mitte an. Richtig so: Jetzt kommt es mir so vor, als schwebte ich auf das Wasser zu.
    »Nein!«, ruft die Kleine mir zu, während die anderen nach meinem ausschlagenden Fuß greifen und mich zu sich heranziehen. Wir alle bewegen uns jetzt langsam
an der Außenwand entlang. Schließlich vollführt die Kleine wenige Zentimeter oberhalb der Schrägwand der Flusswanne eine Art Handstand, wirbelt dabei herum und schwebt langsam auf die Mitte zu. Noch nie habe ich etwas so Zauberhaftes und Rätselhaftes wie diesen akrobatischen Akt gesehen, aber im Moment ist mir das völlig schnuppe. Ich trete gegen die vorüberziehende Wand, ändere die Flugrichtung und wirbele herum, um das Wasser zu erreichen … Und schwebe mit der Geschwindigkeit von etwa einem Meter pro Sekunde direkt darauf zu. Währenddessen führt die Kleine weitere verblüffende Manöver aus, zieht Beine und Arme an, streckt die Beine wieder aus und stößt sich so an der Schrägwand ab, dass sie plötzlich dorthin schießt, wo ich mich in ein paar Sekunden befinden werde. Und damit könnte sie mir auf meinem Weg zum Wasser in die Quere kommen, deshalb gebe ich ihr mit der Hand das Zeichen auszuweichen. Aber sie stößt direkt mit mir zusammen, greift nach meinem Fuß und nutzt ihren Schwung dazu, mich von meinem Kurs abzubringen. Jetzt schweben wir beide weiter nach unten, doch leider über das Wasser hinweg, zur Wand gegenüber.
    Erst jetzt fällt mir auf, wie schnell das Wasser hier durch die Wanne strömt. So schnell, dass alles ringsum in einen bizarren bräunlichen Nebel gehüllt ist. Allerdings kann ich Strömungen ausmachen, die größtenteils parallel zu den einfassenden Mauern verlaufen. Aber es gibt hier auch Stromschnellen und Strudel, die mit schätzungsweise hundert Stundenkilometern
an mir und dem Mädchen

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