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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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bis wir da drüben bei Picker, Satmonk und Pushingar sind.«
    »Meine Schuld.« Meine Lippen und die Zunge sind gerade so feucht, dass ich ein paar Wörter herausbringen kann.
    »Daran ist nichts mehr zu ändern«, erwidert die Kleine. »Hier kann man nur abwarten, Ausschau halten und Geduld bewahren. Sonst … wird dein Buch einem anderen in die Hände fallen. Oder das Buch geht verloren, was noch schlimmer wäre.« Sie deutet auf den Fluss, die braun-silbernen Stromschnellen, die Wasserwirbel.
    »Scharlachrot«, sage ich vor mich hin. »Das ist ein strahlendes Rot.«
    Doch sie beachtet mich gar nicht, während sie im Abstand einer Armlänge neben mir her treibt. Einen Moment lang senken sich ihre schweren Lider über die Augen, und sie versinkt in innerer Ruhe und Gelassenheit – ein Zustand, den sie offenbar jederzeit selbst herbeiführen kann. Sie hat Geduld. Allmählich entwickle ich aufrichtige Sympathie für dieses Kind.
    Wie sich herausstellt, haben Picker, Pushingar und Satmonk gar nichts dagegen, noch ein wenig über den Flusswirbeln herumzumanövrieren. Binnen weniger Minuten gelingt ihnen der nette Trick mit dem Stock noch einmal, was ihnen ein Johlen, Pfeifen und
Hupen entlockt. Als weitere Wasserkugeln durch die Luft wabern, reiße ich den Mund auf und werde am ganzen Kopf nass, doch wundersamerweise gelingt es mir sogar, einen großen Schluck zu trinken, ohne dass das Wasser in meine Lunge dringt und ich daran ersticke.
    Das Wasser schmeckt irgendwie seltsam und bringt meine Lippen und Wangen zum Kribbeln. Aber zumindest bedeutet es Flüssigkeit, die mein Körper dringend braucht, und ist schön kalt. Nach einigen weiteren Zusammenstößen mit den Wasserkugeln ist mein Durst völlig gelöscht. Mit den Händen reibe ich mir über das nasse Gesicht, um das eklige schwarze Zeug endlich loszuwerden – das Blut der Monster, das immer noch daran klebt. Aber ich schaffe es nicht, ich brauche irgendein Tuch.
    Und natürlich wären auch ein paar Kleidungsstücke nicht zu verachten. Ich bin immer noch nackt, und selbst mir ist das zuwider. Zumal alle anderen irgendwas auf dem Leib tragen.
    Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, treibt Picker neben mir und ruht sich mitten in der Luft aus. Wir müssen immer noch vorsichtig sein, denn die Luftströmungen sind unberechenbar, besonders dort, wo Strudel im Fluss Turbulenzen erzeugen.
    Es sind die Wellenbewegungen des Flusses, die sich in den Luftströmungen fortsetzen und den Sog verursachen. Nur diesem Sog, der uns durch die Öffnung zog, haben wir unseren Aufenthalt in diesem Tunnel zu verdanken. Das Wasser löst auch den Wind aus, der
uns vorantreibt, und in der Mitte kann er besonders tückisch sein. Hin und wieder drohen die Turbulenzen uns direkt in den rasenden Strom zu tragen. Doch das Trio und das Mädchen haben Erfahrung mit solchen Situationen, nur deshalb sind wir noch hier und gleiten an der relativ sicheren Schrägwand der Wanne entlang.
    Schließlich stößt Satmonk die Kleine an, damit sie die Augen wieder aufmacht. Mittlerweile sind wir ein wenig vorangekommen und haben unsere Position mit Hilfe unserer verschränkten Körper und der Armbewegungen trotz der Luftströmungen halten können. Picker mustert mich mit einem Ausdruck, den ich überhaupt nicht deuten kann, streckt die Hand zur Nase an seiner Stirn und schafft es, mit nasaler Stimme herauszuquetschen : »Etwas zu essen? Wie wär’s?«
    Ich reagiere mit breitem Grinsen und strecke einen Daumen hoch.
    »Nicht Zähne zeigen«, sagt er. »Ist unhöflich.«
    Schnell presse ich die Lippen aufeinander. »Ja, das wär gut bei all dieser verdammten Scheiße«, erwidere ich schließlich.
    »Nicht verdammte Scheiße. Schiff. Großes, krankes Schiff. Aber bald Essen.«
    Vor uns taucht eine weitere Öffnung auf. Möglich, dass sie derjenigen, durch die wir hereingekommen sind, unmittelbar gegenüberliegt. Unsere Chance, hier heraus- und weiter vorwärtszukommen.
    Die Miene der Kleinen verrät mir, dass das alles andere als leicht sein wird. Erst deutet sie auf meine Augen, dann auf mich und zuletzt auf die anderen. »Du
musst uns zusehen und sofort daraus lernen«, sagt sie ernst. »Sonst schwebst du hier immer wieder im Kreis herum und wirst irgendwann ertrinken.«
    Gemeinsam beginnen die vier, sich langsam, sehr langsam an der Schrägwand entlangzutasten, dabei einen bestimmten Winkel zum Sog einzuhalten und sich auf diese Weise dem Ausgang mit dem einladenden Trichter zu nähern. Ich versuche, von

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